Künstler und Kuratoren atmen auf
Kirsten Baumann, Vorstand der Stiftung Historische Museen in Hamburg, will den zukünftigen Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz beim Wort nehmen. Dieser habe versprochen, dass die Kürzungen vom Tisch seien, wenn er regiere.
Katrin Heise: Wenn Hamburg in den vergangenen zwei Jahren überregional mal Kulturschlagzeilen machte, dann ging es um die teure Elbphilharmonie natürlich, um Einsparung, um Schließung, Rücktritte und Proteste. Das Altonaer Museum zum Beispiel, das stand auf der Kippe, Kultursenatorin Karin von Welck warf das Handtuch, ebenso der Intendant des Hamburger Schauspielhauses Friedrich Schirmer. Protest erregten dann die Pläne ums Gängeviertel und die Fantasie, einem Intendanten die Verantwortung gleich für mehrere Theater zu geben. Die Politik machte eine ganz und gar nicht glückliche Figur, nur ein Kulturgipfel in letzter Minute streckte die Einsparungen in die Länge und beruhigte da so ein bisschen die Gemüter. Jetzt sind die politischen Zeichen andere. Aber was bedeuten sie eigentlich? Über ihre Erwartungen sprach ich kurz vor der Sendung mit einer unmittelbar Betroffenen, mit Kirsten Baumann nämlich. Sie ist Vorstand der Historischen Museen Hamburg, dazu gehört auch das Altonaer Museum, und von ihr wollte ich als Erstes wissen, ob sie sich freut aus kulturpolitischer Sicht über das Wahlergebnis?
Kirsten Baumann: Ich glaube, man kann sich darüber freuen, dass es klare Verhältnisse gibt. Und die, hoffe ich ehrlich gesagt, auch auf die Kultur übertragen zu wissen, denn, Sie haben es eben schon angedeutet, eins der größten Probleme war die wenige Verlässlichkeit in der Kulturpolitik in den letzten Jahren.
Heise: Die historischen Museen müssen in den nächsten Jahren 3,5 Millionen Euro einsparen. Gab es denn da schon Zeichen, dass sich daran was ändert?
Baumann: Ja, da gab es auf verschiedenen Veranstaltungen sehr deutliche Zeichen, zuletzt auf dem sogenannten "Wahren Kulturgipfel", der Ende Januar stattgefunden hat auf Einladung der Volksinitiative zur Rettung des Altonaer Museums. Dort hat mir Olaf Scholz quasi in die Hand versprochen, dass diese Kürzungen vom Tisch sind.
Heise: Dass die vom Tisch sind? Das heißt, dass sie nicht nur gestreckt, sondern wirklich vom Tisch sind.
Baumann: Das habe ich so verstanden.
Heise: Und er hat ja gestern mehrfach auf seinem Siegeszug gesagt, dass er dafür steht, dass er Versprechen hält. Geld drucken allerdings kann die SPD auch nicht!
Baumann: Geld ist ein Problem, Geld drucken kann die SPD natürlich auch nicht, aber Geld ist nur eins von vielen Problemen. Und die anderen Probleme, die ich vielleicht in Kürze ansprechen kann, sind eben, dass uns auf der anderen Seite in der Kulturpolitik in den letzten Jahren hier ein verlässliches Gegenüber, ein professionelles Gegenüber gefehlt hat in weiten Teilen. Jemand, mit dem man wirklich Zukunftspläne entwickeln kann, wo man sich an den Tisch setzen kann und mal darüber nachdenken, wie sich eigentlich zum Beispiel die Museumsszene insgesamt entwickeln kann und sollte, eine Planbarkeit, eine Zuverlässigkeit, eine Professionalität, auch Vertrauen auf der anderen Seite, und auch eine Leidenschaft für die Sache natürlich.
Heise: Die haben Sie weder bei Frau von Welck noch bei ihrem Nachfolger Stuth erlebt?
Baumann: Also die Leidenschaft war bei Frau von Welck sicherlich da. Ich denke nur, dass sie sehr zu leiden gehabt hat unter der Elbphilharmonie, und ich glaube auch, dass die Zusammenlegung der verschiedenen Ressorts, also noch den Sport mit zur Kultur zu holen, nicht besonders glücklich war und insgesamt diesem Ressort nicht gutgetan hat.
