Kulturhauptstadt mit Hindernissen
Gemeinsam mit Essen und Istanbul wird die südungarische Stadt Pécs (ehemals Fünfkirchen) im kommenden Jahr europäische Kulturhauptstadt. Die Bischofsstadt liegt im Schnittpunkt vieler Kulturen. In der Vergangenheit wurde die Stadt von türkischen und deutschen Einflüssen geprägt. Als die Türken vertrieben wurden, zogen die Donauschwaben ins Land. Noch heute leben viele deutschstämmige Ungarn rund um Fünfkirchen. Unter dem Motto "Die grenzenlose Stadt" will sich Pécs multikulturell und weltoffen präsentieren. Doch es gibt Probleme, die geplanten Großprojekte werden nicht pünktlich fertig sein.
Im Rathaus herrscht geschäftiges Treiben. Nicht nur in der Burger-Filiale, die in Pécs den klassischen Ratskeller ersetzt, sondern auch in den oberen Etagen. Am Abend zuvor haben Sturm und Hagel Dächer abgedeckt, Bäume entwurzelt und rund um Pécs Weinreben vernichtet. Es besteht akuter Handlungsbedarf, und die Dauerkrise Kulturhauptstadt gerät für eine paar Stunden aus dem Blick.
Wird schon, beruhigt Márta Kunszt die Journalisten. Sie ist Vizebürgermeisterin und auch zuständig für Kultur. Pécs oder Fünfkirchen freue sich auf 2010. Auch Tamás Szalay vom Kulturhauptstadtbüro zeigt Optimismus.
"Ich denke, wenn man in eine Kulturhauptstadt reist, dann muss man in erster Minute sofort an der Straße fühlen, dass dort etwas Spezielles, Außergewöhnliches passiert. Und wir haben ganz, ganz fest vor, in Pècs etwas Spürbares und Sichtbares zu machen. Und es gibt einen anderen Aspekt, die Bürger von Pécs auch zu mobilisieren."
Tamás Szalay möchte die ganze Stadt begeistern, doch nicht alles läuft rund. Man könnte auch sagen, vieles läuft schief. Fünf Großprojekte stehen auf der Agenda für die europäische Kulturhauptstadt: eine regionale Bibliothek, ein Konferenzzentrum mit Konzerthalle, eine Ausstellungshalle, die Sanierung von 40 öffentlichen Plätzen und der Umbau des alten Zsolnay-Geländes, der berühmten Keramik-Fabrik der Stadt, das ein Kulturzentrum werden soll.
Der Info-Laden am Szechenyi Platz informiert über die Bauprojekte. Dort stehen kleine Modelle, und wer will, darf in dicken Folianten mit Bauplänen blättern. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Das geplante Kulturzentrum auf einem Teil des Zsolnay-Geländes ist nichts weiter als eine jämmerliche Brache. Managing Director Ruzsa Csaba wiegelt ab.
"Vor einem Jahr habe ich gesagt, dass wir einsehen müssen, dass diese Projekte 2010 fertig werden, aber nicht zum ersten Januar. Wir haben eigentlich vier kleine Viertel in dem Zsolnay-Viertel. Ich schätze jetzt, dass sie im Sommer 2010 fertig werden, das sagt unser Bauunternehmer. Das letzte wird sogar im Oktober, November, Dezember. Ja natürlich, ich sage jetzt nicht, dass alles im ersten Januar fertig ist, aber wir sagen, dass diese Projekte in 2010 übergeben werden können."
Die geplante Ausstellungshalle wurde schon gestrichen. Die Hälfte der veranschlagten Gelder fließt jetzt in die Sanierung des schon vorhandenen Museumsviertels. Im nächsten Jahr wollen die Museen trotzdem glänzen. Victor Vasarely wird als Sohn der Stadt gewürdigt, der Moderne wird eine Ausstellung gewidmet, und man will sich um das bisher wenig beachtete Bauhaus-Erbe kümmern. 2010 werden die Besucher an verschiedenen Orten dem Bauhaus begegnen.
Längst ist klar, Pécs selbst wird 2010 zum Hauptdarsteller: Prächtige Jugendstilfassaden, klassizistischer Prunk mit farbenfroher Majolika-Keramik aus heimischer Produktion prägen das südländische Bild der Stadt. Jährlich 2000 Sonnenstunden zählt die Statistik, das reicht für Feigen- und Zitronenbäume. Zurzeit sind überall Straßen und Plätze aufgerissen. Pécs macht sich schön.
