Künstliches Erbgut

Von Michael Lange |
Gentechnikern wird oft nachgesagt, dass sie Gott spielen. Und tatsächlich sind sie in der Lage, den Bauplan des Lebens zu verändern, mit gentechnischen Methoden. Was ihnen aber bislang nicht gelungen ist, ist die Schaffung neuen Lebens. Das soll sich ändern, wenn es nach Craig Venter geht.
Der amerikanische Biotechnologie-Unternehmer hat ein großes Ziel. Er will künstlichen Leben schaffen. Aus toter Materie, aus neu zusammengesetzten Biomolekülen, soll das kleinste Bakterium der Welt entstehen. Der Name dieses Kunstwesens steht schon fest: Mycoplasma laboratorium soll es heißen. Eine Art Minimal-Organismus mit der kleinstmöglichen biologischen Ausstattung.

Nun verkünden Craig Venter und sein Konstrukteursteam in der Wissenschaftszeitschrift "Science", dass ihnen ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur künstlichen Lebensform gelungen ist. Die Wissenschaftler haben das Erbgut eines kleinen natürlichen Bakteriums namens Mycoplasma genitalium nachgebaut - nach dem Bauplan aus der Natur.

Über eine halbe Million Erbbausteine haben sie im Labor zusammengefügt. Sie haben also ein Erbmolekül synthetisiert, das mehr als zehnmal länger ist als der bisherige Rekordhalter. Der besaß gerade einmal 35.000 Erbgutbausteine. Nun also über eine halbe Million Erbbausteine. Allerdings hatten sie Hilfe aus der Biologie. Ohne die Arbeit von Hefezellen hätte es nicht funktioniert. Hefezellen haben im Labor das Erbgut aus 101 synthetischen Einzelteilen zusammengebaut.

Aber ein Erbmolekül, ein künstliches Genom, ist noch kein künstliches Leben. Eher eine Art Betriebssystem für ein Mini-Lebewesen. Damit könnte eine tote Zelle ohne eigenes Erbgut zum Leben erweckt werden, glauben die Forscher.