Heise: Das heißt, da erwarten Sie auch Veränderung, wieder mehr den Fokus zu setzen auf die Kultur?
Baumann: Das ist im letzten Jahr schon passiert, der Sport ist aus dieser Behörde schon ausgegliedert worden und ich hoffe eigentlich auch, dass es so bleibt. Olaf Scholz hat auf dieser Veranstaltung Ende Januar auch versprochen, dass das Kulturressort ein eigenes bleiben würde. Also da würde ich ihn auch gerne beim Wort nehmen.
Heise: Ein eigenes, und nicht mit Wissenschaft beispielsweise vermischt? Denn wenn wir jetzt mal zu den Namen kämen, die Ohren in die Gerüchteküche stecken, da wird ja beispielsweise Dorothee Stapelfeldt, das ist die kultur- und wissenschaftspolitische Sprecherin der SPD, genannt.
Baumann: Also bislang habe ich keine Zeichen aus der SPD, dass es hier um eine Zusammenlegung gehen soll. Insofern gehe ich tatsächlich davon aus, dass man sich jetzt auf die Suche nach einem Kultursenator oder einer Kultursenatorin begibt, der oder die auch tatsächlich Zeichen setzen kann für die Zukunft hier in der Kulturszene in Hamburg.
Heise: Welche Zeichen würden Sie sich denn da am liebsten wünschen? Sie wollen zwar, Sie sagen auch, das Geld ist nicht alles, aber das Geld ist ja doch ein großer Teil, und die Elbphilharmonie, über die Frau von Welck – ja, gestolpert ist, das wäre vielleicht ein bisschen wenig gesagt, sie ist ja auch nicht ganz unschuldig daran –, die ist ja nicht wegzudiskutieren und die Kosten explodieren weiter.
Baumann: Ich würde die Diskussion aber nicht so auf die Elbphilharmonie fokussieren und ich möchte auch nicht, dass die Kulturprojekte gegeneinander ausgespielt werden. Ich persönlich bin eigentlich durchaus eine Freundin dieses Projektes Elbphilharmonie. Über die Durchführung brauchen wir gar nicht zu reden, aber grundsätzlich denke ich, dass es eine richtige Entscheidung ist, an einer Stelle hier auch mal, ich sag mal, zu protzen, zu klotzen und nicht zu kleckern. Das würde ich mir tatsächlich in anderen Bereichen auch wünschen. Aber wenn wir über Kultur reden, reden wir immer über vergleichsweise kleine Summen. Auch wenn wir über kleine Millionenbeträge reden, sind das im Vergleich zu anderen Ressorts immer sehr, sehr kleine Summen. Und ich denke, hier sollte eine Offenheit da sein, doch noch mal über bestimmte Aufstockung, Verschiebung, wie auch immer zu diskutieren. Und wichtig wäre mir, dass sich die Kulturszene hier nicht auseinanderdividieren lässt, sondern dass wir zusammenstehen und für einen Paradigmenwechsel auch in der Kulturpolitik in der Hansestadt kämpfen.
Heise: Nach der Bürgerschaftswahl in Hamburg macht sich Kirsten Baumann, die Vorsitzende der Historischen Museen in Hamburg, neue Hoffnung für die Kultur. Frau Baumann, beklagt wird in Hamburg aber mehr eigentlich, nämlich dass die Kreativität, die Kreativen abwandern. Was erwarten Sie auch von den kulturellen Einrichtungen, das zu verändern?
Baumann: Ich weiß nicht, ob die kulturellen Einrichtungen das tatsächlich ändern können. Denn Kreative werden in einer Stadt gehalten nicht unbedingt von der institutionellen Kultur, sondern die Kreativen leben eigentlich von der Atmosphäre in der Stadt, von einer innovativen, kreativen Atmosphäre in der Stadt. Sie leben davon und sie prägen sie mit. Und hier, glaube ich, müsste sich auch in den nächsten Jahren was tun. Wie allerdings die Politik da konkret eingreifen kann, weiß ich auch noch nicht. Ich denke, dass wir alle hier etwas offener werden müssen, dass die Gesellschaft stärker eingebunden werden muss in die Kreativszene, auch in die institutionelle Kulturszene, dass wir stärker auf partizipative Projekte setzen müssen und dass sich dadurch grundsätzlich in der Kulturatmosphäre der Stadt etwas verändern sollte.
