"Unesco ist extrem politisiert worden"
Obwohl sie ein Weltkulturerbe ist, wurde die Altstadt von Diyarbakir bei kurdisch-türkischen Kämpfen weitgehend zerstört. Warum unternimmt die Unesco so wenig für den Schutz solcher Stätten? Stephan Dömpke von der Organisation World Heritage Watch erklärt das mit zu großem Einfluss der Staatsregierungen.
Zurzeit tagen die Mitglieder des Unesco-Welterbekomitees in Istanbul. Sie entscheiden, welche Stätten demnächst den Titel Weltkulturerbe erhalten. Der Nichtregierungsorganisation World Heritage Watch geht es vor allem darum, bestehende Welterbestätten besser zu pflegen und zum Beispiel vor Zerstörung zu bewahren.
Genauso ein Fall ist zurzeit in der südtürkischen Stadt Diyarbakir zu beobachten. Bei kurdisch-türkischen Kämpfen wurde die zum Unesco-Welterbe erklärte Altstadt weitgehend zerstört. Stephan Dömpke, Vorsitzender von World Heritage Watch, kritisierte im Gespräch mit Deutschlandradio Kultur den geringen Einfluss der Unesco auf den Schutz solcher Stätten. In Diyarbakir habe der türkische Staat zum Beispiel teilzerstörte historische Gebäude ganz abreissen lassen und die Altstadt in eine brache Fläche verwandelt.
Formulierungen der Unesco seien "windelweich"
Zwar habe die Unesco eine Beschlussvorlage erstellt und sie an die türkische Regierung gerichtet, diese sei aber "windelweich" formuliert und an eine einjährige Frist gebunden. "Unsere Befürchtung ist, dass die türkische Seite bis dahin Fakten schafft und sie - so wie sie es bisher getan hat - in keiner Weise zusammenarbeitet mit der Stadtverwaltung, die natürlich kurdisch ist und der sie natürlich unterstellt, dass sie von der PKK unterwandert ist", sagt der Ethnologe.
Generell kritisiert Dömpke den starken Einfluss der Staatsregierungen auf den Umgang mit Kultur- und Naturstätten, die zum Welterbe gehören: "Die Unesco ist extrem politisiert worden." Die Organisation sollte bessere Durchgriffsrechte erhalten, könne aber auch schon jetzt mehr bewirken. "Sie könnte natürlich stärkere Entscheidungen treffen", sagt Dömpke.
Es sei zum Beispiel hinderlich, dass immer das gastgebende Land der Tagung des Komitees den Leiter der Sitzungen stelle. Deshalb sei zum Beispiel in Istanbul gar nicht erst damit zu rechnen, dass über den Erhalt kurdischen Kulturguts diskutiert werde. "Die ganze Welterbe-Konvention ist im Begriff, zu einem politischen Basar degradiert zu werden", warnt Dömpke.