"Die Reißleine gezogen"
Nach nur einem Jahr verliert Adolphe Binder ihren Posten als Intendantin am Tanztheater Pina Bausch in Wuppertal. Im Interview erklärt Kulturdezernent Matthias Nocke, warum die Trennung unumgänglich war - und warum es irgendwann keine Einigung mehr geben konnte.
Das Tanztheater Pina Bausch in Wuppertal steht vor einem Scherbenhaufen: Die Intendantin Adolphe Binder ist am Freitag fristlos gekündigt worden. Dahinter steht offenbar ein Machtkampf mit Geschäftsführer Dirk Hesse, der ebenfalls zum Jahreswechsel gehen wird, weil sein Vertrag nicht verlängert wird. Binder habe sich auf alle Avancen auf eine für beide Seiten vorteilhafte Einigung nicht eingelassen, sagt der Kulturdezernent Matthias Nocke, der auch im Beirat sitzt. Der Konflikt ziehe sich bereits seit einem dreiviertel Jahr hin, sagt er - "und er ist auch kein Zweipersonenstück". Es sei eine sehr komplexe Angelegenheit und nicht etwa allein ein Konflikt zwischen Kunst und Kommerz oder Traditionalisten und Modernisierern. Es habe viel mit Kommunikation und Psychologie zu tun, meint Nocke.
Es sei aber mittlerweile ein derartiger Grad der Zerrüttung eingetreten, dass es vor allem darauf ankam, Schaden vom Tanztheater abzuwenden. Es galt, "die akute Gefahr abzuwenden, zu einer Implosion dieses einmaligen Kulturgutes beizutragen." Er sagte: "Das war das Ziehen der Reißleine." Man sei eben ein international tätiges Tanztheater und keine Selbsterfahrungsgruppe.
Es gibt offenbar bereits Interessenten für die Nachfolge
Dass Hesse nicht ebenfalls sofort gehe, liege daran, dass er seit neun Jahren am Theater sei und dass es das in dieser Form gebe, sei auch sein Verdienst. Bis Ende des Jahres werde er noch an Bord bleiben, damit es keine Führungslücke gebe.
Bedeckt hielt Nocke sich jedoch, was Adolphe Binder konkret vorgeworfen werde. Man befinde sich in einem arbeitsrechtlichen Verfahren, sagt er, weshalb er sich Bewertungen zu den Vorwürfen zurückhalten werde. Interessenten schrecke der Konflikt offenbar nicht ab: Es lägen schon Bewerbungen für ihre Nachfolge vor, sagt er - auch ohne dazu in Details zu gehen.