Rechte Literatur

    Verlag soll "Neustart Kultur"-Fördergelder zurückzahlen

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    Ein Buch über Rechtsextremismus mit rausgerissenen Seiten liegt in der Bezirkszentralbibliothek im Eva-Maria-Buch-Haus in Berlin.
    Recherchen von Deutschlandfunk Kultur zur Vergabe von Fördergeldern im Rahmen des "Neustart Kultur"-Programms haben Empfangende aufgedeckt, die aus dem rechten Spektrum kommen. © picture alliance / dpa / Sebastian Gollnow
    Von Maximilian Kuball · 20.06.2024
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    Während der Corona-Pandemie wurde das rechtsextreme Buch „Kulturkampf um das Volk“ mit staatlichem Geld in Höhe von 7.500 Euro gefördert. Nach langer Prüfung verlangt der Börsenverein des Deutschen Buchhandels das Geld jetzt zurück.
    Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels hat den Lau-Verlag aus Reinbek aufgefordert, 7.500 Euro zurückzuzahlen. Das haben beide Seiten gegenüber Deutschlandfunk Kultur bestätigt. Das Geld hatte der Verlag aus dem Rettungs- und Zukunftsprogramm „Neustart Kultur“ erhalten, das die Bundesregierung während der Corona-Pandemie aufgelegt hatte. Einer der vielen Bausteine von Neustart Kultur waren „Druck- und Produktionskostenzuschüsse für Verlage“, die der Börsenverein im Auftrag der Bundesregierung vergeben hat.
    Der Lau-Verlag hatte das Geld für Druck und Produktion von „Kulturkampf um das Volk - Der Verfassungsschutz und die nationale Identität der Deutschen" von Martin Wagener erhalten. Nach Erscheinen wurde das Buch vom deutschen Inlandsgeheimdienst, dem Bundesamt für Verfassungsschutz, in Teilen als extremistisch eingestuft. So berichtete es 2022 das Fernsehmagazin „Kontraste”.

    Buch als extremistisch eingestuft

    Grundlage dieser Einschätzung war laut „Kontraste“ die zentrale These des Buches: „Die Bundesregierung unter Angela Merkel versucht, aus der deutschen Kulturnation eine multikulturelle Willensnation zu machen. Diese Politik wird gegen große Teile des Volkes durchgesetzt, die in Umfragen immer wieder erkennen lassen, das Projekt nicht zu unterstützen.” Insbesondere solche Passagen seien wegen der Nähe zum rechten Kampfbegriff "Ethnopluralismus" als extremistisch bewertet worden. Wagener selbst sagte dazu, die Vorwürfe des Verfassungsschutzes seien „inhaltlich frei erfunden“.

    Dlf Kultur-Recherche

    Nachdem Deutschlandfunk Kultur die Förderung dieses und weiterer womöglich rechtsextremer Buchprojekte öffentlich gemacht hatte, hatte der Börsenverein des Deutschen Buchhandels eine Überprüfung aller rund 1.000 unterstützten Titel angekündigt. Ein erstes Ergebnis dieser Prüfung ist nun, 14 Monate später, die Rückforderung gegenüber dem Lau-Verlag.
    Dafür hat der Börsenverein nach eigener Auskunft ein unabhängiges Gutachten beim Juristen Alexander Thiele eingeholt. Thiele ist Professor für Staatstheorie und Öffentliches Recht an der Business & Law School Berlin. Im Zentrum des Gutachtens steht dabei die Frage, „ob die Publikation dem Förderkriterium der Verfassungskonformität gerecht wird“.

    Gutachter: Verstoß gegen Förderrichtlinien

    Wer nämlich die „Druck- und Produktionskostenzuschüsse für Verlage“ in Anspruch nehmen wollte, musste bei der Antragstellung zusichern, “keine jugendgefährdenden, gewaltverherrlichenden, verfassungsfeindlichen oder strafbaren Inhalte” zu produzieren. Alexander Thiele aber kommt in seinem Gutachten „zu dem Ergebnis, dass die Annahme eines Verstoßes gegen die Förderrichtlinien begründet ist und folglich die Förderung rückgängig gemacht werden kann“. Sprich: Das Buch „Kulturkampf um das Volk“ sei eben doch verfassungsfeindlich und daher könne der Börsenverein das Geld zurückverlangen.

    Verlag legt Widerspruch ein

    Der Lau-Verlag hat beim Börsenverein Widerspruch dagegen eingelegt. Für den Verleger Willi Lau geht es bei dieser Auseinandersetzung „im Grundsatz um Meinungsfreiheit und Freiheit der Wissenschaft in unserem Land“. Mit seinen Büchern zu Geschichte, Zeitgeschichte und Politik stoße sein Verlag „zur Diskussion gesellschaftlich relevanter Themen“ an. Mit dem Vorwurf des Rechtsextremismus lasse sich dagegen jede Diskussion im Keim ersticken.
    Noch ist also unklar, ob es am Ende wirklich zu der geforderten Rückzahlung kommen wird. Der Börsenverein prüft derzeit das vierseitige Widerspruchsschreiben des Verlags. Parallel werde zudem die Überprüfung der weiteren rund 1.000 geförderten Buchprojekte fortgesetzt.
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