Kühe in Indien

Aus dem Leben einer Heiligen

Auf dem Viehmarkt in Bangladesch bringt eine hundertköpfige Kuhherde bis zu 60.000 Euro ein.
Auf dem Viehmarkt in Bangladesch bringt eine hundertköpfige Kuhherde bis zu 60.000 Euro ein. © Christian Faesecke
Von Gerhard Richter |
Jeder weiß, dass in Indien Kühe heilig sind. Kaum einer weiß dagegen, dass ihr Verkauf ein boomendes Geschäft ist. "In demselben Land, in dem die Kuh angebetet wird, will man ihre Milch, ihr Fell und ihr Fleisch", kritisiert eine Aktivistin.
Mit beiden Vorderhufen steht die Kuh auf einem Müllhaufen. Mit ihrer feuchten Schnauze stupst sie alte Zeitungen beiseite, schiebt Ziegelsteine weg und knabbert probehalber an Plastiktüten. Schließlich findet sie einen Blumenkohlstrunk.

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Sie ist noch jung, zwischen ihren Hinterbeinen baumelt ein kleines Euter mit unbenutzten rosa Zitzen. Eine von vielen Straßenkühen, die allein durch die Millionenstadt Delhi bummeln. Vor einem winzigen Laden für Stoffe, Garn und Knöpfe gießt ein junger Mann Wasser in einen weißen Plastikeimer. Für die Kühe, die hier vorbeikommen.
"Eine Menge Kühe kommen zum Trinken. Deshalb der Eimer. Immer wenn ich Tee mache, fülle ich auch den Eimer."
Auch unsere Kuh senkt ihren Kopf in den Eimer und schlabbert das Wasser in sich hinein. Anket Balashwa geht zurück in seinen Laden, setzt sich auf einen Stuhl, legt die Beine auf den Tresen und nippt an seinem Tee. Eine alte Frau in einem grünen Sari kommt zur Kuh geeilt, holt zwei Rotis aus einer Tüte, kleine Fladenbrote, und hält sie der Kuh hin. Die Kuh hebt den Kopf, umschlingt mit ihrer großen lila Zunge die Brote und kaut bedächtig darauf herum.
Eine Gruppe indischer Frauen berührt ehrfürchtig eine Kuh auf einer Straße im indischen Varanasi.
Eine Gruppe indischer Frauen berührt ehrfürchtig eine Kuh auf einer Straße im indischen Varanasi.© Christian Faesecke

