Kristof Magnusson: "Ein Mann der Kunst"
Verlag Antje Kunstmann, München 2020
220 Seiten, 22 Euro
Riesige Egos und begeisterte Fans
11:23 Minuten
Sein neuer Roman "Ein Mann der Kunst" wurde von vielen Museumsbesuchen inspiriert: Kristof Magnusson sagt, die Beziehungskonstellationen in der Kunstwelt hätten ihn schon lange fasziniert. Vor allem das gediegene Publikum hat es ihm angetan.
Kristof Magnussons neuer Roman "Ein Mann der Kunst" ist eine Komödie, die mitten im Kunstbetrieb spielt. Im Mittelpunkt steht ein berühmter Maler, K. D. Pratz, der seit langem auf einer Burg im Rheingau lebt und in Frankfurt einen eigenen Museumsbau bekommen soll.
Allerdings muss der Förderverein des Museums noch zustimmen – also geht dessen nächste Exkursion des Vereins auf die Künstlerburg. In diesem Zusammenprall von Kunstinteressierten und dem Künstler stecken viele interessante Fragen über unsere Zeit und die Kunst.
Kompromisslose Künstler, gediegenes Publikum
Magnusson, der Kirchenmusik studierte und schon sehr erfolgreiche Romane und Theaterstücke geschrieben hat, sagt, er sei durch Erfahrungen in Museen aus 20 Jahren zu dem Buch inspiriert worden: "Es hat mich immer wieder fasziniert, wie da auf der einen Seite diese großen Künstler- und Künstlerinnenpersönlichkeiten sind, diese riesigen Egos, kompromisslos – und auf der anderen Seite das doch recht gediegene Publikum und was sich das dann so alles anschaut; Leute, die aus einer Welt kommen, wo man ohne Kompromiss überhaupt nicht weiterkommt."
Er habe es sehr spannend gefunden, welche Gegensätze tagtäglich in Museen aufeinanderprallen. In der Berlinischen Galerie etwa habe er einmal eine Ausstellung der Künstlerin Dorothy Iannone gesehen: "Zum Teil wirklich sehr, sehr drastische Darstellungen von Sexualität – und davor stehen dann diese gediegenen Paare und gucken sich das an und haben einen Audioguide und finden das unglaublich interessant."
"Die bürgerlichen Kunstfans und die Großkünstler brauchen einander ja" – in der Kunst kämen also zwei sehr unterschiedliche Welten zusammen. "Das ist natürlich eine Welt, die eine unglaubliche Komik in sich drin hat." Er habe für das Buch dann in seinem Freundeskreis bei Museumsleuten und Kunsthistorikern recherchiert, sagt Magnusson.
Keinesfalls als Parodie gedacht
Magnusson sagt, er habe den Blick neu fokussiert: "Es gibt ja viele Künstlerromane, aber einen Roman über die Kunstbegeisterung dieser Kunstfans, das habe ich bisher nicht gesehen." Er habe diese aber auf gar keinen Fall parodieren wollen. Eigentlich sei es toll, dass sich so viele Leute für Kunst interessieren, Menschen, wie sie sich etwa in der Figur der Vorsitzenden des Fördervereins spiegeln, die Mutter des Erzählers im Buch wolle durch Kunst immer wieder herausgefordert werden.
Die Psychologin sei eine feministisch geprägte Frauen, die sich aber trotzdem für diese Typen in der Kunst begeistere, was ein gewisser Widerspruch sei. Er kenne das auch aus seiner Familie, sagt Magnusson: "Wenn ich an meine Mutter oder Tante denke: Das sind feministisch sozialisierte Frauen, aber auf der anderen Seite begeistern sie sich für Claus Peymann oder Peter Zadek, diese großen Männer in der Kunst."
Seine Figur des K. D. Pratz habe aber kein reales Vorbild, vielmehr speise sie sich aus vielen Persönlichkeiten, die nicht unbedingt nur bildende Künstler seien: "Mir fallen da auch Verleger und Galeristen ein, der Typus des Großkünstlers hat mich interessiert."
Eine Generation von Kulturpessimisten
Seine Figur K.D. Pratz bastele sich seine Welt zurecht und verbringt die Zeit auf seiner Burg, recht isoliert, mit Malen und Die-Moderne-Welt-Schlimm-Finden. Diese Haltung sei auch eine Beispiel für die einer gewissen Generation von hauptsächlich männlichen Intellektuellen in den 70ern oder älter, die dauernd den Kulturverfall hinter jeder Ecke sähen, meint Magnusson. "Und am schlimmsten ist natürlich das Internet", sagt der Autor zur Denkwelt dieser Männer.
So ein Kulturpessimist sei K.D. Pratz. "Das Schlimm-Finden-Von-Allem hat auf der einen Seite natürlich eine gewisse Komik, aber auf der anderen Seite hat das unsere Kultur auch sehr geprägt: Diese Form von Nörgelei, die viele Leute automatisch für Intellektualität halten oder für kritisches Bewusstsein, dabei ist es erstmal nur ein automatisches Schlimm-Finden-Von-Allem-Neuen."
Er freue sich, dass das Buch offensichtlich auf sehr verschiedene Weise gelesen werde. Er habe schon die Rückmeldung erhalten, dass es ein sehr menschenfreundliches Buch sei, ebenso werde es aber auch als scharfsinnige Satire auf den Kunstbetrieb gelesen. "Das finde ich natürlich wunderbar", sagt Magnusson.
(mfu)