Kritik zu Milo Raus "Grief & Beauty"

"Das funktioniert sehr lange nicht"

08:11 Minuten
Am rechten Rand ist ein Mann mit Jacke von hinten zu sehen, in der Mitte quillt grüner Nebel.
Im entscheidenden Moment kommt dann doch die große Geste: Szene aus "Grief & Beauty". © Michiel Devijver/ NT Gent
Eberhard Spreng im Gespräch mit Eckhard Roelcke |
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Milo Rau möchte mit "Grief & Beauty" den Tod zurück ins Licht der Öffentlichkeit bringen. Das gelinge ihm nur teilweise, sagt unserer Theaterkritiker. Das Geschehen auf der Bühne bleibe distanziert. Erst ein Video schaffe es, zu berühren.
Auch im zweiten Teil seiner "Trilogie des Privatlebens" bleibe Regisseur Milo Rau seiner dokumentarischen Herangehensweise treu, sagt der Theaterkritiker Eberhard Spreng:
"'Grief & Beauty' ist aufgehängt an die Geschichte einer Begegnung mit einer Frau, die sich Johanna nennt und die beschlossen hat, Anfang 80-jährig, dass sie auf eine geplante und ihrem eigenen Willen unterworfene Art und Weise aus ihrem Leben gehen will."
Rau selbst sagt im Interview, er wolle den Tod "zurück ins Licht der Öffentlichkeit" bringen.
Das glücke ihm nur teilweise, sagt Spreng: "Im ersten Teil des Abends geht die Behauptung, dass aus den kleinen Ereignissen des Alltags das Universelle, das Verbindliche, das Religiöse, die große Trauer und die große Schönheit zu erkennen wäre, nicht wirklich auf."

Private Dinge und große Themen

Das Video der realen, sterbenden Johanna wird im Stück gezeigt, und gleichzeitig stellen vier Performerinnen und Performer das Geschehen auf der Bühne nach. Rau wolle mithilfe der kleinen privaten Dinge die großen Themen konstruieren, sagt Spreng: "Das funktioniert sehr lange nicht."
Es müsse dann doch die große Musik, die große Geste und der große optische Gestus aufgefahren werden, damit das Stück auf sein zentrales Motiv zusteuern könne, sagt Spreng: "Es wird sehr, sehr schön für einen Moment."
Da gelinge es, aus der Banalität des Alltags aufzuschließen in die großen Erfahrungen von Trauer und Schönheit, sagt Spreng: "Die Videokamera zeigt Johanna, wie sie in ihren letzten Lebensmomenten mit Angehörigen ein Glas Champagner trinkt und dann nach Verabreichung eines Sterbemittels dahinscheidet."
(beb)
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