Wer den Kühen hilft, dem helfen die Götter

Die Frau berührt mit ihren Fingerspitzen erst den Kopf der Kuh und dann ihre eigene Stirn, als wolle sie sich segnen. Seit Jahrtausenden gilt die Kuh in der hinduistischen Mythologie als das heiligste Tier. Die Frau murmelt ein kurzes Gebet, verneigt sich vor der Kuh und geht wieder.
"Jeden Tag stellst du Wasser raus oder Fladenbrot, aber niemand möchte mehr tun als das. Deshalb geht's mit Kühen bergab."
Anket Balashwa ist gläubiger Hindu. Der 26-Jährige glaubt, wenn er den Kühen hilft, dann helfen ihm die Götter. Der Kuh wirft er noch einen besorgten Blick hinterher, wie sie über die Straße trottet, und die ewig drängelnden Mopeds, Rikschas und Autos zum Bremsen zwingt.
"Es gibt soviel Verkehr in Delhi. Und wenn die Kühe herumstreunen, gibt es Unfälle."
Von den Gläubigen bekommt sie immer wieder ein Fladenbrot zugeworfen. Von solchen Almosen lebt sie. Tag für Tag.
Interview mit dem Fotografen Christian Faesecke (5:43 min.):
Vor einem breiten Eisentor bleibt die Kuh stehen und schaut durch die Gitterstäbe auf das Gelände dahinter. Unter einem Blechdach stapeln ein paar Arbeiter lange Büschel mit fingerdicken grünen Halmen vor einer Maschine, es duftet nach frischgemähtem Gras. Die Kuh bläht die Nüstern und leckt sich die Lippen. Aber das gehäckselte Grünfutter ist nicht für sie, sondern für die 600 Kühe, die hier in einer Goshalla leben, einem Asyl für Kühe. In langen Reihen stehen sie nebeneinander unter einem einfachen Dach, dicht an dicht, mit kurzen Stricken angebunden an einem langen Futtertrog aus Beton.
30 Familien leben hier auf dem weitläufigen Gelände mit Gärten und Häusern von und mit den Kühen. Eine urtümliche Gemeinschaft mit Kühen als Mittelpunkt. Ein älterer Herr in der traditionellen Kurta, dem handgewebten Langhemd, verteilt faustgroße klebrige Stücke an die Kühe. Alle zwei Wochen kommt Gian Chand Kanjhlia mit den Süßigkeiten hierher, ein rituelles Dankeschön an die Kuh.
"Kühe sind Kultur in Indien. Sie versorgen uns mit Milch. Sie sind wie Mütter, die ihre Kinder füttern."
Lächelnd genießt der 82-Jährige die Freude der Kühe über seinen Besuch. Auch sein Sohn und sein Enkel sind hier und begleiten ihn. Noch nie in seinem Leben haben Kanjhlia oder seine Familie Kuhfleisch gegessen und es scheint ihm unmöglich, sich das auch nur vorzustellen.
"Wie können daran nicht mal denken. Weder die heiligen Schriften, noch die Heiligen, und auch nicht die Familientradition erwähnen das Essen von Kuhfleisch. Die Kuh ist heilig. Aber die Dinge ändern sich. Wandeln sich."
In Indien gibt es viele Religionen, 13 Prozent sind Moslems, und drei Prozent Christen, aber sie verletzen mit ihren Essgewohnheiten die religiösen Gefühle der hinduistischen Mehrheit, und zu der gehört Gian Chand Kanjhlia.
"Das Schlachten von Kühen ist gesetzlich verboten, das Essen von Kuhfleisch ist nicht verboten. Hindus essen kein Kuhfleisch. Andere Gemeinschaften schon, wie Christen oder Moslems. Und manche Leute schlachten Kühe."
Ein Lieferant trägt ein großes Stück Fleisch über einen Gemüsemarkt in Bangladesch.
Ein Lieferant trägt ein großes Stück Fleisch über einen Gemüsemarkt in Bangladesch.© Christian Faesecke
Kanjhlia streicht seinen geliebten Kühen in der Goshalla noch einmal über den Kopf und macht sich mit Sohn und Enkel auf den Heimweg.
An einer mobilen Saftpresse kippt der Verkäufer seine ausgequetschten Orangen auf die Erde, direkt vor die Füße unserer Straßenkuh. Ein feuchtes fruchtiges Festessen. Langsam bummelt sie weiter und kommt zum Eingang des Sanjay Gandhi Animal Care Centres - ein Tierhospital.