Die katholische Kirche am Szechenyi-Platz ist eine umgebaute Moschee. 1543 kamen die Türken und blieben fast 150 Jahre. Joachim Habel, Donauschwabe und Leiter des Lenau-Hauses, das sich der deutschen Kulturpflege widmet, gibt den Reiseführer.
"Hier stand vor der türkischen Zeit die mittelalterliche gotische Pfarrkirche. Die Türken haben nach der Eroberung diese Pfarrkirche abgerissen und teilweise aus den Steinen ihre Moschee aufgebaut, die dann auch bis heute erhalten geblieben ist."
Die steinernen Zeugen aus osmanischer Zeit finden sich überall: Ruinen türkischer Bäder, Grabstellen und Moscheen. 2010 böte die Chance, zusammen mit Istanbul auf ein Stück gemeinsamer Geschichte zu blicken. Doch das ist momentan wohl zu viel verlangt. Pécs hat alle Hände voll zu tun, die 15 Minderheiten der Region unter einen Hut zu bringen. Roma und Donauschwaben gehören zu den bevölkerungsstärksten Minderheiten, aber auch Slawen, Kroaten und andere Völkerstämme leben in der Region. Diese Spuren sollen im nächsten Jahr für die Besucher sichtbar werden.
Ein opulentes Kulturprogramm gibt's schon in diesem Jahr. Am 22. August wird die katholische Kirche in Pécs 1000 Jahre alt, das soll gefeiert werden. Bischof Mihály Mayer wirkt ein bisschen pikiert, schließlich kann man tausend Jahre Christentum nicht so einfach als Vorspiel für die kommende Kulturhauptstadt betrachten.
"Ohne 2009 ist 2010 nicht begründet. Immer hören wir nur, das ist ein Jahr von der Kirche, und dieses Jahr leitet ein, und ich muss immer betonen, das stimmt so nicht, denn hier in Pécs ist das Bistum, der Bischof schon 1000 Jahre alt, das Christentum ist 1600 Jahre alt, und davon sind hier Grabkammern, und diese kann man dann auch besichtigen."
Der frühchristliche Friedhof neben dem Bischofspalast steht auf der UNESCO-Welterbeliste. An lauen Sommerabenden wird auf der angrenzenden Promenade flaniert, Kinder freuen sich über Zuckerwatte, es gibt Baumkuchen und Wein. Auf der Bühne treten Künstler auf, die ganze Stadt scheint auf den Beinen.
Soviel ist sicher, Pécs und seine Bewohner werden gute Gastgeber sein. Neue Bibliotheken und Kulturzentren in alten Fabrikgebäuden gibt's schließlich überall, aber Pécs - auf halber Strecke zwischen Essen und Istanbul - ist ganz unverwechselbar - und die neue Autobahn soll auf jeden Fall pünktlich befahrbar sein.
Wird schon, beruhigt Márta Kunszt die Journalisten. Sie ist Vizebürgermeisterin und auch zuständig für Kultur. Pécs oder Fünfkirchen freue sich auf 2010. Auch Tamás Szalay vom Kulturhauptstadtbüro zeigt Optimismus.
"Ich denke, wenn man in eine Kulturhauptstadt reist, dann muss man in erster Minute sofort an der Straße fühlen, dass dort etwas Spezielles, Außergewöhnliches passiert. Und wir haben ganz, ganz fest vor, in Pècs etwas Spürbares und Sichtbares zu machen. Und es gibt einen anderen Aspekt, die Bürger von Pécs auch zu mobilisieren."
Tamás Szalay möchte die ganze Stadt begeistern, doch nicht alles läuft rund. Man könnte auch sagen, vieles läuft schief. Fünf Großprojekte stehen auf der Agenda für die europäische Kulturhauptstadt: eine regionale Bibliothek, ein Konferenzzentrum mit Konzerthalle, eine Ausstellungshalle, die Sanierung von 40 öffentlichen Plätzen und der Umbau des alten Zsolnay-Geländes, der berühmten Keramik-Fabrik der Stadt, das ein Kulturzentrum werden soll.
Der Info-Laden am Szechenyi Platz informiert über die Bauprojekte. Dort stehen kleine Modelle, und wer will, darf in dicken Folianten mit Bauplänen blättern. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Das geplante Kulturzentrum auf einem Teil des Zsolnay-Geländes ist nichts weiter als eine jämmerliche Brache. Managing Director Ruzsa Csaba wiegelt ab.
