Die Gräben in Europa mit Noten zuschütten
33:01 Minuten
Wie klingt Wagners "Ring" als Peking-Oper? Wie arbeitet man mit Künstlern, die kein Konzept haben, aber umso mehr Ideen? Gabriele Minz ist Kulturmanagerin aus Leidenschaft. Eines ihrer Herzensprojekte: Das Musikfestival "Young Euro Classic".
Der musikalische Nachwuchs ist "das, was wir als kulturelles Erbe in die Zukunft tragen", sagt die Kulturmanagerin Gabriele Minz über ihre Begeisterung für Jugendorchester. "Young Euro Classic", das Festival für junge Orchestermusiker aus aller Welt, findet in Berlin vom 19. Juli an zum 20. Mal statt. Und Gabriele Minz ist die treibende Kraft dahinter.
Die Idee dazu, Jugendorchester aus ganz Europa nach Berlin einzuladen, kam Gabriele Minz bei einem Gespräch mit dem damaligen Deutschlandradio-Intendanten Willi Steul. Eine einmalige Sache sollte es sein, ein kulturelles Highlight im Sommer des Millenium-Jahrs 2000. In der Berliner Kulturszene waren längst nicht alle von diesem Projekt überzeugt: "Die sagten: 'Völlig unmöglich. Sommerloch. Das gab's in Berlin noch nie.'"
Die Bedenkenträger hatten unrecht. Mittlerweile kommen alljährlich 1200 bis 1500 junge Musikerinnen und Musiker nach Berlin und ziehen reichlich Publikum in das Konzerthaus am Gendarmenmarkt. Das liegt auch am Konzept. So hat jeder Konzertabend einen prominenten Paten für die jungen Künstler, in diesem Jahr etwa Helge Schneider. "Ich bin sehr gespannt, was das wird", sagt Gabriele Minz lachend über die Zusammenarbeit mit dem exzentrischen Entertainer.
Europas Musiktradion, ein Exportschlager
Die Gräben in Europa mit Noten zuschütten, so hat Gabriele Minz den gesellschaftlich-politischen Anspruch der "Young Euro Classic" einmal beschieben. Die europäische Musiktradition sei weltweit "ein großer Exportschlager, eine Werbung für die Idee Europas." Das kann auch mal laut werden, wie wahrscheinlich in diesem Jahr am 4. August, wenn beim Schlusschor von Beethovens Neunter das Publikum ausdrücklich aufgefordert ist, aus voller Kehle mitzusingen.
Von Hause aus ist Gabriele Minz promovierte Volkswirtin und Psychologin, und letzteres kommt ihr bei ihren internationalen Kulturprojekten oft zugute. Denn da treffen immer auch unterschiedliche Mentalitäten aufeinander: "Als wir zum ersten Mal in Brasilien arbeiteten, da haben wir gesagt, 'na ja, wir brauchen ein Konzept.' Und dann sagten die: 'Warum Konzept? Wir haben doch eine gute Idee.'" So erkannte die deutsche Kulturmanagerin: "Es geht auch anders."
Nibelungen in der Peking-Oper
Das nächste große Projekt von Gabriele Minz nach dem Klassik-Festival ist eine Verschmelzung von Richard Wagners "Ring" und klassischer chinesischer Peking-Oper anlässlich des 25-jährigen Jubiläums der Städtepartnerschaft Berlin-Peking. Ein paritätisch besetztes europäisch-chinesisches Team wird aus den Klassikern beider Kulturen "etwas Neues, Drittes" schaffen, sagt Gabriele Minz, "ich weiß nicht, was dabei herauskommt." Und das klingt bei ihr sehr erwartungsfroh.
(pag)