Aus der Vielfalt unserer Gesellschaft heraus Position beziehen
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Martialisch thront Otto von Bismarck seit Anfang des letzten Jahrhunderts über Hamburg. Ein Wettbewerb soll nun Ideen bringen, wie das Denkmal neu kontextualisiert werden kann. Kultursenator Carsten Brosda erklärt das Projekt.
„Es gehört für mich zu einer aufgeklärten Gesellschaft dazu, dass sie sich mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzt und Position bezieht“, sagt Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda zum neu ausgelobten Wettbewerb über die Zukunft des Bismarck-Denkmals im Alten Elbpark. Monumentale 34 Meter ist die Statue hoch. Sie wird momentan für knapp neun Millionen Euro saniert.
Die Stiftung Historische Museen Hamburg hat gemeinsam mit der Hamburger Kulturbehörde Künstlerinnen und Architekten dazu eingeladen, Ideen zu entwickeln, wie die Wahrnehmung des Denkmals gebrochen werden kann. Dabei sollen die komplexen Bezüge des Denkmals zu Kolonialismus, Nationalsozialismus, Diskriminierung und Fragen der sozialen Gerechtigkeit sichtbar gemacht werden.
Breite Partizipationsprozesse
Zuvor waren zwei Jahre an Diskussionen und Workshops mit Experten darüber, wie man das Denkmal in einen neuen Kontext einbetten könnte, ins Land gegangen. Diese Zeit sei nötig gewesen, so Brosda, um sich in der Gemengelage zu positionieren und die Entwürfe beurteilen zu können.
Brosda spricht sich gegen den Abriss und für den Erhalt solcher Denkmale wie in Hamburg aus: „Aber wir müssen uns zu ihnen verhalten.“ Dabei führe kein Weg an breiten Partizipations- und Diskussionsprozessen mit der Zivilgesellschaft vorbei.
Das Ende auswärtiger Kulturpolitik
Das Neue an der gegenwärtigen Situation sei, dass die frühere Trennung in eine auswärtige Kulturpolitik und eine in Deutschland stattfindende so nicht mehr möglich sei:
„Wir stellen immer mehr fest: Diese Themen verschränken sich. Die großen globalen Themen wie Ungerechtigkeit, die finden sich auch in den kleinen Strukturen unserer vielfältigen Gesellschaft wieder. Insofern kann ich mir gar nicht vorstellen, wie wir anders damit umgehen sollten, als dass wir aus der Vielfalt unserer Gesellschaft heraus Position beziehen.“
Über die eingereichten Entwürfe entscheidet eine unabhängige Fachjury. Der Sieger soll im März 2023 feststehen.