Kultur vermitteln, Demokratie stärken

Von Regina Kusch |
Ob im indischen Kolkata, in der togolesischen Hauptstadt Lomé oder in La Paz in Bolivien - das Logo des Goethe-Instituts ist auf der ganzen Welt zu finden. 150 Standorte gibt es, gut 185.000 Menschen lernen dort jedes Jahr Deutsch. Neben der Sprache sollen die Institute die Vielfalt der deutschen Kultur vermitteln - und Anlaufstelle für demokratische Bewegungen vor Ort sein. Heute vor 60 Jahren wurde das Goethe-Institut gegründet.
"Wir wollen die geistig-kulturellen Leistungen Deutschlands der freien Welt anbieten, ohne damit Ideologie zu exportieren."

Am 9. August 1951 gründeten Deutschlehrer und Sprachwissenschaftler in München einen Verein: Das "Goethe-Institut zur Pflege der deutschen Sprache im Ausland". Die meisten von ihnen hatten schon bei der Vorläuferorganisation, der "Deutschen Akademie" gearbeitet. Die hatte während des Zweiten Weltkriegs im Auftrag von Propagandaminister Goebbels versucht, Deutsch zur Weltsprache zu machen und war 1945 von den Alliierten verboten worden. Das Goethe-Institut wollte nun zeigen, dass es noch ein anderes Deutschland gab, als jenes, das die Welt während des Zweiten Weltkriegs kennengelernt hatte. Dafür sollten vor allem die Klassiker stehen, wie in dem Werbefilm in eigener Sache "Deutsch am Nil".

"Herr Halil, würden Sie mir bitte einen deutschen Dichter nennen, dessen Schicksal mit der Stadt Berlin in Verbindung zu bringen ist? - Ja. Heinrich von Kleist. Er beendete sein Leben am Wannsee, dort liegt er jetzt begraben. - Sehr gut!"

Heute lernen jedes Jahr 185.000 Menschen Deutsch an einem von 150 Goethe-Instituten in aller Welt. Der Gesamtetat beträgt 290 Millionen Euro. Dreiviertel davon bezahlt der Bund. Schon immer wollten Politiker deshalb, dass die Organisation weltweit für die Bundesrepublik wirbt. Die Geschichte des Goethe-Instituts ist nicht nur eine Geschichte von Sprachunterricht und Kulturaustausch, sondern auch von Streit um Auftrag und Autonomie. Der spitzte sich in den 60er Jahren zu, als immer mehr zeitgenössische Schriftsteller, wie zum Beispiel Günter Grass, vom Goethe-Institut auf Lesereisen geschickt wurden und ein kritischeres Bild ihrer Heimat vermitteln wollten.

"Die Gegensätze, die das Land zu bieten hat, die müsste man dort auch vorstellen. Nicht dies Harmonisierende und durch eine Musikberieselung künstlich harmonisierte Programm."

Intellektuelle wie zum Beispiel Joseph Beuys, Rainer Werner Fassbinder, Hans Magnus Enzensberger oder Walter Jens waren jetzt oft Gäste der Goethe-Institute. Sehr zum Verdruss von Franz-Josef Strauß, der als CSU-Abgeordneter in Bonn lange über den Etat der Organisation mitbestimmte und ihr 1986 vorhielt, die Herder Institute in der DDR machten ihre Arbeit besser als sie.

"Dort wird den staunenden Ausländern gezeigt, wo die klassische, die humanistische deutsche Kultur wirklich gepflegt und bewahrt wird. Die hellen und festlichen Farbtöne, mit denen die DDR ihr Land im Ausland malt, werden auf Dauer erfolgreicher sein als die düstere Götterdämmerungspalette der Bundesrepublik Deutschland."

Der heutige Präsident Klaus Dieter Lehmann findet es richtig, dass die politischen Kontroversen der Bundesrepublik durch die Goethe-Institute widergespiegelt wurden.

"Das Ausland hat die Offenheit der Deutschen so positiv aufgenommen, zu erleben, wie diese Diskursfähigkeit und diese Auseinandersetzung und die Bereitschaft, miteinander zu sprechen, wie deutlich die auch im Ausland Punkte gemacht hat."

Nach dem Fall der Mauer expandierte das Goethe-Institut auch in Richtung Osteuropa. Mitte der 90er Jahre gab es weltweit 165 Niederlassungen. Aber jetzt fragten nicht nur Konservative: Wofür brauchen wir die? Wem sollen wir unsere westlichen Werte denn noch nahe bringen, wenn sie doch überall gesiegt haben? Ende der 90er Jahre strich die rot-grüne Regierung dem Goethe-Institut die Mittel kräftig zusammen. Binnen weniger Jahre wurde die Zentrale in München verschlankt, und fast jede vierte Auslandsfiliale geschlossen. Erst 2007 stabilisierte sich die finanzielle Lage wieder. Von Ägypten bis China gelten Goethe Institute heute als Orte, an denen sich Intellektuelle, die demokratische Bestrebungen in ihren Ländern unterstützen, treffen können.

"Das bedeutet, wir haben ein personales Netz aufgebaut zwischen den Künstlern und Kulturakteuren der jeweiligen Länder und uns. Und damit hatten wir dauerhaft eine wirklich stabile Struktur, die wir jetzt in der Globalisierungszeit eben besonders gut nutzen können, weil wir damit auch Konfliktsituationen erkennen, identifizieren und auch Hilfestellung geben können."

Wie in Nikosia auf Zypern, wo gerade das 150ste Goethe Institut eröffnet wurde - genau auf der "grünen Linie", die den türkischen und den griechischen Teil der Stadt voneinander trennt. Als kultureller Vermittler in Konfliktregionen aufzutreten, könnte in Zukunft eine der vorrangigen Funktionen des Goethe-Instituts sein.