Proben in Zeiten der Pandemie
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Auch die Bayerische Staatsoper setzt derzeit auf Streaming, aber dafür muss geprobt werden. Einige Kunstschaffende des Hauses haben sich jetzt an die Medien gewandt und sich beklagt, dass der Probenbetrieb ihre Gesundheit gefährde.
Der Ablauf des derzeitigen Probenbetriebs an der Bayerischen Staatsoper hat einige Künstlerinnen und Künstler dazu bewogen, sich vertraulich an die Medien zu wenden, um der Angst um ihre Gesundheit Ausdruck zu verleihen. Der Vorwurf von "Proben unter Zwang" steht im Raum. Unser Kritiker Jörn Florian Fuchs sagt, dass der Intendant des Hauses, Nikolaus Bachler, ziemlich säuerlich auf die Kritik reagiert habe.
Unklarheit über Probenverbot auf den bayerischen Bühnen
"Er hat in einem Interview gesagt, diejenigen, die diese Kritik üben, das seien selbsternannte Blockwarte. Das ist doch ein etwas merkwürdiger Begriff für diejenigen, die da jetzt vielleicht nicht ganz zu Unrecht Kritik üben", sagt Fuchs.
Er habe in letzter Zeit immer gehört, dass es ein Probenverbot gebe, sagt Fuchs. Das habe das Münchner Residenztheater verlauten lassen. "Ganz hundertprozentig klar ist das aber im Moment nicht. Die Bayerische Staatsoper ist das einzige Haus, das Proben ansetzt, ganz regulär, für Veranstaltungen in der Zukunft und eben auch für die Montagskonzerte im Stream."
Der Pressesprecher der Staatsoper habe Behauptungen widersprochen, wonach bei den Proben bis zu 30 Personen auf der Bühne stünden. Er sage, es seien deutlich weniger und es werde großer Abstand eingehalten.
Am vergangenen Montag wurde aber per Livestream gezeigt, wie ein Ballett-Tanzpaar eng miteinander getanzt, also keinen Abstand eingehalten habe. Dieses Paar ist im wirklichen Leben ein Ehepaar: Laurretta Summerscales und Yonah Acosta.
Scharf formuliertes Schreiben von der Leitung des Hauses
Der Fitnessraum und das Pilatesstudio für die Balletttänzerinnen und -tänzer seien geöffnet, sagt Fuchs. "Das ist natürlich schon ein Risiko, auch wenn man sagt, es sind überall Desinfektionsmittel. Und auf der anderen Seite sagte Intendant Bachler vor einiger Zeit schon in einem Interview: 'Ein Theater, das nicht spielen darf, existiert nicht.'"
Es gebe ein Schreiben der Leitung der Staatsoper, in dem stehe, dass die Mitarbeiter wie gewohnt zur Arbeit erscheinen müssten. Dieses Schreiben liege ihm vor, sagt Fuchs. "Da steht eindeutig drin, wenn man sich jetzt krankmeldet, dann muss man das alles ganz regulär beantragen. Das ist sehr, sehr scharf formuliert, und man hört aus dem Haus heraus von mehreren Stellen, dass die Musikerinnen und Musiker sehr unzufrieden mit der Situation sind. Deswegen kommt jetzt langsam ans Licht, was da los ist."
Der aktuelle Probenplan, der ihm ebenfalls vorliege, sehe eine normale und reguläre Probenwoche vor, so Fuchs. "Wenn ein Orchester probt, können die nicht alle einen Riesenabstand haben, also da gibt es einfach ein Risiko." Offenbar gebe es von der Leitung eine bewusste Entscheidung, dass man dieses Risiko eingehen wolle, weil die Kunst wichtiger sei.
(rja)