Vereint mit Vollgas ins Hintertreffen?
Die deutsche Automobil-Industrie kommt nicht aus den Negativ-Schlagzeilen: Erst die Schummeleien bei den Abgasen und nun der Verdacht, dass sich die Konzerne besser abgestimmt haben als erlaubt.
Durch die neuen Vorwürfe an die Adresse der deutschen Auto-Industrie, mit unerlaubten Absprachen gegen Kartell-Recht verstoßen zu haben, hat der Diesel-Abgas-Skandal eine weitere Dimension bekommen. Die Konzerne schweigen; die Bundesregierung reagiert bisher sehr verhalten, obwohl in den Aufsichtsräten der Konzerne auch Politiker mit Regierungsverantwortung sitzen.
Muss die Politik sich vorwerfen lassen, dass sie ihre schützende Hand über die Konzerne hält? Und hat sie so mit zu verantworten, dass die Auto-Bauer gegen Regeln verstoßen konnten und zudem technische Entwicklungen verschleppen? Haben Daimler, VW, Porsche und Co das Führerhaus verlassen, wenn es um den Übergang zur Zukunft nach dem Ende der Verbrennungsmotoren geht? Und: Verspielt die Auto-Industrie aus diesen Gründen gerade den guten Ruf des Etiketts "Made in Germany" – noch immer ein gewichtiger Wettbewerbsvorteil, der Deutschland so exportstark macht?
Darüber diskutieren im Wortwechsel:
Peter Ramsauer (CSU), Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses des Deutschen Bundestages und ehemaliger Bundesverkehrsminister:
"Was mich ärgert ist diese Skandalisierung, die da betrieben wird, aufgrund überhaupt nicht bewiesener erster Anhaltspunkte, von Behauptungen irgendwelcher anonymen sogenannten Insidern. Das wird hochgespielt in den Medien."
"Als deutscher Wirtschaftspolitiker, als Verkehrspolitiker hat man selbstverständlich in einem gewissen Rahmen die Interessen der deutschen Wirtschaft zu wahren und somit auch der deutschen Automobilindustrie. Ich weiß exakt, wo die Grenzen sind."
Sven Giegold, Europaabgeordneter der Grünen und wirtschaftspolitischer Sprecher seiner Fraktion:
"Die Aufgabe von Politik ist nicht, der einen oder anderen Branche nahe zu sein, sondern wir sind dem Gemeinwohl verpflichtet."
"Wenn wir hier nicht politisch den Schalter umlegen in Richtung saubere Technologien, dann werden wir unsere Marktführerschaft in diesem Bereich verlieren."
Helmut Becker, Ex-BMW-Chefvolkswirt, Leiter des Instituts für Wirtschaftsanalyse und Kommunikation in München:
"Wir können saubere Diesel herstellen. Und ich würde meinem Unternehmen sagen: Geht euren Weg weiter. Stellt, wie in der Vergangenheit – ohne Tricksereien – Diesel-Motoren her, die den Ansprüchen genügen. Ein Elektroauto, das 70.000 Euros kostet, ist was für Esoteriker."
Heinz Bontrup, Wirtschaftswissenschaftler an der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen, Sprecher der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik:
"Die deutsche Automobilindustrie ist zurzeit dabei sich selbst aufzuhängen. Das ist insgesamt schlimm für die deutsche Wirtschaft aber noch mehr natürlich für die Industrie selbst und für die Arbeitsplätze."
"In einer marktwirtschaftlichen Ordnung, wo einzelne Unternehmen im Markt im Wettbewerb anzutreten haben – leistungsorientiert – da sind jegliche Formen von Absprachen kontraproduktiv."