Heise: Auch die Historischen Museen Hamburg, für die Sie ja verantwortlich zeichnen, müssen sich von innen heraus reformieren, das hatten Sie ja auch schon angekündigt. Fällt das jetzt leichter unter SPD?
Baumann: Ich hoffe, dass ich auf der anderen Seite Ansprechpartner bekomme, die diese Reform einfach leichter und durchsetzbarer machen.
Heise: Welche Zeichen sehen Sie da oder haben Sie dazu bekommen für diese Hoffnung?
Baumann: Da habe ich im Moment eigentlich nur das Wort von Olaf Scholz, und da würde ich ihn auch ganz gern beim Wort nehmen.
Heise: Wie haben nun Ihrer Meinung nach die kulturpolitischen Ereignisse des vergangenen Jahres, vielleicht auch die Bürgerschaftswahl vom Wochenende beeinflusst? Oder haben sie das nicht getan?
Baumann: Doch, das haben Sie glaube ich schon getan, das haben sie im Vorfeld schon getan, denn die Diskussion erst mal ums Gängeviertel hat die Gesellschaft einfach offen gemacht für Diskussionen über Kultur, im Bereich Kultur, haben auch gezeigt, wie groß das Engagement der Bürgerinnen und Bürger ist in diesen Dingen, und haben, glaube ich, dann auch ein bisschen den Weg bereitet für die Diskussion um die Schließung des Altonaer Museums. Da war schon eine Offenheit da in der Bevölkerung, und dann zu sehen, oh, hoppla, hier macht die Politik tatsächlich eins unserer Herzstücke kaputt mal eben mit einem Federstrich, das geht so nicht. Und die Altonaer Kollegen haben es ja geschafft in wirklich ganz kurzer Zeit 75.000 Unterschriften gegen die Schließung zusammenzutragen. Das finde ich wirklich ganz bemerkenswert, und zeigt auch, und das gibt mir auch die Hoffnung, hier weiter zu kämpfen für diese Kultur, zeigt mir einfach das große Engagement, die Identifikation der Bevölkerung mit den Museen, ja dass es hier einfach eine große Anteilnahme auch gibt, wirklich eine große Verbundenheit.
Heise: Haben Sie das Gefühl, dass durch diese kulturpolitischen Ereignisse, die ich aufgezählt hatte und die Sie auch angesprochen haben, die Hamburger erst den Wert ihrer Kultureinrichtungen, der Kultur überhaupt wieder erkannt haben, oder war diese Sympathie und auch das Dafürkämpfen, das Einstehen dafür von vornherein gegeben?
Baumann: Ach, das ist ja leider oft so, dass man erst merkt, was einem fehlt, wenn es droht verlorenzugehen. Und möglicherweise ist das in diesem Fall auch so gewesen, dass man vielleicht jetzt nicht jeden Monat ins Museum geht, aber wenn es dann geschlossen werden soll, dann merkt man, oh das geht aber nicht, ich möchte auch gerne, dass meine Kinder und meine Enkel noch weiter in dieses Museum gehen können sollen. Es sind ja einfach Orte der kulturellen Identifikation, hier wird die Vergangenheit vermittelbar gemacht, wir sind sozusagen die Hüter der Hamburger Kultur hier in den Historischen Museen, und dass viele wirklich gemerkt haben: Wenn das in Gefahr ist, dann ist auch die kulturelle Identität der Stadt in Gefahr.
Heise: Olaf Scholz, der die SPD ja doch ziemlich hinter sich wieder geeint hat, steht allerdings noch eher für Pragmatismus und wirtschaftliche Themen. Wünschen Sie sich von daher jemand für die Kultur ganz von außen?
