KI im Sport
Ob es die Champions League 2065 noch gibt (hier Erling Haaland mit dem Pokal nach dem Erfolg in diesem Jahr)? © dpa / picture alliance / Serhat Cagdas
Wie ich das Champions-League-Finale 2065 kommentiere
04:12 Minuten
Künstliche Intelligenz wird im Sport immer wichtiger – auch in der Berichterstattung? Sie macht es möglich, die eigene Stimme technisch nachzubauen. Unser Kollege Heinz Schindler wirft deshalb einen Blick in die Zukunft.
Sie werden mich nicht mehr los, ich habe mich entschieden. Ich mache einfach weiter, werde 2065 das Finale der Champions League kommentieren. Sofern es die Champions League dann noch gibt. Sonst halt was anderes, egal. Sie können also schon mal in ihren Kalender einpflegen: Ich kommentiere.
Die Stimme "lebt" weiter - auch nach dem Tod
Und kommen Sie mir jetzt nicht damit, dass Sie oder ich bis dahin schon den persönlichen Abpfiff erlebt haben werden. Das spielt doch gar keine Rolle.
Nehmen wir mal den von mir sehr geschätzten Kollegen James Alexander Gordon von der BBC, der Mann mit den Ergebnissen der britischen Fußball- Ligen, den sogenannten „classified football results“ und seiner unnachahmlichen Betonung und Sprachmelodie, die dem Ergebnisfriedhof Leben gibt. Gordon weilt schon seit 2014 nicht mehr unter uns, er möge in Frieden ruhen.
Aber KI - also künstliche Intelligenz - macht es möglich, seine Stimme technisch nachzubauen und aktuelle Fußballergebnisse dann in seinem Sprachstil hören zu können. Hintergrund ist, dass die BBC die „classified results“ seit dem letzten Herbst nicht mehr im Programm hat. Die Familie von James Alexander Gordon hat dieser Mischung aus Protest und Reminiszenz zugestimmt.
Das mag im konkreten Einzelfall charmant sein, aber sonst? Denken wir das Modell mal weiter. Dann könnte man doch auch wieder Herbert Zimmermann per künstlicher Intelligenz kommentieren lassen wie damals in Bern bei dem Spiel, dass ohnehin nie zu enden scheint.
Im Printbereich schreibt schon die KI
Und ob man wirklich KI mit dem Wortwitz und dem Stil der Dresdner Reporterlegende Gert Zimmermann programmieren könnte? Oder belässt man es doch besser bei der Einzigartigkeit des Augenblicks und bei der Erinnerung daran?
Und wenn Sie nun einwenden, die Kolleginnen und Kollegen der Zukunft hätten dann nichts mehr zu tun, wenn KI unsereinen reproduziert: Stimmt, aber im Printbereich ist das schon der Fall. Vereinzelt schreibt die KI. Sie merken es nur nicht oder wollen es nicht wahrhaben. Sie lassen sich vielleicht sogar schon von einer Computerstimme Artikel vorlesen.
KI im Radio wäre logische Entwicklung
Insofern wäre KI auch hier bei uns im Radio nur eine logische Entwicklung. Und deshalb: Was schert mich mein Geschwätz von übermorgen? Nach mir die Sprachflut.
Ich kommentiere 2065 irgendein Endspiel. Und der liebe Kollege Jörg Degenhardt wird mich dann immer noch anmoderieren.
Ich notiere das mal eben in meinem Testament.