Die Seele von Plowdiw bewahren
Vor 8000 Jahren wurde hier bereits Handel getrieben. Auch das größte frühchristliche Bauwerk Bulgariens steht hier: in Plowdiw. Die Kulturhauptstadt 2019 präsentiert sich mit neuen Ideen auf restaurierten Ruinen. Die Stadt blüht regelrecht auf.
Das Szeneviertel Kapana im Herzen Plowdiws. Die kleinen, aneinander gedrängten Häuser in den engen Gassen erinnern mit ihren bunten Fassaden ein bisschen an Amsterdam. Liebevoll eingerichtete Cafés und Restaurants, Galerien, Modegeschäfte und kleine Krimskramsläden ziehen vor allem junge Menschen an. Noch vor vier Jahren war das ehemalige Handwerkerviertel heruntergekommen und verwaist.
Doch dann zog der 36-jährige Dimitar Semkow mit der Redaktion seines Online-Magazins hierhin und eröffnete die Bar "Katz und Maus", die heute ein angesagter Treffpunkt ist: "Wir haben hier ein verlassenes Haus gemietet, ein totes Haus, und haben unsere Redaktion hierher gebracht, unter das Dach in den letzten Stock. Und dann haben wir beschlossen, ein Café zu eröffnen - unten im ersten Stock. Denn wenn kreative Menschen einen Treffpunkt haben sollen, dann geht es nicht ohne Cafés. Da, wo Leben entstehen soll, braucht man auch Cafés."
8000 Jahre alte Handelsmetropole
Dass Kapana sich vom toten Viertel zum angesagten Hot-Spot entwickelt hat, hängt auch damit zusammen, dass Plowdiw europäische Kulturhauptstadt geworden ist. Zur Zeit blüht die Stadt regelrecht auf. An praktisch jeder Ecke wird gebaut und renoviert, die über 8000 Jahre alte Handelsmetropole wandelt sich.
Elena Kantareva und ihr Team arbeiten an einem besonders ehrgeizigen Projekt. Auf den ersten Blick sieht die Arbeitsstelle der Kunstprofessorin wie eine gewöhnliche Baustelle aus. Eingegrenzt von Bauzäunen arbeitet sie auf einem Gelände, das vollständig von Sand bedeckt ist. Hier stand mal die frühchristliche Basilika von Philippopolis. So hieß Plowdiw im 5. Jahrhundert nach Christus, als die Basilika gebaut wurde. Sie ist das größte frühchristliche Bauwerk Bulgariens und eines der größten des gesamten Balkans. In den vergangenen 30 Jahren war die Basilika verlassen und wurde auch nicht bewacht.
Rekonstruktion der frühchristlichen Basilika von Philippopolis
Bei der Rekonstruktion des Gebäudes fanden Elena Kantareva und ihr Team etwas, das ihre Herzen höher schlagen ließ. Zwei aufeinander liegende Schichten reich verzierter Mosaiken auf einer Fläche von mehr als 2000 Quadratmetern:
"Wir tragen alle Mosaiken erst mal ab, um sie zu restaurieren. Und hier wird dann ein zweistöckiges Gebäude errichtet. Im ersten Stock wird die untere Schicht der Mosaiken ausgestellt und im zweiten Stock die zweite Schicht. Darüber wird dann eine Straße gebaut, eine Fußgängerzone. Das Gebäude wird unter der Straße liegen und man wird durch sogenannte archäologische Fenster nach unten schauen können. Man wird praktisch die gesamte Basilika sehen können. Es wird ein sehr modernes Museum entstehen."
Römisches Bauwerke
Auf dem Dzhambas-Hügel oberhalb Plowdiws ist der Baulärm der Innenstadt nicht zu hören. Stattdessen liefern die Fingerübungen eines Studenten der nahegelegenen Musikschule den passenden Soundtrack. Die Töne erklingen aus einem gekippten Fenster, der Wind trägt sie bis zu den ersten Sitzreihen des alten römischen Theaters, das einen typischen Halbkreis formt.
Das Theater stammt aus dem zweiten Jahrhundert und seine 28 absteigenden Sitzreihen sind nach Süden ausgerichtet, so dass man von den weiter oben gelegenen Plätzen nicht nur die Bühne, sondern auch große Teile Plowdiws überblicken kann. Das Theater hat 7000 Plätze und ist auch heute noch in den Sommermonaten in Gebrauch.
Zurück in der Innenstadt. Hier, in der Fußgängerzone ist ein weiteres Wahrzeichen der Stadt verborgen. Unter der Einkaufsstraße, auf einer Länge von fast 200 und einer Breite von 50 Metern, erstreckt sich das römische Stadion. Ein kleiner Teil der im zweiten Jahrhundert gebauten Wettkampfanlage ist frei gelegt und präsentiert den Glanz früherer Zeiten, als im Stadion noch 30.000 Gäste einen Platz finden konnten. Hier gleich um die Ecke sind auch die Büros der Stiftung Plowdiw 2019, wo alle Fäden der Kulturhauptstadt zusammenlaufen.
Bestehendes weiterentwickeln
Svetlana Kujumdzhieva ist künstlerische Leiterin des Events, das am 12. Januar unter dem Motto "together" feierlich eröffnet wird. Die 41-Jährige sagt, dass es ihr bei der Planung sehr wichtig war, die Seele von Plowdiw zu bewahren und etwas zu erschaffen, das auch anschließend bleiben wird:
"Ich bemühe mich zum Beispiel darum, dass die Infrastruktur nicht zu sehr im Vordergrund steht. Wir kennen die Erfahrungen aus anderen Städten, die zum Beispiel die Olympischen Spiele ausgetragen haben, wo nach den Ereignissen leere Hüllen zurückbleiben, also Infrastruktur, die nicht mehr genutzt wird. Deswegen bemühen wir uns, keine neue Infrastruktur zu bauen, sondern Bestehendes weiterzuentwickeln und zu erhalten. Das ist unsere Maxime."
Im Szeneviertel Kapana ist es inzwischen Abend geworden. Zeit für ein Bier in der Bar von Dimitar Semkov. Der 36-Jährige ist sichtlich stolz darauf, dass sich das Viertel auf seine Initiative hin so gewandelt hat. Noch mehr stolz ist er allerdings auf das selbst gebraute Bier, für das seine Bar inzwischen in ganz Plowdiw bekannt ist.
Im Szeneviertel Kapana ist es inzwischen Abend geworden. Zeit für ein Bier in der Bar von Dimitar Semkov. Der 36-Jährige ist sichtlich stolz darauf, dass sich das Viertel auf seine Initiative hin so gewandelt hat. Noch mehr stolz ist er allerdings auf das selbst gebraute Bier, für das seine Bar inzwischen in ganz Plowdiw bekannt ist.