Kritik an Oscar-Gewinner "Green Book"

Der Erlöser ist mal wieder weiß

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Ausschnitt aus einem Poster zum Film "Green Book" links: Viggo Mortensen, rechts Mahershala Ali, 2018. © Universal /Courtesy Everett Collection
Die Schauspieler Viggo Mortensen und Mahershala Ali auf einem Plakat zum Oscar-Gewinner "The Green Book" © © Universal / Everett Collection
Patrick Wellinski im Gespräch mit Axel Rahmlow |
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Die Oscar-Vergabe an den US-Film "Green Book" stößt auf Kritik. Die Erzählweise sei "veraltet", meint Kritiker Patrick Wellinski. Angesiedelt in den Südstaaten der 1960er-Jahre thematisiere der Film die Rassentrennung aus Sicht eines "weißen Helden".
Der diesjährige Oscar-Gewinner "Green Book" von US-Regisseur Peter Farrelly gilt als Überraschungssieger, seine Erzählweise als kontrovers. Kritiker werfen den Machern vor, die zur Zeit der Rassentrennung angesiedelte Geschichte aus einer "weißen" Perspektive heraus zu erzählen.
In dem Film spielt der Schauspieler Mahershala Ali einen afroamerikanischen Pianisten, Viggo Mortensen hat die Rolle seines weißen Fahrers, der ihn durch die rassistischen Südstaaten begleitet.
Regisseur Peter Farrelly
"Green Book"-Regisseur Peter Farrelly freute sich über die Auszeichnung bei der Oscar-Verleihung. © AFP / VALERIE MACON
Unser Kritiker Patrick Wellinski bescheinigte "Green Book" einen "sehr publikumswirksamen Humor" sowie den Hauptdarstellern "Spiellust". Der Film transportiere aber ein problematisches "Narrativ", dass wir, um den Rassismus zu überwinden, alle etwas dazu lernen müssten, sagte er im Deutschlandfunk Kultur. Als sei es damit getan, dass der Weiße weniger rassistisch sein sollte und der Schwarze weniger intellektuell.

Kritik an der Akademie

In dem Film lernt der schwarze Pianist erst dank des weißen Chauffeurs, seine eigene Identität zu finden. "Das ist ein problematisches Narrativ, weil es den weißen Helden, den weißen Erlöser feiert", so Wellinski. Der Film hätte auch schon vor 30 Jahren ausgezeichnet werden können und wirke etwas veraltet. "Das geht besser, das geht moderner, das geht aktueller". Wellinski sprach angesichts der Preisvergabe von einem "letzten Aufbäumen" einer in die Jahre gekommenen Erzählweise.
Die US-Filmakademie bestehe aus 8.000 Mitgliedern. Obwohl viele Reformen in den vergangenen Jahren deren Zusammensetzung verändert hätten, gebe es eben immer noch "einen großen Block von älteren weißen Herren, die eben diese Erzähltradition in den letzten Jahrzehnten etabliert haben", kritisierte Wellinski. Er stellte fest, dass es derzeit "einen Kampf um die narrative Deutungshoheit" gebe, welche Geschichte in den nächsten Jahren auf der Leinwand Raum bekomme. Seiner Ansicht nach sollte in Zukunft ein anderes Kino gewinnen.
(huc/AP)

Die Liste der Preisträger bei den 91. Academy Awards:

Bester Film: «Green Book - Eine besondere Freundschaft»
Beste Schauspielerin: Olivia Colman, «The Favourite - Intrigen und Irrsinn»
Bester Schauspieler: Rami Malek, «Bohemian Rhapsody»
Bester Regisseur: Alfonso Cuarón, «Roma»
Beste Nebendarstellerin: Regina King, «Beale Street»
Bester Nebendarsteller: Mahershala Ali, «Green Book»
Bester fremdsprachiger Film: «Roma» (Mexiko)
Bestes Orginal-Drehbuch: «Green Book» (Nick Vallelonga, Brian Currie und Peter Farrelly)
Bestes adaptiertes Drehbuch: «BlackKlansman» (Charlie Wachtel, David Rabinowitz, Kevin Willmott und Spike Lee)
Bester Song: «Shallow» aus «A Star Is Born» (Lady Gaga, Mark Ronson, Anthony Rossomando und Andrew Wyatt)
Beste Kamera: Alfonso Cuarón, «Roma»
Bester Animationsfilm: «Spider-Man: A New Universe» (Bob Persichetti, Peter Ramsey, Rodney Rothman, Phil Lord und Christopher Miller)
Beste Musik: «Black Panther» (Ludwig Goransson)
Bestes Kostümdesign: «Black Panther» (Ruth Carter)
Bestes Szenenbild: «Black Panther» (Hannah Beachler, Jay Hart)
Bester Sound-Schnitt: «Bohemian Rhapsody» (John Warhurst, Nina Hartstone)
Bester Sound-Mix: «Bohemian Rhapsody» (Paul Massey, Tim Cavagin und John Casali)
Bester Filmschnitt: «Bohemian Rhapsody» (John Ottman)
Bester Animationskurzfilm: «Bao» (Domee Shi und Becky Neiman-Cobb)
Beste Kurzdokumentation: «Period. End of Sentence» (Rayka Zehtabchi und Melissa Berton)
Beste visuelle Effekte: «First Man» (Paul Lambert, Ian Hunter, Tristan Myles und J.D. Schwalm)
Bester Kurzspielfilm: «Skin» (Guy Nattiv und Jaime Ray Newman)
Bester Dokumentarfilm: «Free Solo» (Elizabeth Chai Vasarhelyi, Jimmy Chin, Evan Hayes und Shannon Dill)
Bestes Make-up und Haarstyling: «Vice - Der zweite Mann» (Greg Cannom, Kate Biscoe und Patricia Dehaney)
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