Der Journalist Harry Nutt wurde 1959 in Delbrück geboren und ist Leiter des Feuilletons der "Berliner Zeitung". Er studierte Germanistik und Publizistik an der FU Berlin, war dann Leiter des Feuilletons der "taz" und wechselte 1999 in gleicher Funktion zur "Frankfurter Rundschau". Ab Mai 2006 war er Autor und Feuilleton-Korrespondent der "Frankfurter Rundschau" in Berlin, dann bei der Dumont-Redaktionsgemeinschaft in Berlin, bevor er zur "Berliner Zeitung" in die Redaktion wechselte und dort im Februar 2017 die Leitung des Kulturteils übernahm.
Kriminaltechnisch eher fragwürdig
Der Journalist Harry Nutt spricht von einem gewissen Unbehagen, wenn die Arbeit von Medien und Polizei bei Fahndungsaufrufen zu stark ineinander greift. Er kritisiert die Suche der "Bild"-Zeitung nach einer sogenannten "Krawall-Barbie" nach den G20-Ausschreitungen.
"Die G20-Krawalle sind politisch sehr stark aufgeladen", sagte unser Studiogast, der Feuilleton-Chef der Berliner Zeitung, Harry Nutt, im Deutschlandfunk Kultur. Insofern passe dazu, dass die "Bild"-Zeitung in dieser Weise emotional einsteige. Der Journalist kritisierte die aktuelle Berichterstattung der Boulevardzeitung, die parallel zur Fahndung der Polizei das Foto einer jungen Frau und folgende Schlagzeile auf die Titelseite hob: "Polizei sucht diese Krawall-Barbie." Die Polizei hatte Fahndungsbilder mutmaßlicher Gewalttäter der G20-Proteste in Hamburg verbreitet, die "Bild" übernommen hatte. Erst im September hatte der Presserat einen Aufruf von "Bild" missbilligt, G20-Gewalttäter zu melden.
Getrennte Aufgaben
"Ein gewisses Unbehagen bleibt", sagte Harry Nutt. "Ich würde es lieber haben, dass die Polizei ihre Arbeit macht und die Medien machen ihre." Das werde hier auf eine unangenehme Art und Weise vermengt. "Wenn es im Einzelfall zum Erfolg führt, sollte das noch keine Legitimation sein, künftig die Fahndungsmethoden derart kurz zu schließen gegen Medien und Polizei."
Erinnerung an 1968
Harry Nutt sprach von einer langen Tradition der "Bild"-Zeitung", die Krawalle während der Zeit der Studentenbewegung 1968 bereits ganz ähnlich bespielt habe. Von außen lasse sich dabei kaum nachverfolgen, welche Gewalttaten eigentlich verfolgt würden und was der Frau auf dem Titelbild genau vorgeworfen werde. "Das fällt alles hinten runter bei so einer Berichterstattung." Deshalb sei es auch kriminaltechnisch eher fragwürdig. Allerdings stehe die "Bild"-Zeitung mit ihren Methoden nicht mehr so im Fokus, sagte Nutt. "Das Internet ist viel härter." Da habe sich etwas in der öffentlichen Wahrnehmung verschoben.
Kritik an Polizistenbildern im Internet
Feuilleton-Chef Nutt kritisierte auch, dass kürzlich Bilder von Polizeibeamten ins Netz gestellt wurden, die sich an Einsätzen in Berlin beteiligt hatten. "Das ist absolut zu verurteilen, weil hier zwei Dinge miteinander vermischt werden", sagte der Journalist. Man könne nicht Beamte dafür persönlich haftbar machen. Wenn Beamte sich im Einsatz falsch verhielten und gegen Regeln verstießen, dann sollte der Polizeiapparat Regeln haben, um das zu ahnden. Aber Privatadressen zu veröffentlichen und Polizisten zu denunzieren, das sei nicht rechtsstaatlich und dürfe nicht sein.
Die ganze Sendung mit dem Journalisten Harry Nutt hören Sie hier:
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