Kritik an Vorsteher Honnefelder

Von Holger Ehling |
Der bevorstehenden Leipziger Buchmesse dürften die Verantwortlichen im Börsenverein, dem Branchenverband der Buchhändler und Verleger in Deutschland, mit gemischten Gefühlen entgegen sehen. Denn im Verband brennt der Baum, nachdem der stellvertretende Vorsteher und der Schatzmeister ihre Ämter niedergelegt haben - aus Protest gegen das Verhalten des Verbandsvorstehers Gottfried Honnefelder.
Gottfried Honnefelder ist Vorsteher des Börsenvereins des deutschen Buchhandels – und derzeit bläst ihm der Wind gleich von zwei Seiten heftig ins Gesicht. Die kleinen Buchhändler sind mit ihrer Branchenvertretung so unzufrieden, dass sie gestern die "Arbeitsgemeinschaft unabhängiger Buchhandlungen" gründeten.

Die hat das erklärte Ziel, der rasanten Konzentration in der Branche entgegen zu treten. Dass Honnefelder am letzten Dienstag in einem Interview verlauten ließ, die Konzentration im Buchmarkt sei seiner Meinung nach nicht wirklich aufzuhalten, dürfte den Dissidenten Auftrieb verliehen haben.

Gleichzeitig hat Honnefelder mit Kritik aus dem eigenen Haus zu kämpfen. Vor wenigen Tagen traten sein Stellvertreter Ole Schultheiß und sein Schatzmeister Martin Ludwig aus Protest gegen die Amtsführung des Vorstehers zurück. Auslöser ist ein Streit um die Zukunft der Buchhandels-Abrechnungs-Gesellschaft, kurz BAG genannt. Diese Gesellschaft regelt den Zahlungsverkehr zwischen Buchhandlungen, Verlagen, Auslieferern und Zwischenbuchhändlern. Sie zieht die Beträge ein, die Buchhändler ihren Lieferanten schulden und verteilt sie an die richtigen Empfänger. Ein unspektakuläres, hoch profitables Geschäft. Damit ist die BAG lebenswichtiges Instrument der Branche.

Schon vor einigen Jahren hatte diese BAG eine Tochtergesellschaft gegründet, die Ende vergangenen Jahres in finanzielle Schwierigkeiten geraten war. Daraufhin bot der Börsenverein der BAG ein Überbrückungsdarlehen an, um die Schulden zu begleichen. Im Ausgleich stellte man aber eine Bedingung: Die bislang unabhängige Gesellschaft solle künftig unter dem Dach der Wirtschaftsbetriebe des Börsenvereins angesiedelt werden.

Viele Insider sahen dies als feindlichen Übernahmeversuch – nicht zuletzt war man sich nicht sicher, dass der Börsenverein der Versuchung widerstehen würde, die internen Geschäftsdaten auszuwerten. Und die sind die Basis für die Mitgliedsbeiträge

Die BAG tat sich deshalb auch schwer, den angebotenen Kredit anzunehmen: Wochenlang wartete man damit bis Honnefelder Anfang März öffentlich Druck machte und die Beteiligten mit harschen Worten aufforderte, den Kreditvertrag sofort zu unterzeichnen. Daraufhin wurde der Vertrag auch unterzeichnet – aber Honnefelder bekam Ärger im eigenen Haus: Sein Stellvertreter und sein Schatzmeister fühlten sich aufs Peinlichste vorgeführt - denn beide waren in Doppelfunktion sowohl für den Börsenverein wie auch für die BAG tätig.

Seither schwappen in der Branchenpresse die Wellen hoch, Vorwürfe von allen Seiten hageln auf den Vorsteher ein und die Protagonisten suchen jede Gelegenheit, ihre Sicht der Dinge öffentlich kundzutun. Besonnene Branchenvertreter mahnen die Beteiligten zur Ruhe und vor allem zum Rückzug aus der öffentlichen Debatte. Was angesichts der beteiligten Personen nur schwerlich stattfinden wird.

Noch gibt es keine öffentlichen Rücktrittsforderungen gegen Vorsteher Honnefelder. Aber diese werden nicht lange auf sich warten lassen, sollte nicht bald Ruhe in die Sache kommen. Die Leipziger Buchmesse wird am kommenden Mittwoch eröffnet, sie wird für die Branche doppelt spannend.