858 Stunden Arabischer Frühling
2011 gingen die Menschen in Ägypten zu Hunderttausenden auf die Straße, um das Mubarak-Regime System zu stürzen. Von diesem Neubeginn ist wenig übrig geblieben. Das Künstlerkollektiv Mosireen hat Videos von damals gesammelt und ins Netz gestellt: Damit niemand vergisst, um was es immer noch geht.
Dramatische Dokumente des arabischen Frühlings in Ägypten: Auf dem Tahrir-Platz in Kairo fallen Schüsse, Menschen rennen, Schreie gellen, Demonstranten werden erschossen. 858 Stunden Filmmaterial dieser Art, das seit dem Frühjahr 2011 entstanden ist, hat das Künstlerkollektiv Mosireen (arabisch für "wir sind entschlossen") in seinem Archiv "858" gesammelt und jetzt ins Netz gestellt. Es sind Tausende kleiner Geschichten von Mut, Wut und Verzweiflung, die den Zeitraum bis 2013 umfassen.
Das System ist nicht gestürzt
Die Journalistin Cornelia Wegerhoff, die selbst als Korrespondentin während der Revolution in Ägypten vor Ort war, hat mit den Machern gesprochen: Das Kollektiv wolle eine Gegenöffentlichkeit erwirken, denn es bestehe große Sorge, dass der Geist der ägyptischen Revolution vom derzeitigen Regime in Kairo einfach für sich beansprucht und umgedeutet werde.
Vor sieben Jahren wollte das Volk den Sturz des Systems. Und es gelang tatsächlich, den damaligen Präsidenten Hosni Mubarak zu stürzen. Doch inzwischen gebe es wieder massive Repressalien, so Wegerhoff, die Meinungsfreiheit sei wieder eingeschränkt. Menschenrechtsorganisationen beklagten, die Lage sei heute sogar schlimmer als unter Mubarak.
Die Künstler von Mosireen versuchen unterdessen für die Nachwelt zu dokumentieren, was damals geschah, und diese Dokumente für alle zugänglich zu machen.
Mit Videos gegen das Vergessen
Damit, sagt ein Kollektivmitglied, wolle Mosireen verhindern, dass "das Narrativ Revolution von der jetzigen Regierung geklaut wird und auch von anderen Parteien. Und es für uns wichtig ist, dass Leute, die teilgenommen haben, auch ein Sagen haben, was in dieser Revolution passiert ist, dass diese Bilder auch Leute erinnern und inspirieren, an den Traum, den es damals gab und der für viele Leute noch nicht zu Ende gegangen ist, dass sich etwas in Ägypten wirklich verändern können. Was natürlich nicht passiert ist."