Künstlerin und Autorin Madame Nielsen

"Ich werde den Nobelpreis erst noch bekommen"

32:58 Minuten
Die Performerin, Schauspielerin und Autorin Madame Nielsen zu Gast in der Sendung Kölner Treff im WDR Fernsehen am 17.01.2020.
Die Performerin, Schauspielerin und Autorin Madame Nielsen © imago images / Sven Simon
Moderation: Britta Bürger |
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Geboren wurde sie in Dänemark als Claus Beck Nielsen. Nach einer symbolischen Beerdigung ihres alten Ichs wurde sie zu Madame Nielsen. Die Allround-Künstlerin macht Musik, Theater und schreibt - inzwischen gelegentlich sogar auf Deutsch.
In ihrem Ausweis steht "Lou Camille Nielsen". Aber diesen Namen benutzt sie eigentlich kaum. Madame Nielsen, diese Bezeichnung passt der Künstlerin und Autorin am besten.
Welche Aussage, oder vielleicht auch Ansage sich hinter dem Namen verbirgt, wäre leicht erklärt, meint Madame Nielsen: "Das ist, weil ich als Madame Nielsen in Paris geboren bin. Ich kam 2013 zur Welt."

"Das Leben ist eine ständige Verwandlung"

Das muss man wohl erklären: Denn geboren wurde sie 1963 im dänischen Aalborg, allerdings als Claus Beck Nielsen. Vor sieben Jahren folgte seine symbolische Beerdigung, seither gibt es Madame Nielsen.
"Das Leben ist ja eine ständige Verwandlung", erklärt sie. "Ich wollte der Menschheit zeigen, du kannst deine Identität ablegen und ein anderer werden, das ist möglich." Für die Künstlerin, das betont sie immer wieder, ist das kein Spiel, "sondern sehr ernst".
Woher dieser Impuls komme, Identitäten wechseln zu wollen, sich möglichst nicht festzulegen, das wisse sie nicht. An einem besonders strengen Elternhaus habe es nicht gelegen. "Ich konnte alles machen. Das war keine militärische Erziehung in meiner Kindheit."

Zu Hause gab es keine Bücher

Das Verhältnis zu ihrem Vater sei allerdings nicht immer einfach gewesen. Immerhin, gemeinsam hatten beide ein Ritual: Fußball gucken. "Irgendeinen Tag hat er vergessen den Fernseher auszumachen. Und dann kam das Samstagskonzert. Da war der rumänische Dirigent Sergiu Celibidache, es war magisch. Ich habe eine völlig andere Welt gesehen. Und dann fing es bei mir mit der Musik an", erzählt Madame Nielsen.
Zu Hause, da habe es keine Bücher, keine Literatur gegeben. Vom Vater habe er sich gewünscht, "dass er Sergiu Celibidache gewesen wäre und zu mir gesagt hätte: ‚Du sollst fünf Stunden pro Tag Geige spielen, Philosophie lesen, Kunstgeschichte lesen, und die Politik erforschen.‘ Aber das hat er nicht. Er mochte gern Sport."
Vor kurzem ist der Vater gestorben. Madame Nielsen hat das "problematische" Verhältnis zu ihm, seinen Tod, auf ihre Weise aufgearbeitet. Sie schrieb darüber.
Als Autorin wurde Madame Nielsen vor allem mit ihrem Roman "Der endlose Sommer" bekannt, der 2018 auch auf Deutsch erschien. Seit einem Jahr lebt die Autorin nun als Stipendiatin des Berliner Künstlerprogramms des DAAD in der Hauptstadt.

"Auch mit Menschen reden, die man nicht versteht"

Das Stipendium ist an eine Altbauwohnung in Berlin-Charlottenburg gebunden, namenhafte Autoren waren schon vor ihr da, Susan Sontag, oder auch Imre Kertész. "Viele haben schon den Nobelpreis bekommen. Ich werde den Nobelpreis erst noch bekommen", sagt Madame Nielsen selbstbewusst.
In diesem einen Jahr hat sie Berlin vor allem zu Fuß erlaufen. "Ich war überall. Ich muss ja alles sehen und mir die Menschen anschauen, mit den Menschen sprechen. Ich bin ja auch Anthropologin", erklärt sie. Irgendwann soll daraus ein Roman werden.

Für immer in Berlin bleiben

Für ihre Projekte hat Madame Nielsen, vor ihrer Zeit in Berlin, auch mit Marc Jongen von der AfD gesprochen, oder mit Vertretern der "Identitären". Das irritierte viele. Die Autorin sagt dazu: "Man muss auch die Menschen, die man vielleicht nicht versteht, mit denen man nicht einig ist, man muss sich mit denen auseinandersetzen. Weil, nur dadurch erkennt man, wer bin ich und wer bist du."
Auch wenn das Jahr in Berlin bald zu Ende geht, Madame Nielsen möchte eigentlich bleiben. "Ich hoffe, dass jemand eine kleine Wohnung in Charlottenburg oder nicht so weit draußen in Berlin hat. So dass ich diese Wohnung für den Rest meines Lebens mieten kann."
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