Kultureller Aufbruch im Westjordanland
Das "Cinema Jenin" war über 20 Jahre geschlossen – nun wird das Kino wieder eröffnet. Immer mehr Palästinenser besinnen sich auf ihr kulturelles Erbe – teils auch mit politischen Hintergedanken.
Sie schwebt dahin, die leichte Melodie, die Marcel Khalife seinem Instrument entlockt. Khalife ist einer der bekanntesten Spieler der Oud, der arabischen Laute. Seit einiger Zeit experimentiert er mit Jazz und Weltmusik. Es gehe darum, sich zu öffnen, erläutert er, den Austausch mit anderen Kulturen zu pflegen.
"Das wichtigste für mich ist, neue Musik zu komponieren, etwas ganz Neues zu machen. Das ist mein Traum. Außerdem fordert es das Publikum. Die Leute suchen etwas Neues, sie wollen neue Melodien, neue Texten. Für entsprechende Experimente sind die Leute sehr offen. Dies gilt für die gesamte arabische Welt, und nicht nur für einzelne Orte."
Diese Aufbruchstimmung hat längst auch das Westjordanland erfasst. Neue Musikschulen, neue Kunstschulen, neue Theaterensembles, Tanzgruppen, dazu Lesungen, Konferenzen, Kunstausstellungen – das kulturelle Leben im Westjordanland hat während der letzten Jahre und insbesondere in den letzten Monaten einen großen Aufschwung genommen. Die Menschen suchen Entspannung, erläutert der in Bethlehem lehrende Historiker Hazem Jamjum – aber nicht nur. Das kulturelle Leben hat zumindest indirekt auch einen politischen Hintergrund.
"Es haben sich viele Institutionen gebildet, die sich der Kultur widmen. Dabei geht es auch um Kultur als Form des Widerstands. Denn mit ihr versichern sich die Palästinenser ihrer Identität. Erzähltraditionen, Kindergeschichten, Wiegenlieder – all das wollen wir wieder beleben. Traditionen helfen den Menschen, sich selbst zu verstehen. Und auf diese Aufgabe verwenden die Palästinenser derzeit sehr viel Arbeit."
Bisweilen handelt es sich um echte Pionierarbeit. So wurde im letzten Jahr in Ramallah die erste Theaterschule eröffnet – mit Unterstützung der Essener Folkwang-Hochschule. Die unterstützte die Neugründung finanziell, aber auch mit ihrem Know how. Denn auf die Kultur, erläutert George Ibrahim, Direktor des neuen Instituts, besinnen sich die Palästinenser nach Jahrzehnten politischer Anspannung erst allmählich.
"In Palästina sind wir nicht in der Lage, dieses Institut aus eigener Kraft zu errichten. Uns fehlen sämtliche Möglichkeiten dazu. Außerdem haben wir mit der Organisation einer solchen Schule kaum Erfahrung. Es gibt zwar einige Theater in Palästina – im Grunde hat jede größere Stadt eines – aber im Grunde ist es doch recht wenig. Darum müssen wir diese Dinge jetzt umso stärker einüben."
Vor 60 Jahren verloren die Palästinenser nicht nur einen Großteil ihres Landes, sondern auch ihrer Kultur. Doch geht es jetzt nicht nur darum geht, sie neu zu entdecken. Eine Kultur, die sich nicht entwickelt, droht zu erstarren, schlimmer noch, zum Fetisch zu werden. Darum, erläutert Hazem Jamjum, darf man sich mit der Besinnung auf das Erbe nicht begnügen.
"Es geht auch darum, dieses Erbe zu entwickeln. Das Ziel ist nicht, 70 Jahre alte Volkslieder genau so zu singen, wie man sie damals gesungen hat. Vielmehr geht es darum, diese Formen weiterzuentwickeln, an die heutigen Umstände anzupassen. Die Musikszene zum Beispiel ist sehr dynamisch. Die Musiker benutzen neue Instrumente, sie setzen sich mit neuen Themen auseinander. So bekommen etwa die Melodien alter Volkslieder neue Texte – Texte, die die heutigen Realitäten widerspiegeln."
Leicht ist diese Modernisierungsarbeit nicht. Denn viele Palästinenser haben das Land verlassen, nicht zuletzt auch die Mitglieder der kulturellen Elite. Erst allmählich kehren manche von ihnen zurück. So hat sich vielerorts eine eher konservative Kultur erhalten, an der sich nicht zuletzt die bildenden Künstler abarbeiten. Aber auch die Theaterleute, erläutert die Schauspielerin Amira Habsch, haben jede Menge Überzeugungsarbeit zu leisten.
"In Ramallah bereiten europäischen und arabischen Ensembles moderne Aufführungen vor. Das ist aber erst der Anfang. Denn allmählich gewöhnen sich nicht nur die jungen, sondern auch die ältern Zuschauer an das moderne Theater – sie mögen es als Zuschauer, aber auch als Schauspieler. So kommen eine neue, moderne Ästhetik nach Palästina – neu und modern für palästinensische Verhältnisse."
Menschen aus dem Ausland nach Palästina einzuladen - darum geht es nicht nur den Künstlern und Intellektuellen, darum geht es auch jungen Tourismusmanagern wie Rami Al Qassis. Er veranstaltet etwa Programme, in deren Rahmen die Teilnehmer Olivenbäume pflanzen. So lernen sie den palästinensischen Alltag kennen – und begründen Kontakte, auf die nicht nur für die kulturelle Entwicklung Palästinas so wichtig sind.
