Kultur bringt Geld

Von Margarete Limberg · 13.02.2007
Zum Abschluss ihres informellen Treffens machten die EU-Kulturminister eines deutlich: Die Kreativbranche ist Geld wert. Doch auch wenn jetzt die Kultur als Wirtschaftsfaktor entdeckt wird, heißt das noch lange nicht, dass es mehr Geld für die Kultur gibt. Stattdessen gibt es jetzt "legale Schleichwerbung" im Fernsehen.
Für den Abschluss ihrer zweitägigen Konferenz hatten sich die EU -Kulturminister die Kulturwirtschaft vorgenommen und damit auf den Tatbestand reagiert, dass die Kultur als Wirtschaftsfaktor inzwischen mit der chemischen Industrie und anderen Branchen gleichzieht, wenn sie diese nicht sogar schon überholt hat.

Einer vor kurzem veröffentlichten europäischen Studie zufolge zählte die Branche in der EU im Jahr 2003 5,6 Millionen Beschäftigte. Und während in anderen Wirtschaftszweigen die Zahl der Beschäftigten zurückging, nahm sie in der Kulturwirtschaft zu.

Man fasst den Begriff weit, die Opernhäuser, Theater und Museen gehören ebenso dazu wie Design und Mode und nicht zuletzt der blühende Kulturtourismus in Europa. Das alles sei Grund genug, die Kulturwirtschaft aus ihrem Schattendasein herauszuholen, meint der Gastgeber dieses Treffens, Kulturstaatsminister Bernd Neumann. Zur Bedeutung der Kulturwirtschaft sagte er:

"Wenn man sie nicht ganz eng fasst, sind das in Deutschland mehr Arbeitsplätze als die ganze Autoindustrie zusammen. Dass wir auch hier im internationalen Wettbewerb stehen, dass wir gerade, was das kulturelle Angebot anbetrifft, wir in Europa ein einzigartiges Angebot haben."

Der für Kulturfragen zuständige EU-Kommissar, Jan Figel, kündigte bei dem Ministertreffen an, eine Strategie entwickeln zu wollen, wie die einmalige kulturelle Vielfalt in der EU und ihr wirtschaftliches Potenzial sichtbarer gemacht werden können. Europa, so sagte er, sei in Sachen Kultur eine Supermacht. Das ist allerdings ein Pfund, mit dem die EU wohl noch wuchern muss, und zwar im buchstäblichen Sinne, wenn man dem Kommissar folgt:

"Denn Kultur bringt Geld. Sie ist kreativ. Und wir sollten endlich aufhören, einen Gegensatz zwischen jenen zu konstruieren, die wir wegen ihrer wirtschaftlichen Erfolge loben und denjenigen, die wir wegen ihrer kulturellen Leistungen anerkennen. Das gehört beides zusammen."

Die Kultur als Wirtschaftsfaktor zu entdecken, ist das eine, daraus konkrete Schlussfolgerungen zu ziehen, das andere. Noch bleibt vieles im Vagen. Da ist von einem Aktionsplan die Rede, den Staatsminister Neumann ankündigt oder davon, dass dieses Thema regelmäßiger Bestandteil europäischer Ratstreffen sein soll. Mehr Geld für die Kultur ist damit nicht zwingend gemeint.

Die deutsche Initiative: Musik wurde als Beispiel für einen kulturwirtschaftlichen Impuls genannt. Diese Initiative hat sich die Nachwuchsförderung im Pop-Sektor ebenso zum Ziel gesetzt wie die Integration von ausländischen Jugendlichen durch Musikprojekte und nicht zuletzt die Exportförderung.

Sehr viel konkreter ging es gestern zu. Bei der seit langem überfälligen Revision der so genannten Fernsehrichtlinie sind die zuständigen Minister offenbar einen großen Schritt weiter gekommen.

Seit 2005 liegt sie auf dem Tisch. Mit dieser Richtlinie will die EU auf die rasante Entwicklung der audiovisuellen Angebote reagieren, die von den aus dem Jahr 1989 stammenden Grundsätzen nicht mehr erfasst werden.

Ob es sich um das traditionelle Fernsehen, ums Internet oder um Videos handelt, es geht darum, alle Anbieter in der EU gleichzustellen, beim Jugendschutz ebenso wie bei der Werbung und dem so genannten Product Placement, also dem markanten Plazieren einer bestimmten Marke auf dem Bildschirm. Angesichts höchst unterschiedlicher Vorstellungen musste ein Kompromiss gefunden werden. Auch die Bundesregierung musste Abstriche akzeptieren, wie Bernd Neumann einräumt:

"Wir waren ja von Anfang an generell für das Verbot von Produktplazierung ohne Ausnahme. Und haben dann einsehen müssen, dass das nicht mehrheitsfähig ist, dass es auch gute Gegenargumente gibt und haben uns zu einem Kompromiss bereit gefunden. Aber ich sage in die Richtung von ARD und ZDF, nicht nach dem Motto reuige Sünder, aber wenn ihr das so engagiert fordert und immer noch fordert, macht es doch. Es wird ja keiner gezwungen, Product Placement zu machen."

Schleichwerbung bleibe aber verboten, versicherte die Medienkommissarin Viviane Reding. Product Placement im Grundsatz auch, zumindest bei Kinder-, Nachrichten- und Dokumentationssendungen. Aber Ausnahmen sind erlaubt, im Film, in Serien und in Sportsendungen, sofern am Anfang und am Ende ein deutlicher Hinweis angebracht wird. Damit soll nicht zuletzt die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Anbieter gegenüber den USA, China und Indien gewährleistet werden. Die Kommissarin bestreitet indessen, dass es nur um ökonomische Fragen geht:

"Hier geht es auch um Werte, um Inhalte, zum Beispiel das Verbot audiovisueller Sendungen, die zu Rassenhass aufstacheln, glaubwürdiger Jugendschutz, Schutz des Verbrauchers durch Begrenzung der stündlichen Werbung auf 12 Minuten und durch die Regelung der Produktplazierung."

Beim Berliner Treffen zeigte man sich optimistisch, bis Mai auch die letzten noch strittigen Punkte aus dem Wege räumen zu können. Auch die Deutschen werden sich auf Product Placement einstellen müssen, das dann nicht mehr als Schleichwerbung gilt.