Baumann: Das könnte ich mir sehr gut vorstellen. Also was die Kulturszene angeht, ist ja das Personaltableau der SPD hier in Hamburg nicht so dick, und ich würde mich durchaus freuen, wenn jemand von außen kommt, vor allen Dingen auch, weil jemand von außen vielleicht die Wertschätzung eher mitbringt für die Kultur, weil man doch mit einem Außenblick auf die Dinge etwas, ja eben etwas distanzierter in jeder Hinsicht betrachten kann und vielleicht auch die Gewichtung etwas anders setzen kann.
Heise: Sagt Kirsten Baumann, Vorstand der Historischen Museen Hamburg. Sie hofft also auf Verlässlichkeit und ein besseres kulturelles Klima in Hamburg unter SPD-Regierung, Olaf Scholz wird sie an seinem Wort messen.
Links bei dradio.de:
Hamburger Parteien positionieren sich neu -
Schon werden neue Namen als mögliche Ahlhaus-Nachfolge laut
Kirsten Baumann: Ich glaube, man kann sich darüber freuen, dass es klare Verhältnisse gibt. Und die, hoffe ich ehrlich gesagt, auch auf die Kultur übertragen zu wissen, denn, Sie haben es eben schon angedeutet, eins der größten Probleme war die wenige Verlässlichkeit in der Kulturpolitik in den letzten Jahren.
Heise: Die historischen Museen müssen in den nächsten Jahren 3,5 Millionen Euro einsparen. Gab es denn da schon Zeichen, dass sich daran was ändert?
Baumann: Ja, da gab es auf verschiedenen Veranstaltungen sehr deutliche Zeichen, zuletzt auf dem sogenannten "Wahren Kulturgipfel", der Ende Januar stattgefunden hat auf Einladung der Volksinitiative zur Rettung des Altonaer Museums. Dort hat mir Olaf Scholz quasi in die Hand versprochen, dass diese Kürzungen vom Tisch sind.
Heise: Dass die vom Tisch sind? Das heißt, dass sie nicht nur gestreckt, sondern wirklich vom Tisch sind.
Baumann: Das habe ich so verstanden.
Heise: Und er hat ja gestern mehrfach auf seinem Siegeszug gesagt, dass er dafür steht, dass er Versprechen hält. Geld drucken allerdings kann die SPD auch nicht!
Baumann: Geld ist ein Problem, Geld drucken kann die SPD natürlich auch nicht, aber Geld ist nur eins von vielen Problemen. Und die anderen Probleme, die ich vielleicht in Kürze ansprechen kann, sind eben, dass uns auf der anderen Seite in der Kulturpolitik in den letzten Jahren hier ein verlässliches Gegenüber, ein professionelles Gegenüber gefehlt hat in weiten Teilen. Jemand, mit dem man wirklich Zukunftspläne entwickeln kann, wo man sich an den Tisch setzen kann und mal darüber nachdenken, wie sich eigentlich zum Beispiel die Museumsszene insgesamt entwickeln kann und sollte, eine Planbarkeit, eine Zuverlässigkeit, eine Professionalität, auch Vertrauen auf der anderen Seite, und auch eine Leidenschaft für die Sache natürlich.
Heise: Die haben Sie weder bei Frau von Welck noch bei ihrem Nachfolger Stuth erlebt?
Baumann: Also die Leidenschaft war bei Frau von Welck sicherlich da. Ich denke nur, dass sie sehr zu leiden gehabt hat unter der Elbphilharmonie, und ich glaube auch, dass die Zusammenlegung der verschiedenen Ressorts, also noch den Sport mit zur Kultur zu holen, nicht besonders glücklich war und insgesamt diesem Ressort nicht gutgetan hat.
Heise: Das heißt, da erwarten Sie auch Veränderung, wieder mehr den Fokus zu setzen auf die Kultur?
Baumann: Das ist im letzten Jahr schon passiert, der Sport ist aus dieser Behörde schon ausgegliedert worden und ich hoffe eigentlich auch, dass es so bleibt. Olaf Scholz hat auf dieser Veranstaltung Ende Januar auch versprochen, dass das Kulturressort ein eigenes bleiben würde. Also da würde ich ihn auch gerne beim Wort nehmen.