In der Tierklinik

Vor dem Tor liegt ein großer Haufen Grünfutter. Gläubige stehen davor und wedeln mit Geldscheinen. Sie kaufen Futter für die Kühe drinnen und unterstützen so die Arbeit von Ambika Shokla, die Managerin der Tierklinik.
"Viele Leute glauben, es ist ihre Bestimmung, ihr Karma, Kühe zu füttern. Also haben wir am Eingang einen Verkaufsstand für Grünfutter gebaut. Viele Leute, die Tiere füttern wollen, kaufen dort das Grünfutter und geben es den Kühen. Das hilft uns sehr."
Ambika Shokla gibt Anweisungen an die Arbeiter, die mit Schaufeln und Besen zwischen den großen Käfigen mit verletzten Katzen, Affen und Enten herumgehen. Dazwischen humpeln Hunde, manche nur auf drei Beinen. In einem offenen Schuppen liegen eine Kuh mit Kopfverband und ein Kälbchen mit einem Gipsbein. Opfer von Verkehrsunfällen.
"Hier kommen sie rein, wenn sie verletzt oder krank sind. Zur Erstbehandlung. Wenn es ihnen besser geht, dann kommen sie in das Gehege an der Ecke und wenn sie ganz gesund sind, geht´s ins große Gehege. Es gibt also drei Stationen."
Aus einer Plastiktüte holt Ambika Shokla eine Birne. Sie beißt Stücke davon ab und schiebt sie dem kranken Kälbchen in den Mund. Es hat Untertemperatur und liegt deshalb in der Sonne. Aber die Verdauung funktioniert schon wieder, Ambika Shokla zeigt auf einen winzigen frischen Kuhfladen hinter dem Kälbchen.
Maneka Gandhi im eleganten rosa Sari ist die Vorsitzende von "People for Animals", der größten Tierschutzorganisation Indiens. Außerdem ist sie eine erfolgreiche Politikerin einer hinduistischen Partei.
Sechsmal war sie Ministerin und hat selbst rigorose Tierschutzgesetze erlassen. Verbittert muss sie mit ansehen, wie der Kuhschutz mit Füßen getreten wird.
"Es gibt 10.000 Schlachthäuser. Legale und illegale. Alle exportieren Rindfleisch. Letztes Jahr waren es 8,6 Millionen Tonnen. Welche Kuh kann das überleben?"
Außerdem werden massenhaft Kühe ins muslimische Nachbarland Bangladesch geschmuggelt, erzählt Maneka Gandhi mit wütendem Blick. Zusammengepfercht auf LKWs oder über die grüne Grenze.
"Über zehn Millionen Kühe werden jedes Jahr nach Bangladesch gebracht. Dort werden sie getötet, gegessen und exportiert. Auf der Regierungswebseite von Bangladesch steht, dass sie über 200.000 Tonnen Rindfleisch exportieren, ohne eine einzige Kuh zu haben."
Manchmal greift Maneka Gandhi selbst mutig ein. Einige der Kühe hier hat sie persönlich von überladenen LKW geholt. Aber die Akteure des Fleischmarkts werden immer dreister, und manche Kuhschmuggler glauben schon, sie seien im Recht.
"Man verklagt uns, weil wir sie stoppen. Unsere Leute gelten als Rowdys und müssen ins Gefängnis. Ich selbst soll 5000 Rupien Strafe zahlen, weil ich Kühe gestohlen haben soll von einem armen kleinen kriminellen Metzger. Er hatte 15 Kühe auf dem Laster. Wenn wir sie schnappen, gibt die Regierung die Kühe nicht uns. Sie verhängt eine Strafe von 100 Rupien und gibt die Kühe in die Obhut eines Metzgers."
Die Arme auf die hölzerne Absperrung gelegt, schaut Maneka Gandhi zu, wie die Kühe sich um das Futter streiten. Viele von ihnen waren Straßenkühe und wurden vor einem frühen Tod gerettet.
"Ich sag ihnen, wie das läuft", sagt Maneka Gandhi. Ihr Gesicht wird ernst. Jedes Jahr verkauft die Stadt Delhi Lizenzen an Firmen, die tote Kühe von den Straßen aufsammeln. Diese Lizenz wird jedes Jahr teurer. Dieses Jahr hat jemand 30 Lakhs, also 3 Millionen Rupien dafür bezahlt, erzählt Maneka Gandhi.
"Dieser Mann, der 3 Millionen dafür zahlt, plus Schmiergeld, wird am Ende 10 Millionen damit verdienen. Weil er darauf wartet, dass jede Nacht eine Kuh stirbt? Und ihm jemand Bescheid sagt, dass er sie abholt und 300 Rupien für ihr Fell kriegt? Nein! Er fährt rum und tötet die Kühe mit vergifteten Süßigkeiten. Keine Kuh überlebt länger als vier Tage, wenn sie auf die Straße geworfen wird."
Der Widerspruch im Umgang mit Kühen, hat sich im modernen Indien dramatisch verschärft, seufzt Maneka Gandhi und streicht sich energisch eine Haarsträhne hinters Ohr, als rüste sie sich für einen Kampf.
"Die Kuh wird gerade mächtig angegriffen. In demselben Land, in dem die Kuh angebetet wird, will man ihre Milch, ihr Fell und ihr Fleisch."
Unsere Straßenkuh bummelt weiter durch die Stadt, immer auf der Suche nach etwas Fressbarem. Auch ein Passant bleibt stehen und mustert die Kuh. Sucht er auch nach Fressbarem? Schätzt er gerade ihr Schlachtgewicht und ihren Marktwert?
Auf dem Kopf transportiert ein Arbeiter ein Dutzend Kuhfelle durch die engen Seitengassen im Zentrum Dhakas. 
Auf dem Kopf transportiert ein Arbeiter ein Dutzend Kuhfelle durch die engen Seitengassen im Zentrum Dhakas. © Christian Faesecke

