Abdel-Hakim Ourghi: "Reform des Islam. 40 Thesen", Claudius-Verlag, 240 Seiten, 18 Euro
Michael Blume: "Islam in der Krise. Eine Weltreligion zwischen Radikalisierung und stillem Rückzug", Patmos Verlag, 192 Seiten, 19 Euro
Wider die Dominanz konservativer Islamverbände
Eine Reform des Islam ist möglich und nötig, damit Radikalen und Konservativen nicht das Feld überlassen wird, sagen der islamische Theologe Abdel-Hakim Ourghi und der Religionswissenschaftler Michael Blume. Auf der Buchmesse diskutieren sie über die Krise und eine Reform der Weltreligion.
Einig sind sich der Religionswissenschaftler Michael Blume und der islamische Theologe Abdel-Hakim Ourghi in einem: Der Islam steckt in einer tiefen Krise. Die Gründe dafür liegen unter anderem in einem sehr engen Koranverständnis – Ourghi plädiert dagegen dafür, politisch-juristische Verse als nicht zeitgemäß zu akzeptieren und sich auf die ethische Botschaft des Koran zu konzentrieren. Der Koran sei nicht wörtlich, sondern "beim Wort" zu nehmen.
Blume sieht einen Schlüsselmoment für die islamische Welt im Verbot des Buchdrucks in arabischen Lettern, das der osmanische Sultan 1485 aussprach. Damit seien letztlich auch Wissensverbreitung und selbständiges Denken ins Hintertreffen geraten.
Ein Ende der "Verblendung der Vernunft"
Beide Autoren stellen sich gegen eine Dominanz konservativer Islamverbände und rufen Muslime in Deutschland dazu auf, ihren eigenen Zugang zu ihrer Religion zu finden und offensiv zu vertreten. Abdel-Hakim Ourghi, der zu den Mitbegründern der liberalen Ibn-Rushd-Goethe-Moschee in Berlin zählt, ruft mit deutlichen Parallelen zu Luther nach einer grundlegenden Reform des Islam und einem Ende der "Verblendung der Vernunft".
Blume warnt vor dem Ersatz rationaler Argumentationen durch Verschwörungstheorien, deren starke Verbreitung in muslimisch geprägten Ländern er mit einem Gefühl eigener Machtlosigkeit erklärt. Für beide ist klar: Eine Reform des Islam ist möglich und nötig, um nicht Radikalen und Konservativen das Feld zu überlassen.