Krise in Burundi

Tödliche Spannungen

Flüchtlinge aus Burundi in einem Auffanglager in Ruanda.
Flüchtlinge aus Burundi in einem Auffanglager in Ruanda. © Jesko Johannsen
Von Jesko Johannsen |
Burundi steht am Rand eines neuen Bürgerkriegs, denn der amtierende Präsident Nkurunziza will bei der Wahl Ende Juni für eine dritte Amtszeit antreten, erlaubt sind nur zwei. Die Jugendgruppe "Imbonerakure" seiner Partei CNDD-FDD macht Jagd auf Oppositionelle und Tutsi. Mehr als 15.000 Menschen sind ins benachbarte Ruanda geflohen.
John Sibomana vom Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen hat im Auffanglager in Gashora zwei kranke Mädchen entdeckt. Sie sind etwa fünf Jahre alt, nicht ansprechbar und liegen unter freiem Himmel auf einem Tuch auf dem Boden. Er macht sich Sorgen, fragt nach ihrer Mutter, findet aber nur eine Bekannte. Sie muss ihm versprechen, dass die Mutter mit den Mädchen zur Krankenstation geht.
Die Mädchen und ihre Mutter gehören zu mittlerweile mehr als zehntausend Flüchtlingen aus Burundi in diesem Auffanglager in Ruanda. Auch Aline Kamatamo ist hierhergekommen. Auf ihrem Arm hat sie ihren sechs Monate alten Sohn.
"Wir sind geflohen, weil wir Angst vor der Jugendgruppe Imbonerakure haben. Sie sind zu unserem Haus gekommen und haben gesagt, dass sie uns töten werden, weil wir nicht den Präsidenten wählen. Nachdem wir hier angekommen sind, haben wir zu Hause angerufen und erfahren, dass unser ganzer Besitz gestohlen und unser Haus niedergebrannt wurde."
Alle Flüchtlinge haben hier Angst vor der Jugendgruppe Imbonerakure. Sie gehört der Partei CNDD-FDD von Burundis Präsident Nkurunziza an. Schwer bewaffnet macht sie Jagd auf alle, die nicht Parteimitglied sind. Häuser von Oppositionsanhängern werden markiert und die Bewohner bedroht und auch getötet.
Flüchtlinge werden abgefangen
Entlang der Grenze zu Ruanda hat die Gruppe Wachposten aufgestellt, um Flüchtlinge abzufangen. Viele kommen erst nach vielen Tagen Flucht, nachts und nur mit den Kleidern, die sie tragen. Aline Kamatamo ist mit ihrem Kind auf dem Rücken durch einen Grenzfluss geschwommen. Auch Innocent Ndibanje hatte eine schwere Flucht:
"Ich bin mit dem Fahrrad auf kleinen Wegen nach Ruanda gekommen. Auf den Hauptstraßen wird man zusammengeschlagen von Soldaten oder anderen, die uns daran hindern wollen, nach Ruanda zu kommen."
Materialausgabe für die Neuankömmlinge. Decken, Seifen, Sanitärprodukte und Moskitonetze werden verteilt. Konstantina Loupeidou vom UN-Flüchtlingswerk koordiniert die Abläufe im Lager, seit es Anfang April eröffnet wurde.
"Als der Zustrom anfing, war hier keine Infrastruktur. Es gab nur Ruinen aus der Zeit vor dem Krieg 1994. Wir renovieren die und bauen große Gemeinschaftszelte für die Familien, die aus Burundi kommen."
Aus Baumstämmen werden die zusammengebaut. Jedes Zelt wird 20 Zimmer für je fünf Personen haben. Doch die Flüchtlinge kommen schneller, als die Zelte fertig werden.
"Die Menschen kommen sofort zu den großen Zelten. Das macht es uns schwer, am Ende Räume einzuteilen, weil die Flüchtlinge schon alle drin wohnen, um sich vor dem Wetter zu schützen."
Regenzeit verschlimmert die Lage
Es ist Regenzeit in Ruanda. Die teils heftigen Regenfälle verwandeln das Lager regelmäßig in eine Schlammwüste. Abwässer fließen durch das Lager. Toiletten und Duschen sind noch Provisorien. Viele Flüchtlinge haben nur ihr Moskitonetz als Schutz für die Nacht.
Der Flüchtlingsstrom aus Burundi ist politisch hochbrisant. In Burundi ist eine Hutu-Regierung an der Macht. Beobachter befürchten nun eine neue systematische Verfolgung von Tutsi. Der bewaffneten Jugendmiliz der Regierungspartei werden geplante Tötungen zugetraut. Viele Flüchtlinge haben jetzt schon erlebt, wie plötzlich sie zu Verfolgten wurden – auch Remi Sirabahenda.
"Es ist schwer anzuerkennen, was aus unseren Freunden geworden ist. Plötzlich hat sich etwas geändert und jemand, der mal dein Freund war, kommt mit Waffen zu dir und ist auf der Seite der Regierung."
Aline Kamatamo will mit ihrem Baby deshalb auch nicht sobald zurück in ihre Heimat.
"Nein. Es ist zu unsicher. Die Menschen werden noch lange fliehen und ich glaube, es wird Krieg geben."
Aline Kamatamo und die anderen Flüchtlinge werden in den nächsten Tagen aus diesem Auffanglager in ein permanentes Flüchtlingslager verlegt werden. Niemand hier kann und will prognostizieren, wie viele Menschen noch aus Burundi kommen werden. Das Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen hat sich allerdings auf 50.000 Flüchtlinge eingestellt.
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