Kulturgutschutzgesetz

Der Dialog sollte fortgesetzt werden

Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) zu Gast im Studio von Deutschlandradio Kultur, aufgenommen am 4.6.2015.
Kulturstaatsministerin Monika Grütters hat aus dem umstrittenen Referentenpapier nun einen Entwurf gemacht. © Deutschlandradio / Bettina Straub
Von Stefan Koldehoff |
Die Kunstszene hat das geplante Gesetz zum Schutz von Kulturgütern heftig kritisiert. Doch Schreckensszenarien seien in dem nun autorisierten Papier nicht mehr zu finden, kommentiert Stefan Koldehoff: Kulturstaatsministerin Monika Grütters suche den Dialog.
Nach wie vor ist es nur ein Entwurf, den Monika Grütters heute vorgestellt hat. Diesmal aber ein autorisierter, der in Kürze auch im Internet stehen soll – nicht ein Referentenpapier wie jenes, das in den vergangenen Tagen für Aufregung gesorgt und zu einer regelrechten Gegenkampagne von Kunsthändlern und Kunstsammlern geführt hat. Grütters kennt die Gründe: Der deutsche Kunsthandel fühlt sich seit Langem gegenüber der internationalen Konkurrenz benachteiligt: Bei uns ist die Umsatzsteuer auf Kunst höher als in vielen anderen Ländern, und Beiträge an die Künstlersozialkasse und eine Folgerechtsabgabe, die Künstler am Verkauf beteiligt, gibt es auch nicht überall.
Dringender Bedarf für Änderungen
Die Branche vergisst allerdings gern, darauf hinzuweisen, dass sie nach wie vor zu den unreguliertesten Sparten der deutschen Wirtschaft zählt, in der Vieles nach wie vor per Handschlag und hinter verschlossenen Türen geregelt wird: Zahlreiche Fälschungs-, Schmuggel- und Betrugsprozesse haben in den vergangenen Jahren gezeigt, dass hier dringender Bedarf für Änderungen besteht. Es gibt kein Recht auf anonyme Geschäfte - auch kein Gewohnheitsrecht.
Welches Kulturgut darf nach Deutschland hinein, welches darf wieder heraus? Ob es klug ist, die beiden entscheidenden Fragen in einem Gesetz regeln zu wollen, ist trotzdem fraglich. Niemand hätte wohl dem ersten Teil widersprochen, in dem es darum geht, endlich den illegalen Handel mit Raubgütern zu stoppen. Er schadet den Herkunftsländern und hilft Terrororganisationen wie dem sogenannten "Islamischen Staat". Gleichzeitig aber darüber nachzudenken, dass Sammler und Künstler künftig nicht mehr frei über ihren Besitz verfügen dürfen, widerspricht dem Gedanken des Rechtsstaates.
Und wenn das dann noch mit dem schwammigen und so seltsam veralteten Begriff des Nationalen begründet werden soll, muss die Stimmung endgültig kippen. Denn was "national wertvolles Kulturgut" sein soll, hat noch niemand klar definieren können. Bisher zählt die von einem Deutschen gespielte italienische Stradivari-Geige ebenso dazu wie Bilder, die der Amerikaner Andy Warhol früh nach Deutschland verkauft hat. Wo aber der Eindruck von Beliebigkeit und Willkür entsteht, verliert der Rechtsstaat.
Dialog fortsetzen
Die Schreckensszenarien, mit denen im Moment Stimmung gegen neue Regelungen gemacht wird, sind im heute verteilten, nun autorisierten Papier nicht mehr zu finden: keine automatische Unterschutzstellung von privaten Leihgaben an Museen, wie sie verschiedene, falsch informierte Künstler behauptet haben; kein Zutrittsrecht von Behörden zu privaten Räumen - dafür ein ausdrückliches Widerspruchsrecht für betroffene Sammler und Händler. Die Kulturstaatsministerin will mit dem heute vorgestellten Entwurf einen Dialog fortsetzen. Kunsthandel und Kunstsammler täten gut daran, auf dieses Angebot einzugehen.
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