"Leider haben die Palästinenser lange Zeit nicht daran gedacht, den Tourismus einzusetzen, um ihr Anliegen darzustellen. Jetzt wollen wir die Leute in unser Land einladen. Wir wollen Besuchern Gelegenheit geben, auch die palästinensische Seiten kennenzulernen. Wir wünschen uns, dass sie ohne Vorurteile nach Palästina kommen. Wir wollen ihnen ermöglichen, die Lage mit ihren eigenen Augen zu sehen. Daran arbeiten wir."
"Das wichtigste für mich ist, neue Musik zu komponieren, etwas ganz Neues zu machen. Das ist mein Traum. Außerdem fordert es das Publikum. Die Leute suchen etwas Neues, sie wollen neue Melodien, neue Texten. Für entsprechende Experimente sind die Leute sehr offen. Dies gilt für die gesamte arabische Welt, und nicht nur für einzelne Orte."
Diese Aufbruchstimmung hat längst auch das Westjordanland erfasst. Neue Musikschulen, neue Kunstschulen, neue Theaterensembles, Tanzgruppen, dazu Lesungen, Konferenzen, Kunstausstellungen – das kulturelle Leben im Westjordanland hat während der letzten Jahre und insbesondere in den letzten Monaten einen großen Aufschwung genommen. Die Menschen suchen Entspannung, erläutert der in Bethlehem lehrende Historiker Hazem Jamjum – aber nicht nur. Das kulturelle Leben hat zumindest indirekt auch einen politischen Hintergrund.
"Es haben sich viele Institutionen gebildet, die sich der Kultur widmen. Dabei geht es auch um Kultur als Form des Widerstands. Denn mit ihr versichern sich die Palästinenser ihrer Identität. Erzähltraditionen, Kindergeschichten, Wiegenlieder – all das wollen wir wieder beleben. Traditionen helfen den Menschen, sich selbst zu verstehen. Und auf diese Aufgabe verwenden die Palästinenser derzeit sehr viel Arbeit."
Bisweilen handelt es sich um echte Pionierarbeit. So wurde im letzten Jahr in Ramallah die erste Theaterschule eröffnet – mit Unterstützung der Essener Folkwang-Hochschule. Die unterstützte die Neugründung finanziell, aber auch mit ihrem Know how. Denn auf die Kultur, erläutert George Ibrahim, Direktor des neuen Instituts, besinnen sich die Palästinenser nach Jahrzehnten politischer Anspannung erst allmählich.
"In Palästina sind wir nicht in der Lage, dieses Institut aus eigener Kraft zu errichten. Uns fehlen sämtliche Möglichkeiten dazu. Außerdem haben wir mit der Organisation einer solchen Schule kaum Erfahrung. Es gibt zwar einige Theater in Palästina – im Grunde hat jede größere Stadt eines – aber im Grunde ist es doch recht wenig. Darum müssen wir diese Dinge jetzt umso stärker einüben."
Vor 60 Jahren verloren die Palästinenser nicht nur einen Großteil ihres Landes, sondern auch ihrer Kultur. Doch geht es jetzt nicht nur darum geht, sie neu zu entdecken. Eine Kultur, die sich nicht entwickelt, droht zu erstarren, schlimmer noch, zum Fetisch zu werden. Darum, erläutert Hazem Jamjum, darf man sich mit der Besinnung auf das Erbe nicht begnügen.
"Es geht auch darum, dieses Erbe zu entwickeln. Das Ziel ist nicht, 70 Jahre alte Volkslieder genau so zu singen, wie man sie damals gesungen hat. Vielmehr geht es darum, diese Formen weiterzuentwickeln, an die heutigen Umstände anzupassen. Die Musikszene zum Beispiel ist sehr dynamisch. Die Musiker benutzen neue Instrumente, sie setzen sich mit neuen Themen auseinander. So bekommen etwa die Melodien alter Volkslieder neue Texte – Texte, die die heutigen Realitäten widerspiegeln."
Leicht ist diese Modernisierungsarbeit nicht. Denn viele Palästinenser haben das Land verlassen, nicht zuletzt auch die Mitglieder der kulturellen Elite. Erst allmählich kehren manche von ihnen zurück. So hat sich vielerorts eine eher konservative Kultur erhalten, an der sich nicht zuletzt die bildenden Künstler abarbeiten. Aber auch die Theaterleute, erläutert die Schauspielerin Amira Habsch, haben jede Menge Überzeugungsarbeit zu leisten.
"In Ramallah bereiten europäischen und arabischen Ensembles moderne Aufführungen vor. Das ist aber erst der Anfang. Denn allmählich gewöhnen sich nicht nur die jungen, sondern auch die ältern Zuschauer an das moderne Theater – sie mögen es als Zuschauer, aber auch als Schauspieler. So kommen eine neue, moderne Ästhetik nach Palästina – neu und modern für palästinensische Verhältnisse."
Menschen aus dem Ausland nach Palästina einzuladen - darum geht es nicht nur den Künstlern und Intellektuellen, darum geht es auch jungen Tourismusmanagern wie Rami Al Qassis. Er veranstaltet etwa Programme, in deren Rahmen die Teilnehmer Olivenbäume pflanzen. So lernen sie den palästinensischen Alltag kennen – und begründen Kontakte, auf die nicht nur für die kulturelle Entwicklung Palästinas so wichtig sind.
"Leider haben die Palästinenser lange Zeit nicht daran gedacht, den Tourismus einzusetzen, um ihr Anliegen darzustellen. Jetzt wollen wir die Leute in unser Land einladen. Wir wollen Besuchern Gelegenheit geben, auch die palästinensische Seiten kennenzulernen. Wir wünschen uns, dass sie ohne Vorurteile nach Palästina kommen. Wir wollen ihnen ermöglichen, die Lage mit ihren eigenen Augen zu sehen. Daran arbeiten wir."