Krishna soll als Kind unter Kühen aufgewachsen sein

Die Kuh biegt um die Ecke und entschwindet seinem Blick. Sie geht an einem Tempel vorbei. Ein Lautsprecher überträgt die Gesänge aus dem Gebetsraum nach draußen. Drinnen singen und tanzen die Anhänger Krishnas. Lord Krishna ist einer der höchsten hinduistischen Götter und ein großer Freund der Kuh. Der Mythologie zufolge ist er als Kind unter Kühen aufgewachsen.
An den Wänden des Tempels hängen prächtige Bilder: Krishna trinkt Milch aus einem Tonkrug, Krishna spielt Bambusflöte für die Kühe oder Krishna reitet auf einer Kuh in die Schlacht. Deswegen gehören die Anhänger Krishnas traditionell zu den größten Kuhverehrern in Indien.
Und tatsächlich, in einer kleinen Gasse, unweit vom Tempel, kniet ein Mann vor seiner Kuh und massiert ihre Beine. Charan Vaisnava war Softwarehändler in Mumbai, bis er vor fünf Jahren das Krishna-Bewusstsein entdeckt hat und damit die Liebe zur Kuh.
"Mit Worten kann man das nicht beschreiben. Wie beim Meer, da sieht man auch nicht wie viel Wasser drin ist. So ist die Kuh: Unendliche Pracht. In jeder Kuh residieren 330 Millionen Halbgötter. Wenn wir eine Kuh nur besuchen, sehen wir das ganze Universum, kosmische Energien, alles."
Wegen dieser göttlichen Energien lebt Charan Vaisnava in der Nähe des Tempels und hat selbst zwei Kühe. Um sie zu massieren und wegen ihrer Produkte. Mit dem Kuhdung beispielsweise hat er die Wände seines Büros im dritten Stock eines Mietshauses gestrichen, eben ist ein Arbeiter dabei auch den Flur mit verdünnten Kuhfladen zu tünchen.
Charan Vaisnava setzt sich an seinen Schreibtisch und atmet zufrieden ein. Es riecht nach Kuhstall. Der 37-Jährige mit den glatten schwarzen Haaren und dem enggeschnittenen schwarzen Hemd ist der Präsident der Kalpavriksha Foundation. Das ist eine Organisation, die die indischen Kühe retten will. Und zwar indem sie Produkte entwickelt und verkauft, die von indischen Kühen stammen.

