"Das war wirklich geradezu penetrant"
Die vier für den "Preis der Nationalgalerie" nominierten Künstlerinnen üben scharfe Kritik an den Organisatoren der Veranstaltung: Es sei mehr über ihr Geschlecht geredet worden als über ihre Arbeit. Eine nicht ganz unberechtigte Kritik, meint Chefredakteurin der Kunstzeitschrift Monopol, Elke Buhr.
Vier Frauen waren für den "Preis der Nationalgalerie" nominiert, Agnieszka Polska erhielt ihn schließlich im Rahmen der Zeremonie im Hamburger Bahnhof in Berlin. Nun kritisieren die vier Künstlerinnen die Organisatoren scharf. In einem Statement beanstanden Agnieszka Polska, Sol Calero, Iman Issa und Jumana Manna, "dass in Pressemitteilungen und öffentlichen Reden statt der Inhalt unserer Arbeiten permanent unser Geschlecht und unsere Nationalitäten im Fokus waren". In einer wirklich gleichberechtigten Welt würde das doch keine Rolle spielen.
Sie könne die Kritik absolut nachvollziehen, sagt Elke Buhr, Chefredakteurin der Kunstzeitschrift Monopol. "In der Kommunikation und in der Presse wurde über diesen Preis nicht gesprochen, ohne immer mindestens ein Mal zu erwähnen, dass es vier Frauen sind, dass es was ganz Besonderes ist", sagt sie. "Das war wirklich geradezu penetrant."
Die vier Künstlerinnen kritisieren in ihrem Statement auch die Vergabezeremonie: Die Gewinnerinnen wurden "erst nach zahlreichen Reden und Performances bekannt gegeben", schreiben sie. Dadurch sei der Abend "mehr ein Feiern der Sponsoren und Institutionen" gewesen, als eine Gelegenheit, "sich mit den Künstlerinnen und ihrer Arbeit auseinanderzusetzen".
Ein bisschen Glamour für die deutsche Kunstszene
Eine berechtigte Kritik? "Dieser Preis versucht ein bisschen Glamour zu entwickeln", meint Buhr - inklusive Showeinlage der Schauspielerin Meret Becker. "Das kann ich mir schon vorstellen, dass das von Künstlerinnen-Seite nicht so besonders toll gefunden wird." Andererseits wolle man natürlich auch dem Publikum etwas bieten - "und ein bisschen Spannung, wer denn jetzt den Preis bekommt, ist ein Zugeständnis, das man an der Stelle vielleicht auch machen kann."
Auch dass der Preis undotiert ist, kritisieren die Künstlerinnen. "Die Logik, dass Künstler_innen nur für Aufmerksamkeit arbeiten, trägt direkt zur Normalisierung der unregulierten Lohnstrukturen bei, die im Kunstbereich allgegenwärtig sind", schreiben sie in ihrem Statement. Der Hintergrund dieser Kritik ist die Forderung nach einem Ausstellungshonorar, das Künstler zunehmend fordern. Denn oftmals ist es so, dass sie von Museen gebeten werden, eine Ausstellung zu gestalten, dafür aber zunächst überhaupt nichts bekommen. Die Idee ist vielmehr, dass sie durch diese Ausstellungen bekannter werden und damit die Preise für ihre Werke steigen. "Das kann funktionieren, muss aber nicht", sagt Kunst-Kennerin Elke Buhr. "Die generelle Forderung, dass man doch bitte, wenn man arbeitet, dafür bezahlt wird, finde ich sehr nachvollziehbar."
Die Nationalgalerie hat das Statement begrüßt. "Ich glaube, dass die sich das wirklich zu Herzen nehmen werden", sagt Buhr. "Es ist ja eigentlich auch nicht in deren Intention, dass die Künstler dann am Ende unzufrieden damit sind."