Krull: Stiftungsgelder stopfen keine Haushaltslöcher

Stiftungen könnten nicht dort einspringen, wo dem Staat die Mittel fehlen, sagt Wilhelm Krull, Generalsekretär der Volkswagenstiftung und Vorsitzender des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen.
In Anbetracht der Finanzlöcher der öffentlichen Hand bestehe die Gefahr, dass Stiftungen als Kompensatoren gesehen werden, sagte Krull. Dies sei jedoch "keine realistische Perspektive und auch für viele Stiftungen kein attraktives Handeln." Bereits anhand der Zahlen werde deutlich, dass die Stiftungen dies gar nicht leisten könnten. Im Kulturbereich beispielsweise beliefen sich die Zuwendungen aus privater Hand auf 10 Prozent, im Wissenschaftsbereich auf 1 bis 1,5 Prozent. Dies zeige deutlich, dass es "nicht möglich wäre, die Milliarden der öffentlichen Hand durch die Millionen der Stiftungen zu ersetzen."

Dennoch werde es in den kommenden Jahren eine "viel stärkere Verantwortungsgemeinschaft von Staat und Stiftungen" geben und das Element der Bürgergesellschaft wieder mehr an Bedeutung gewinnen, sagte Krull. Auch von ihrem Selbstverständnis her verstünden sich die Stiftungen als Promotoren von Veränderung: "Sie sind vor allem Impulsgeber im Sinne von Neu-Nachdenken, Neu-Handeln – man könnte auch sagen, sie sind pragmatische Visionäre, die versuchen, neue Zielvorstellungen, neue Ideen in den gesellschaftlichen Diskurs zu bringen und zugleich durch praktisches Handeln die Situation ganz konkret zu verändern."

Dass der Einfluss der Stiftungen zu groß werden könnte, wies der Generalsekretär der Volkswagenstiftung von sich. Die Ziele einer Stiftung müssten zum Gemeinwohl beitragen und würden durch die Stiftungsaufsicht und die Finanzbehörden einer entsprechenden Kontrolle unterworfen. Krull: "Damit ist die Gefahr, dass Stiftungen unter der Hand sozusagen die Demokratie aushöhlen – und was sonst an Verdächtigungen gelegentlich geäußert wird – natürlich vollkommen absurd, weil sie allenfalls in kleinem Maßstab dazu beitragen, dass neue Impulse und Veränderungen in die Gesellschaft hineingetragen werden."

Das vollständige Gespräch können Sie bis zum 7.10.2010 als MP3-Audio in unserem Audio-on-Demand-Angebot nachhören.
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