Heise: Ein eigenes, und nicht mit Wissenschaft beispielsweise vermischt? Denn wenn wir jetzt mal zu den Namen kämen, die Ohren in die Gerüchteküche stecken, da wird ja beispielsweise Dorothee Stapelfeldt, das ist die kultur- und wissenschaftspolitische Sprecherin der SPD, genannt.
Baumann: Also bislang habe ich keine Zeichen aus der SPD, dass es hier um eine Zusammenlegung gehen soll. Insofern gehe ich tatsächlich davon aus, dass man sich jetzt auf die Suche nach einem Kultursenator oder einer Kultursenatorin begibt, der oder die auch tatsächlich Zeichen setzen kann für die Zukunft hier in der Kulturszene in Hamburg.
Heise: Welche Zeichen würden Sie sich denn da am liebsten wünschen? Sie wollen zwar, Sie sagen auch, das Geld ist nicht alles, aber das Geld ist ja doch ein großer Teil, und die Elbphilharmonie, über die Frau von Welck – ja, gestolpert ist, das wäre vielleicht ein bisschen wenig gesagt, sie ist ja auch nicht ganz unschuldig daran –, die ist ja nicht wegzudiskutieren und die Kosten explodieren weiter.
Baumann: Ich würde die Diskussion aber nicht so auf die Elbphilharmonie fokussieren und ich möchte auch nicht, dass die Kulturprojekte gegeneinander ausgespielt werden. Ich persönlich bin eigentlich durchaus eine Freundin dieses Projektes Elbphilharmonie. Über die Durchführung brauchen wir gar nicht zu reden, aber grundsätzlich denke ich, dass es eine richtige Entscheidung ist, an einer Stelle hier auch mal, ich sag mal, zu protzen, zu klotzen und nicht zu kleckern. Das würde ich mir tatsächlich in anderen Bereichen auch wünschen. Aber wenn wir über Kultur reden, reden wir immer über vergleichsweise kleine Summen. Auch wenn wir über kleine Millionenbeträge reden, sind das im Vergleich zu anderen Ressorts immer sehr, sehr kleine Summen. Und ich denke, hier sollte eine Offenheit da sein, doch noch mal über bestimmte Aufstockung, Verschiebung, wie auch immer zu diskutieren. Und wichtig wäre mir, dass sich die Kulturszene hier nicht auseinanderdividieren lässt, sondern dass wir zusammenstehen und für einen Paradigmenwechsel auch in der Kulturpolitik in der Hansestadt kämpfen.
Heise: Nach der Bürgerschaftswahl in Hamburg macht sich Kirsten Baumann, die Vorsitzende der Historischen Museen in Hamburg, neue Hoffnung für die Kultur. Frau Baumann, beklagt wird in Hamburg aber mehr eigentlich, nämlich dass die Kreativität, die Kreativen abwandern. Was erwarten Sie auch von den kulturellen Einrichtungen, das zu verändern?
Baumann: Ich weiß nicht, ob die kulturellen Einrichtungen das tatsächlich ändern können. Denn Kreative werden in einer Stadt gehalten nicht unbedingt von der institutionellen Kultur, sondern die Kreativen leben eigentlich von der Atmosphäre in der Stadt, von einer innovativen, kreativen Atmosphäre in der Stadt. Sie leben davon und sie prägen sie mit. Und hier, glaube ich, müsste sich auch in den nächsten Jahren was tun. Wie allerdings die Politik da konkret eingreifen kann, weiß ich auch noch nicht. Ich denke, dass wir alle hier etwas offener werden müssen, dass die Gesellschaft stärker eingebunden werden muss in die Kreativszene, auch in die institutionelle Kulturszene, dass wir stärker auf partizipative Projekte setzen müssen und dass sich dadurch grundsätzlich in der Kulturatmosphäre der Stadt etwas verändern sollte.
Heise: Auch die Historischen Museen Hamburg, für die Sie ja verantwortlich zeichnen, müssen sich von innen heraus reformieren, das hatten Sie ja auch schon angekündigt. Fällt das jetzt leichter unter SPD?
Baumann: Ich hoffe, dass ich auf der anderen Seite Ansprechpartner bekomme, die diese Reform einfach leichter und durchsetzbarer machen.
