NS-Symbolik als Verkaufsmasche
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Rammstein sorgen mit dem Video zur neuen Single "Deutschland" für Aufregung. Darin zu sehen: Bandmitglieder in KZ-Häftlingskleidung am Galgen. Seit Langem falle die Band mit derartigen Provokationen auf, kritisiert der Musikjournalist Klaus Walter.
Erst lancierte die Band einen kurzen Ausschnitt, auf dem Bandmitglieder in KZ-Häftlingskleidung mit gelben Sternen am Galgen zu sehen sind. Nach 18 Uhr wurde dann das ganze Video ins Netz gestellt. Aber da war die Debatte eigentlich schon gelaufen.
Charlotte Knobloch, die frühere Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, sagte, die Band "habe das Leid und die Ermordung von Millionen zu Entertainment-Zwecken missbraucht". Der Leiter der bayerischen Gedenkstätten, Karl Freller, hat Rammstein sogar zum Besuch der KZ-Gedenkstätte in Dachau eingeladen.
Bewusste Vieldeutigkeit
Der Musikjournalist Klaus Walter erklärt im Deutschlandfunk Kultur, dass das altbewährte Kalkül der Band wieder einmal aufgegangen sei. Seit Jahrzehnten sei es Rammsteinstrategie, zunächst eine Provokation in den Raum zu stellen, dann ein bisschen zurückzurudern, ein bisschen zu relativieren und letztlich alles vieldeutig zu lassen, so dass alle Möglichkeiten der Interpretation gegeben seien.
In den USA gebe es die kulturindustrielle Parole: "Whatever the product: Sex sells". Bei Rammstein müsste es heißen: "Was immer das Produkt ist, das du verkaufen willst: Nazi sells", so Walter weiter.
Anklänge an rechte Parolen
Die Textzeile "Deutschland, ich will dich nie verlassen, man kann dich lieben und will dich hassen" klinge zudem sehr nach der beliebten rechten Parole: "Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen." Natürlich seien die Musiker keine Nazis, es bleibe vieldeutig, sie spekulierten aber darauf, dass Rechte sich davon angesprochen fühlen.
Im Teaser sehe man zunächst Rammstein in KZ-Uniform mit gelbem Stern am Galgen - und erst wenn man das komplette Video sehe, erkenne man im Nazi, der die Hinrichtung befiehlt, den Frontmann der Band, Till Lindemann, erklärt Walter. Somit würden Rammstein zu Tätern und Opfern. Eine mögliche Interpretation wäre dann: Sind wir nicht alle Nazis? Sind wir nicht auch alle Opfer? "Das ist eine eindeutige Relativierung", sagt Klaus Walter.