Urin von glücklichen Kühen

In der ayurvedischen Medizin gelten solche Kuhprodukte als göttliches Geschenk der Kuh. Charan Vaisnava hält eine schlanke, weiße Flasche hoch. "Water of life" steht auf dem modern gestalteten Etikett, "Wasser des Lebens". In der Flasche ist filtrierter und destillierter Kuhurin. Eines der Spitzenprodukte der "Holy-Cow"-Marke. Enthält 30 gesunde Inhaltstoffe und hilft gegen ebenso viele Beschwerden, sagt Vaisnava und lächelt werbewirksam:
"Es macht glücklich, wenn sie jeden Tag destillierten Kuhurin trinken, verbessert sich ihr ganzer Körperzustand."
Charan Vaisnava stellt die Flasche Kuhurin zurück zu den anderen Produkten. Von allen Etiketten lacht die gleiche "Heilige Kuh", bereit den Weltmarkt zu erobern, und zwar ohne geschlachtet zu werden.
Denn das, sagt Vaisnava und darüber kann er nur mühsam sprechen, das Schlachten von Kühen also, bringt das Universum aus dem Gleichgewicht. Und für die Seele des Schlächters ist es glatter Selbstmord.
"Eine Kuh zu schlachten ist die größte Sünde, die in den Schriften erwähnt wird. Die allergrößte Sünde. Wer eine Kuh tötet, der muss so viele Leben in der Hölle verbringen, wie die Kuh Haare im Fell hat."
Auf dem städtischen Tiermarkt werden in drei weiträumig gepflasterten Höfen - umringt von Baracken und offenen Ställen - Schafe, Ziegen und Büffel gehandelt.
Aus den Lautsprechern scheppert das Abendgebet, eine Sure aus dem Koran, die meisten Händler und Viehtreiber sind Moslems. Es gibt ein paar Futter- und Wassertröge, aber die Tiere sind nicht lange hier. Innerhalb von Stunden werden sie gekauft und verkauft und zum Schlachthof transportiert.
Das eigentliche Geschäft beginnt erst spät abends, wenn der Mond aufgeht. LKW um LKW rollen auf den Hof. Die buntbemalten klapprigen Gefährte kommen aus den umliegenden Bundessstaaten, überladen mit schlachtreifen Tieren. Es ist ein mitleidloses Geschäft, aber ein lohnendes.
Muhid, ein 21-jähriger Viehhändler, sieht zu, wie ein LKW voll übereinander gestapelter Kälbchen entladen wird. Ein halbwüchsiger Arbeiter klappt die Bordwand herunter, die Kälber fallen aufs Pflaster und strampeln mit den gefesselten Beinen. Muhid tritt einen Schritt zurück. Solche Bilder schockieren ihn nicht mehr. Seit er elf ist, arbeitet er auf dem nächtlichen Tiermarkt. Ein Markt, der mächtig gewachsen ist.
"Sehr große Geschäfte. Die Inder wollen Fleisch essen. Büffelfleisch, keine Ziege. So wie die Ausländer. Und wir exportieren in die ganze Welt."
Ein Kalb bricht sich beim Sturz das Genick und verdreht die Augen. Ein Junge - kaum 14 Jahre alt - drückt ihm die Ohren auf die Augen, Muhid winkt einem zweiten Jugendlichen, der zückt ein Messer und durchschneidet die Kehle. Das Fleisch ist jetzt "Halal", also nach den Regeln des Islam geschlachtet. Eine Blutlache breitet sich aus. Die nächsten Kälber purzeln aus dem LKW.
Unsere Straßenkuh lebt noch und hat genug gesehen. Sie wackelt ein wenig mit ihren Ohren und beginnt wiederzukäuen, was sie tagsüber gegessen hat: Fladenbrote, Blumenkohlstrünke und Wischwasser.
Auch die Erinnerungen an den Tag kommen hoch, ein verwirrendes Universum: Menschen, die Kühe mit Süßigkeiten verwöhnen und Menschen, die sie damit vergiften. Menschen, die gebrochene Kuhbeine heilen und manche, die sie brechen. Menschen, deren Lebensaufgabe es ist, Kühe am Leben zu erhalten, und Menschen, die davon leben, sie zu töten. Eine Welt voller Widersprüche. Ein letztes Mal schüttelt sie den Kopf und schläft langsam ein, umbraust vom dichter werdenden Autoverkehr Neu-Delhis.
Autor Gerhard Richter: "Jeder weiß, dass in Indien Kühe heilig sind. Aber kaum einer weiß, dass Handel mit Fleisch in Indien boomt, und dass Indien dabei ist, zur Fleischexportnation Nummer eins aufzusteigen. Das ist ein Milliardengeschäft, und der Sog des Geldes ist so stark, dass auch Kühe geschlachtet werden. Wie das in einem Land zusammengeht, die traditionelle Verehrung der Kuh und das Schlachten, das wollte ich herausfinden."
Gerhard Richter
Gerhard Richter© privat
Fotograf Christian Faesecke: "Die Kuh belastet das Verhältnis zwischen Hindus und Muslimen in Indien. Das Thema der Heiligen Kuh vereint alle Hindus. Damit kann man auch wunderbar Politik machen und von anderen inneren Problemen Indiens ablenken, die ja ohne Zweifel da sind."
Der Fotograf Christian Faesecke
Der Fotograf Christian Faesecke© Arndt Herrmann