Heise: Welche Zeichen sehen Sie da oder haben Sie dazu bekommen für diese Hoffnung?
Baumann: Da habe ich im Moment eigentlich nur das Wort von Olaf Scholz, und da würde ich ihn auch ganz gern beim Wort nehmen.
Heise: Wie haben nun Ihrer Meinung nach die kulturpolitischen Ereignisse des vergangenen Jahres, vielleicht auch die Bürgerschaftswahl vom Wochenende beeinflusst? Oder haben sie das nicht getan?
Baumann: Doch, das haben Sie glaube ich schon getan, das haben sie im Vorfeld schon getan, denn die Diskussion erst mal ums Gängeviertel hat die Gesellschaft einfach offen gemacht für Diskussionen über Kultur, im Bereich Kultur, haben auch gezeigt, wie groß das Engagement der Bürgerinnen und Bürger ist in diesen Dingen, und haben, glaube ich, dann auch ein bisschen den Weg bereitet für die Diskussion um die Schließung des Altonaer Museums. Da war schon eine Offenheit da in der Bevölkerung, und dann zu sehen, oh, hoppla, hier macht die Politik tatsächlich eins unserer Herzstücke kaputt mal eben mit einem Federstrich, das geht so nicht. Und die Altonaer Kollegen haben es ja geschafft in wirklich ganz kurzer Zeit 75.000 Unterschriften gegen die Schließung zusammenzutragen. Das finde ich wirklich ganz bemerkenswert, und zeigt auch, und das gibt mir auch die Hoffnung, hier weiter zu kämpfen für diese Kultur, zeigt mir einfach das große Engagement, die Identifikation der Bevölkerung mit den Museen, ja dass es hier einfach eine große Anteilnahme auch gibt, wirklich eine große Verbundenheit.
Heise: Haben Sie das Gefühl, dass durch diese kulturpolitischen Ereignisse, die ich aufgezählt hatte und die Sie auch angesprochen haben, die Hamburger erst den Wert ihrer Kultureinrichtungen, der Kultur überhaupt wieder erkannt haben, oder war diese Sympathie und auch das Dafürkämpfen, das Einstehen dafür von vornherein gegeben?
Baumann: Ach, das ist ja leider oft so, dass man erst merkt, was einem fehlt, wenn es droht verlorenzugehen. Und möglicherweise ist das in diesem Fall auch so gewesen, dass man vielleicht jetzt nicht jeden Monat ins Museum geht, aber wenn es dann geschlossen werden soll, dann merkt man, oh das geht aber nicht, ich möchte auch gerne, dass meine Kinder und meine Enkel noch weiter in dieses Museum gehen können sollen. Es sind ja einfach Orte der kulturellen Identifikation, hier wird die Vergangenheit vermittelbar gemacht, wir sind sozusagen die Hüter der Hamburger Kultur hier in den Historischen Museen, und dass viele wirklich gemerkt haben: Wenn das in Gefahr ist, dann ist auch die kulturelle Identität der Stadt in Gefahr.
Heise: Olaf Scholz, der die SPD ja doch ziemlich hinter sich wieder geeint hat, steht allerdings noch eher für Pragmatismus und wirtschaftliche Themen. Wünschen Sie sich von daher jemand für die Kultur ganz von außen?
Baumann: Das könnte ich mir sehr gut vorstellen. Also was die Kulturszene angeht, ist ja das Personaltableau der SPD hier in Hamburg nicht so dick, und ich würde mich durchaus freuen, wenn jemand von außen kommt, vor allen Dingen auch, weil jemand von außen vielleicht die Wertschätzung eher mitbringt für die Kultur, weil man doch mit einem Außenblick auf die Dinge etwas, ja eben etwas distanzierter in jeder Hinsicht betrachten kann und vielleicht auch die Gewichtung etwas anders setzen kann.
Heise: Sagt Kirsten Baumann, Vorstand der Historischen Museen Hamburg. Sie hofft also auf Verlässlichkeit und ein besseres kulturelles Klima in Hamburg unter SPD-Regierung, Olaf Scholz wird sie an seinem Wort messen.
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