Kulturgeschichte des Liebesbriefs
Noch immer sind Liebesbriefe ein Refugium in einer nüchternen, modernen, aufgeklärten, durchrationalisierten und beschleunigten Welt. Liebesbriefe sind ein Rückzugsraum für sinnlichen Träume - heute wie im 19. Jahrhundert.
Geschriebene Küsse kommen nicht an, meinte Franz Kafka. Ein Blick auf die Kulturgeschichte der Liebesbriefe, veröffentlichte wie private, beweist das Gegenteil. Cyrano de Bergerac, der hässliche Poet, der sich hinter seinen wunderbaren Briefen an die Angebetete versteckte, ist das sinnlichste Beispiel dafür, wie geschriebene Worte Herzen öffnen können. Und wer blickt nicht mit Stolz auf die schriftlichen Liebesgrüße, die wir sammeln und aufheben und in denen wir uns ein Leben lang in der eigenen Unentbehrlichkeit sonnen? Zugleich mündet der Anspruch, Außergewöhnliches zu Papier zu bringen, häufig in der ungewollten Wiederholung. Nicht jeder Liebende ist gleichzeitig ein großer Dichter. Eine bittere Erkenntnis. Gleichwohl steht jeder Liebesbrief für seine Zeit.
"Ach Klopstock noch keinen Brief aus Quedlinburg! Noch keinen Brief und Du bist schon so lange da! Ich kann es mir nicht einbilden, dass ich noch keinen haben könnte es ist ja nur einen Tag weiter als Braunschweig. Und du Bester! Du hast gewiß gleich an mich geschrieben. Woran liegt es denn wieder, dass ich noch keinen habe? Ach Du bist doch wohl? Ach! - - Doch ich will mich nicht beunruhigen, ich kann morgen noch einen bekommen. Ja, du bist wohl. Gestern war ich ganz heiter. Ach wie sehr habe ich an Dich gedacht! Wie habe ich dich empfunden! Deine ganze Liebe, mein ganzes Glück."
Margareta Moller an Friedrich Gottlieb Klopstock, Hamburg, den 29. Juli 1752. Heute genügen manchmal zwei Zeilen, um, nicht minder poetisch, die Liebe auszudrücken.
"Du bist: meine zuflucht, mein zu hause, mein tor zur welt, mein rhythmus, meine tränen, mein lachen, mein ein und alles."
Unbekannte Absenderin, verschickt am 16.10.2005 um 23:52 Uhr per e-mail. Im Zeitalter der Telekommunikation nimmt sich kaum noch Jemand Zeit für lange innige Korrespondenzen. Doch noch immer sind Liebesbriefe ein Refugium in einer nüchternen, modernen, aufgeklärten, durchrationalisierten und beschleunigten Welt. Liebesbriefe sind ein Rückzugsraum für sinnlichen Träume – heute wie im 19. Jahrhundert.
"Teure Martha, wie haben Sie mein Leben verändert. Es war heute so wunderbar schön in Ihrem Haus, Ihrer Nähe, aber es widerstrebte mir, die wenigen Momente, in welchen Eli uns alleine ließ, für meine eigennützigen Absichten zu verwerten; es wäre mir wie eine Verletzung der herzlich gebotenen Gastfreundschaft erschienen. In Ihrer Nähe wollte ich nichts Unedles tun.
Um die Nachsicht der Freundin für diesen Brief bittet
Ihr Dr. Sigmund Freud"
Liebesbriefe kann man zerreißen. Liebesbriefe lassen sich sammeln, aufheben, horten – auf dass die Nachwelt von den Gefühlsfallungen erfährt. Jeder Liebesbrief öffnet den Blick in das Innerste seines Absenders. Manchmal ist die große Liebe eine Einbahnstraße. Manchmal decken sich Wunsch und Realität. Und: Das Niedergeschriebene erleichtert nicht immer die Kommunikation unter Liebenden. Denn was wiegt schwerer als das geschriebene Wort?
"Ach Klopstock noch keinen Brief aus Quedlinburg! Noch keinen Brief und Du bist schon so lange da! Ich kann es mir nicht einbilden, dass ich noch keinen haben könnte es ist ja nur einen Tag weiter als Braunschweig. Und du Bester! Du hast gewiß gleich an mich geschrieben. Woran liegt es denn wieder, dass ich noch keinen habe? Ach Du bist doch wohl? Ach! - - Doch ich will mich nicht beunruhigen, ich kann morgen noch einen bekommen. Ja, du bist wohl. Gestern war ich ganz heiter. Ach wie sehr habe ich an Dich gedacht! Wie habe ich dich empfunden! Deine ganze Liebe, mein ganzes Glück."
Margareta Moller an Friedrich Gottlieb Klopstock, Hamburg, den 29. Juli 1752. Heute genügen manchmal zwei Zeilen, um, nicht minder poetisch, die Liebe auszudrücken.
"Du bist: meine zuflucht, mein zu hause, mein tor zur welt, mein rhythmus, meine tränen, mein lachen, mein ein und alles."
Unbekannte Absenderin, verschickt am 16.10.2005 um 23:52 Uhr per e-mail. Im Zeitalter der Telekommunikation nimmt sich kaum noch Jemand Zeit für lange innige Korrespondenzen. Doch noch immer sind Liebesbriefe ein Refugium in einer nüchternen, modernen, aufgeklärten, durchrationalisierten und beschleunigten Welt. Liebesbriefe sind ein Rückzugsraum für sinnlichen Träume – heute wie im 19. Jahrhundert.
"Teure Martha, wie haben Sie mein Leben verändert. Es war heute so wunderbar schön in Ihrem Haus, Ihrer Nähe, aber es widerstrebte mir, die wenigen Momente, in welchen Eli uns alleine ließ, für meine eigennützigen Absichten zu verwerten; es wäre mir wie eine Verletzung der herzlich gebotenen Gastfreundschaft erschienen. In Ihrer Nähe wollte ich nichts Unedles tun.
Um die Nachsicht der Freundin für diesen Brief bittet
Ihr Dr. Sigmund Freud"
Liebesbriefe kann man zerreißen. Liebesbriefe lassen sich sammeln, aufheben, horten – auf dass die Nachwelt von den Gefühlsfallungen erfährt. Jeder Liebesbrief öffnet den Blick in das Innerste seines Absenders. Manchmal ist die große Liebe eine Einbahnstraße. Manchmal decken sich Wunsch und Realität. Und: Das Niedergeschriebene erleichtert nicht immer die Kommunikation unter Liebenden. Denn was wiegt schwerer als das geschriebene Wort?