„Mit dem Tanz habe ich meinen Körper zurückerobert“
Elisabeth Löffler blieb auf dem Weg in die Welt stecken. Seitdem muss die Wienerin ihre Bewegungs-, Lebens- und Liebeslust gegen Zuschreibungen der Minderwertigkeit verteidigen. Auf der Bühne erzählt die heute 49-Jährige so komödiantisch von sich, dass ihr Publikum vor Lachen weint.
Elisabeth Löffler ist von Geburt an gehbehindert. Ein Rollstuhl und sechs persönliche Assistentinnen unterstützen sie dabei, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Die Assistentinnen arbeiten nach einem durchgetakteten Dienstplan, denn Elisabeth Löfflers Tage sind reich gefüllt: Sie ist Lebens- und Sexualberaterin und steht als Schauspielerin und Performance-Künstlerin auf der Bühne.
Im Alltag sei es mitunter schwierig, nie spontane Entscheidungen treffen zu können, erzählt Elisabeth Löffler. "Mit einer persönlichen Assistenz zu leben bedeutet im Alltag sehr organisiert zu sein. Es ist nicht so viel Platz für Spontaneität, aber dafür ist Platz für das, was ich will und brauche und selber gern mache."
Tanzen - "wie wenn Hunde auf der Wiese spielen"
Die Spontaneität, die ihr im Alltag fehle, erlebe sie dafür aber als Künstlerin. Das Tanzen habe ihr Leben verändert, sagt Elisabeth Löffler. Bis sie das Tanzen entdeckt habe, sei ihr Körper immer negativ behaftet gewesen: "Alle wollten dauernd, dass er anders, dass er besser ist, dass er gehen kann. Mit dem Tanz habe ich meinen Körper wieder für mich gewonnen, zurückerobert."
Das Tanzen entdeckte Elisabeth Löffler bei einem Workshop der zeitgenössischen Tanzform "contact improvisation". Diese von dem Choreographen und Tänzer Steve Paxton entwickelte Tanzform lässt viel Raum für Individualität. Elisabeth Löffler beschreibt "contact improvisation" so:
"Es geht um den Kontakt zwischen zwei oder mehreren Körpern, ums Geben und Nehmen von Gewicht, um Lehnen, um Balance. Das ist eine zeitgenössische Tanzform die eigentlich nicht nur im Rollstuhl passiert. Der Rollstuhl ist ein Hilfsmittel oder Körperteil oder nicht, genauso wie Arme und Beine. Wenn ich es Leuten erklären müsste, die nicht viel mit Tanz zu tun haben, würde ich sagen, es ist, wie wenn Hunde auf der Wiese spielen."
Lebens- und Sexualberaterin von Frauen mit Behinderung
In ihrer Arbeit als Lebens- und Sexualberaterin von Frauen mit Behinderung unterstützt Elisabeth Löffler Frauen dabei, so zu leben, wie sie es wollen. "Als Frau mit Behinderung wird man sehr, sehr schwer und sehr, sehr spät als Frau wahrgenommen, sondern immer zuerst über die Behinderung. Mich interessiert, wie ich als Frau wahrgenommen werden kann und wie ich andere Frauen dabei unterstützen kann, ihr Frau-Sein zu entdecken, zu leben und erleben."
Elisabeth Löffler war 39 Jahre alt, als ihre Tochter Lioba geboren wurde. Mutter zu sein, sei einer ihrer großen Träume gewesen, sagt sie. Schon mit 17 habe sie gewusst, dass sie ein Kind bekommen wolle. Die Schwangerschaft habe sie "ganz heimlich" angebahnt, denn sie war sich sicher, dass andere ihr ihren Wunsch nach einem Kind würden ausreden wollen. "Erst als ich schwanger war, habe ich es weitererzählt." Ihre Großfamilie am Stadtrand von Wien liebt Elisabeth Löffler zwar sehr, aber die Unabhängigkeit in ihrer Wohnung im Innenstadt-Bezirk ist ihr heilig. Zurzeit begeistert die Schauspielerin ihr Publikum mit der Sit-Down-Comedy "Fix me if you can".