Künstlerinnen Kollektiv LASTESIS

Feministischer Straßenprotest mit kathartischer Wirkung

12:17 Minuten
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Das Kollektiv LASTESIS ist inzwischen weltweit bekannt - es ist gerade in Berlin, um auch in Deutschland männliche Gewalt anzuprangern. © Sebastián Leiva Arias
Moderation: Gesa Ufer |
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Die Performance "Un violador en tu camino" des chilenischen Künstlerinnenkollektivs LASTESIS prangert wütend das Patriarchat an. Eine Diskussion mit den Feministinnen in Berlin wird nun wegen des Coronavirus ins Internet verlegt.
Es ist ein Aufschrei der Frauen – nicht nur in Chile. Die Performance "Un violador en tu camino" (Ein Vergewaltiger auf deinem Weg) des Frauenkollektivs LASTESIS thematisiert die Gewalt gegen Frauen und richtet sich gegen den täglichen Femizid.
Weltweit wurde die Choreografie inzwischen nachgestellt – ob in Santiago de Chile, London oder auch in Berlin. Dort sind LASTESIS an das Theater Hebbel am Ufer eingeladen. Die Gruppe wird am Mittwoch bei der Veranstaltung "El estado opresor es un macho violador – Von Chile über Indien bis Deutschland – Geschichten von Frauen und Gewalt" auftreten.

Performance bei der Massenkundgebung

Die Künstlerinnen des Kollektivs - Daffne Valdés, Paula Cometa, Sibila Sotomayor und Lea Cáceres - begeistern vor allem junge Frauen für feministische Anliegen. Zum ersten Mal wurde "Un violador en tu camino" am 20. November in ihrer Heimatstadt Valparaíso öffentlich gezeigt, fünf Tage später folgte ein Auftritt in der Hauptstadt Santiago de Chile bei einer Massenkundgebung.
Im Internet verbreitete sich der wütende, von der feministischen Anthropologin Rita Segato inspirierte Protest schnell; die Performance wurde zu einer weltweit adaptierten Bewegung. Dabei werden alle patriarchalen Strukturen, ob in Behörden oder Medien, angeprangert, die dazu beitragen, dass Gewalt an Frauen verharmlost oder schlicht ignoriert wird.

Erfahrungen von Gewalt

Vor allem in den Medien werde nach Rechtfertigungen und Gründen gesucht, warum Vergewaltigungs- oder Mordopfer durch ihr Verhalten die Tat "verdient" hätten, sagt Sibila Sotomayor von LASTESIS. Die Performance sei über alle Ländergrenzen hinweg so erfolgreich, weil die patriarchalen Strukturen weltweit existierten. Das berichtet die Kulturjournalistin Christiane Habermalz.
Gleichzeitig komme es bei den Frauen, die sich der Choreografie anschlössen, "zu einer Form der Katharsis". Denn alle hätten schon Gewalt und das Gefühl der Ohnmacht erfahren, so Sotomayor.

Das Patriarchat ist ein Richter
Der uns verurteilt, weil wir geboren wurden
Und unsere Strafe
Ist die Gewalt, die du nicht siehst.

Das Patriarchat ist ein Richter
Der uns verurteilt, weil wir geboren wurden
Und unsere Strafe
Ist die Gewalt, die du jetzt siehst

Der Femizid
Ist für den Mörder straffrei
So ist es das Verschwinden
Und die Vergewaltigung

Und es war nicht meine Schuld, nicht der Ort, an dem ich war, nicht das, was ich anhatte
Und es war nicht meine Schuld, nicht der Ort, an dem ich war, nicht das, was ich anhatte
Und es war nicht meine Schuld, nicht der Ort, an dem ich war, nicht das, was ich anhatte
Und es war nicht meine Schuld, nicht der Ort, an dem ich war, nicht das, was ich anhatte

Der Vergewaltiger warst du
Der Vergewaltiger bist du

Es sind die Polizisten
Die Richter
Der Staat
Der Präsident

Der unterdrückende Staat ist ein vergewaltigender Macho
Der unterdrückende Staat ist ein vergewaltigender Macho

Der Vergewaltiger warst du
Der Vergewaltiger bist du

Schlaf in Ruhe, unschuldiges Mädchen
Ohne dich um die Straßenräuber zu sorgen
Über deine süßen Träume
Wacht dein geliebter Polizist

Der Vergewaltiger bist du
Der Vergewaltiger bist du
Der Vergewaltiger bist du
Der Vergewaltiger bist du

Im HAU werden die Mitglieder des Kollektivs nun am Mittwoch anlässlich der Buchpräsentation "AktenEinsicht. Geschichten von Frauen und Gewalt" mit der Autorin und Familienrechtsanwältin Christina Clemm und der indischen Frauenrechtlerin Prasanna Gettu über Gewalt gegen Frauen, Rechtsprechung und Widerstandsformen diskutieren.
Am Freitag, 13. März, ist zudem ein Workshop mit LASTESIS über die Lage des Feminismus unter den aktuellen Vorzeichen der Proteste in Chile geplant.

Diskussion und Performance im Stream

Die heutige Veranstaltung wird wegen des Coronavirus allerdings nicht vor Publikum stattfinden, sondern im Internet gestreamt. Dies sei die Alternative dazu gewesen, den Abend abzusagen, so HAU-Intendantin Annemie Vanackere.
"Un violador en tu camino" sei so stark, dass selbst, wenn man sich die Performance im Internet anschaue, diese "aus dem Bildschirm heraus springt", unterstreicht Vanackere. Sie sei erleichtert, "diese tolle Gruppe aus Chile doch noch mit dem Publikum verknüpfen zu können".
(rzr)
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