Krise um Edathy und Friedrich

Debatte über den "bitteren Beigeschmack"

Hans-Peter Friedrich kurz vor seiner Rücktrittserklärung
Hans-Peter Friedrich kurz vor seiner Rücktrittserklärung © picture alliance / dpa / Florian Schuh
Von Theo Geers |
Hans-Peter Friedrichs Rücktritt als Bundesagrarminister wird kontrovers diskutiert: Während SPD-Chef Sigmar Gabriel hervorhebt, dass Friedrich in der Edathy-Affäre nur Schaden abwenden wollte, kritisieren ihn die Grünen scharf.
Am mildesten äußert sich der Betroffene selbst. Hans-Peter Friedrich hegt keinen Groll gegen SPD-Parteichef Sigmar Gabriel. Das versichert er in einem vorab veröffentlichten Interview mit dem "Focus". Friedrich hatte Gabriel im Oktober über das mögliche Ermittlungsverfahren gegen den SPD-Politiker Edathy informiert, das hatte ihn gestern  um den Posten des Bundeslandwirtschaftsministers gebracht .
"Ich glaube, dass es Gabriel sehr leid tut, wie es mir ergangen ist", sagt Friedrich nun und beteuert erneut, er habe mit seiner Warnung vom Oktober an den SPD-Chef, Edathy bei den damals anstehenden Personalentscheidungen besser nicht zu berücksichtigen, nur dazu beitragen wollen, das Zustandekommen der neuen Koalition nicht zu erschweren.
Auch habe er nie Recht brechen wollen. Genau das hatte ihm gestern Abend Sigmar Gabriel in der ARD auch hoch angerechnet:
"Der hat versucht, Schaden abzuwenden - und dass er dafür nun so bitter bezahlen muss, das bedauert in der SPD mit Sicherheit jeder. Ich jedenfalls auf jeden Fall."
Trotz dieses Mitgefühls sind Unionspolitiker hin- und hergerissen, wie sie künftig mit ihrem Koalitionspartner umgehen sollen. Hans-Peter Uhl (CSU) verlangt eine eidesstattliche Erklärung der beteiligten SPD-Politiker zu der Frage, mit wem sie über den Fall Edathy gesprochen haben.
"Man darf nichts unterstellen"
Es könne ja wohl nicht wahr sein, dass ein SPD-Abgeordneter mutmaßlich kinderpornografische Schriften kaufe und die einzige Konsequenz darin bestehe, dass ein CSU-Minister zurücktrete, sagt Uhl ebenfall im "Focus". Eine solche Versicherung gibt es schon, allerdings nicht eidesstattlich, dafür aber gestern Abend in der ARD vor einem Millionenpublikum vom SPD-Parteivorsitzenden abgegeben:
"Weder Herr Steinmeier noch Herr Oppermann noch ich haben irgendwie Herrn Edathy informiert. Ganz im Gegenteil: Ich bin Herrn Edathy gar nicht mehr begegnet. Man geht dann solchen Dingen auch aus dem Weg, weil man weiß, da könnte es sein, es gibt Ermittlungen. Ich sehe keine Mitschuld."
Gabriel schließt deshalb auch personelle Konsequenzen, sprich Rücktritte auf Seite der SPD aus. Auch Dieter Wiefelspütz, ehemaliger SPD-Innenpolitiker, nimmt seine Parteifreunde gegenüber allen Verdächtigungen, sie hätten womöglich Edathy gewarnt, im Deutschlandfunk in Schutz:
"Man darf nichts unterstellen. Bitte gehen Sie davon aus, alle 16 Landeskriminalämter plus Bundeskriminalamt, jede Menge Minister haben von diesem Verdacht gewusst."
Dennoch rückt der jetzige SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann weiter ins Zentrum der Kritik. Dessen Erklärung, wonach Friedrich den SPD-Parteichef im Oktober schon über Edathy informiert und Gabriel anschließend Frank-Walter Steinmeier und ihn, Oppermann, informierte, habe, so eine Sichtweise in der Union, den Prozess erst eingeleitet, an dessen Ende Friedrichs Rücktritt unvermeidlich wurde. Oppermann selbst verteidigt sich in der "Süddeutschen Zeitung": Er habe seine Erklärung am Mittwochabend sogar mit Hans-Peter Friedrich telefonisch abgestimmt und Friedrich habe dem Inhalt ausdrücklich zugestimmt.
Der bittere Beigeschmack des Rücktritts
Armin Schuster, CDU-Obmann im Innenausschuss des Bundestages, spricht deshalb im Deutschlandfunk vom bitteren Beigeschmack, den Friedrichs Rücktritt habe. Aber mit Blick auf die SPD-Politiker sagt er auch:
"Keine Verschwörungstheorien! Ich gehe stark davon aus, es ist etwas viel Geschwätzigkeit am Werk gewesen bei der SPD, ich gehe davon aus, dass man mit dem Fall wahrscheinlich etwas marktschreierisch in den eigenen Reihen umgegangen ist, das man nachher nicht mehr einfangen konnte. Und deswegen bleibt es für mich am Ende sehr ungeschickt"
So diplomatisch ist man bei den Grünen nicht. "Wenn Sie Innenminister sind, dann können Sie nicht – selbst wenn es Ihnen politisch noch so opportun erscheint – einfach das Plaudern anfangen", sagt der Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter im Deutschlandradio Kultur über das mutmaßliche Ausplaudern von Dienstgeheimnissen durch Hans-Peter Friedrich.
Hofreiter wie auch Fraktionschefin Katrin Göring-Eckard fordern Aufklärung darüber, wie in Regierung und Koalition mit Dienstgeheimnissen umgegangen wird.
"Wenn man sozusagen so eine Kumpelpolitik macht, dann muss darüber geredet werden. Und dazu braucht es Aufklärung."
Und zwar zuerst im Innenbauschuss des Bundestages, der nächste Woche tagt. Für einen Untersuchungsausschuss, so Göring-Eckard, ist es noch zu früh.
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