"Vor einem Jahr habe ich gesagt, dass wir einsehen müssen, dass diese Projekte 2010 fertig werden, aber nicht zum ersten Januar. Wir haben eigentlich vier kleine Viertel in dem Zsolnay-Viertel. Ich schätze jetzt, dass sie im Sommer 2010 fertig werden, das sagt unser Bauunternehmer. Das letzte wird sogar im Oktober, November, Dezember. Ja natürlich, ich sage jetzt nicht, dass alles im ersten Januar fertig ist, aber wir sagen, dass diese Projekte in 2010 übergeben werden können."
Die geplante Ausstellungshalle wurde schon gestrichen. Die Hälfte der veranschlagten Gelder fließt jetzt in die Sanierung des schon vorhandenen Museumsviertels. Im nächsten Jahr wollen die Museen trotzdem glänzen. Victor Vasarely wird als Sohn der Stadt gewürdigt, der Moderne wird eine Ausstellung gewidmet, und man will sich um das bisher wenig beachtete Bauhaus-Erbe kümmern. 2010 werden die Besucher an verschiedenen Orten dem Bauhaus begegnen.
Längst ist klar, Pécs selbst wird 2010 zum Hauptdarsteller: Prächtige Jugendstilfassaden, klassizistischer Prunk mit farbenfroher Majolika-Keramik aus heimischer Produktion prägen das südländische Bild der Stadt. Jährlich 2000 Sonnenstunden zählt die Statistik, das reicht für Feigen- und Zitronenbäume. Zurzeit sind überall Straßen und Plätze aufgerissen. Pécs macht sich schön.
Die katholische Kirche am Szechenyi-Platz ist eine umgebaute Moschee. 1543 kamen die Türken und blieben fast 150 Jahre. Joachim Habel, Donauschwabe und Leiter des Lenau-Hauses, das sich der deutschen Kulturpflege widmet, gibt den Reiseführer.
"Hier stand vor der türkischen Zeit die mittelalterliche gotische Pfarrkirche. Die Türken haben nach der Eroberung diese Pfarrkirche abgerissen und teilweise aus den Steinen ihre Moschee aufgebaut, die dann auch bis heute erhalten geblieben ist."
Die steinernen Zeugen aus osmanischer Zeit finden sich überall: Ruinen türkischer Bäder, Grabstellen und Moscheen. 2010 böte die Chance, zusammen mit Istanbul auf ein Stück gemeinsamer Geschichte zu blicken. Doch das ist momentan wohl zu viel verlangt. Pécs hat alle Hände voll zu tun, die 15 Minderheiten der Region unter einen Hut zu bringen. Roma und Donauschwaben gehören zu den bevölkerungsstärksten Minderheiten, aber auch Slawen, Kroaten und andere Völkerstämme leben in der Region. Diese Spuren sollen im nächsten Jahr für die Besucher sichtbar werden.
Ein opulentes Kulturprogramm gibt's schon in diesem Jahr. Am 22. August wird die katholische Kirche in Pécs 1000 Jahre alt, das soll gefeiert werden. Bischof Mihály Mayer wirkt ein bisschen pikiert, schließlich kann man tausend Jahre Christentum nicht so einfach als Vorspiel für die kommende Kulturhauptstadt betrachten.
"Ohne 2009 ist 2010 nicht begründet. Immer hören wir nur, das ist ein Jahr von der Kirche, und dieses Jahr leitet ein, und ich muss immer betonen, das stimmt so nicht, denn hier in Pécs ist das Bistum, der Bischof schon 1000 Jahre alt, das Christentum ist 1600 Jahre alt, und davon sind hier Grabkammern, und diese kann man dann auch besichtigen."
Der frühchristliche Friedhof neben dem Bischofspalast steht auf der UNESCO-Welterbeliste. An lauen Sommerabenden wird auf der angrenzenden Promenade flaniert, Kinder freuen sich über Zuckerwatte, es gibt Baumkuchen und Wein. Auf der Bühne treten Künstler auf, die ganze Stadt scheint auf den Beinen.
Soviel ist sicher, Pécs und seine Bewohner werden gute Gastgeber sein. Neue Bibliotheken und Kulturzentren in alten Fabrikgebäuden gibt's schließlich überall, aber Pécs - auf halber Strecke zwischen Essen und Istanbul - ist ganz unverwechselbar - und die neue Autobahn soll auf jeden Fall pünktlich befahrbar sein.