Kulturpolitik der AfD in Sachsen

"Wir wollen die größtmögliche Resonanz belohnen"

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Nur noch Spitzenförderung oder doch Breitenförderung in der Kultur? Die AfD Sachsen will vor allem "das Erfolgserlebnis" fördern. © Deutschlandradio
Karin Wilke im Gespräch mit Nana Brink |
Die AfD in Sachsen will Kulturförderung vom Erfolg abhängig machen. "Auch die weniger Erfolgreichen brauchen einen Ansporn", sagt die kulturpolitische Sprecherin der AfD im Sächsischen Landtag, Karin Wilke. Ob damit eine Art Erfolgsprämie gemeint ist, lässt Wilke offen.
Nana Brink: Wir haben ja viel im Programm schon über sächsische Kultur schon gesprochen, über grenzübergreifendes Theater im Dreiländereck, über die Veranstalter von Kinokaraoke in Dresden, die den Neumarkt nicht nur Pegida überlassen wollen. Beide Unternehmungen sind natürlich auch Statements von Kulturschaffenden, wie sie sich ihre Kultur im Freistaat vorstellen.
Dazu positionieren sich ja auch die Parteien im Sächsischen Landtag, und das macht natürlich auch die AfD, die bei der Bundestagswahl ja immerhin mehr Stimmen als die CDU letztes Jahr geholt hat. Das möchte ich jetzt auch mit Karin Wilke besprechen, sie ist kulturpolitische Sprecherin der AfD im Sächsischen Landtag. Einen schönen guten Tag Frau Wilke!
Karin Wilke: Guten Tag Frau Brink!
Brink: In Ihrem Grundsatzprogramm sprechen Sie davon, die deutsche kulturelle Identität als Leitkultur verteidigen zu müssen. Wie muss ich mir das denn vorstellen in Sachsen, dass direkt an Polen und Tschechien grenzt?
Wilke: Naja, also, der Begriff Verteidigung klingt sicher aggressiver, als er gemeint ist, er ist eigentlich defensiv. Wir bekennen uns damit lediglich zu unserer gewachsenen und über Generationen entwickelten Identität, genauso wie unsere Nachbarn in Polen und Tschechien und natürlich in anderen europäischen Ländern das auch tun.
Brink: Also zum Beispiel in Sachsen-Anhalt verlangt ja die AfD von den Museen und Theatern, einen positiven Bezug zur eigenen Heimat zu fördern. Zum Beispiel Stücke oder Ausstellungen sollen ein gutes Gefühl für die deutsche Geschichte hinterlassen. Würden Sie das auch so für sich definieren?
Wilke: In Sachsen würden wir eher nach Wegen der Verständigung mit unseren Nachbarn suchen und von dort aus mit ihnen sich über unsere kulturelle Identität verständigen. Das funktioniert sicherlich erst mal sprachlich bei der allgemeinen Orientierung.
Aber ich denke mal, es klappt in Sachsen sehr gut, da es gerade auch in Sachsen, Polen und Tschechien einen großen Fundus an gegenseitigem Sprachverständnis gibt und wir uns damit gegenseitig befruchten können, auch natürlich bei grenzüberschreitenden Kunst- und Kulturprojekten.
Brink: Da würde ich aber eine kleine Einschränkung machen, denn nach all meinen Erfahrungen sprechen die Tschechen und Polen besser Deutsch, als das eigentlich umgekehrt der Fall ist.
Wilke: Das stimmt, denn wir haben ja einen großen Fundus an gegenseitigem Sprachverständnis, also in Tschechien und auch in Polen gibt es die deutschen Minderheiten und viel Gemeinsames. Ohne diese kulturelle Identität, also diese Verständigung über die gemeinsamen Wurzeln, aber auch die Unterschiede und eigenen Erfahrungen, wären auch solche grenzüberschreitenden, gemeinsamen Arbeiten und Projekte gar nicht denkbar.
Brink: Wie zum Beispiel dieses Drei-Länder-Theaterabo. Dann halten wir mal an der Stelle fest, dass Leitkultur in Sachsen durchaus auch polnische und tschechische Kultur beinhaltet.
Ich möchte noch mal wirklich auf Kulturpolitik zu sprechen kommen, denn von Ihnen gibt es Äußerungen im Landtag, Kultur soll nicht politisch sein, sondern unterhalten, sagen Sie. Wie meinen Sie das, gibt es jetzt nur noch die Csárdásfürstin und kein Brecht mehr?

Der Theaterbetrieb ist der AfD zu links

Wilke: Nein! Also sagen wir mal ganz im Sinne Bertolt Brechts, Kultur, Kunst und Theater funktioniert auf zwei Ebenen: Die erste Ebene ist die der Wirkung, also wenn Sie so wollen, die der Unterhaltung. Und die zweite Ebene ist dann die Begeisterung der Macher oder Schöpfer des Theaters darüber, wie das erreicht wurde.
Politisch wird das System eigentlich dann nur durch die Politik. Nach dem Motto: Wessen Brot ich esse, dessen Lied ich singe. Unsere Kulturpolitik tickt nun mal links gerade, ganz besonders auch im Bereich der Theater.
Brink: Können Sie da ein Beispiel nennen, was Sie da besonders stört? Das würde ich gern genauer wissen.
Wilke: Das linke Theater gibt es ja schon seit den 68er-Zeiten …
Brink: Würden Sie denn sagen, dass das staatliche Theater in Sachsen links ist?
Wilke: Das würde ich auf jeden Fall, genauso wie in anderen, also im gesamten Deutschland, würde ich das für das sächsische Theater auch konstatieren.
Brink: Nun hat ja Ihr Chef – ganz kurz noch mal, um das zu präzisieren – weil Ihr Chef Jörg Urban, also der Fraktionsvorsitzende der AfD im Sächsischen Landtag, hat ja auch gesagt, der Staat solle Einfluss nehmen durchaus auf Spielpläne und Ausstellungen.

"Da brauchen wir eigentlich in Spielpläne nicht einzugreifen"

Wilke: Also, ich denke nicht, dass wir in die Spielpläne eingreifen müssen, denn wie kämen wir dazu. Wir vertreten den Standpunkt, dass eigentlich nichts erfolgreicher macht als der Erfolg. Auch die weniger Erfolgreichen brauchen einen Ansporn, deshalb wollen wir den Erfolg im Interesse aller Anbieter fördern und eigentlich die größtmögliche Resonanz belohnen. Das heißt, das Erfolgserlebnis. Da brauchen wir eigentlich in Spielpläne nicht einzugreifen.
Brink: Es gibt noch einen interessanten Hinweis bei Ihnen in der Fraktion, und zwar sagen Sie im Rahmen von Kulturpolitik, Sie wollen keinen "Verordnungsstaat", der durch Fördermittel und Auszeichnungen in die Kulturproduktion eingreift. Da könnte man ja auch folgern, Sie wollen keine staatliche Finanzierung von Theatern und Museen mehr, auch nicht für den Eintritt. Wie kann das funktionieren?
Wilke: Im Sinne der Kunstfreiheit wäre es sicherlich am allerbesten, wenn gar keine Institution von staatlicher Förderung abhängig wäre. Das ist aber wohl leider nur ein schöner Traum. Also sehen wir in der staatlichen Kulturförderung praktisch die Funktion der Hilfe zur Selbsthilfe. Und wie man den Eintritt als Normalbürger bezahlen kann, wird sich einpegeln, denn …

"Ein freier Eintritt kann eigentlich nicht generell gemacht werden"

Brink: Aber Sie könnten ja mal einen Vorschlag machen, ich habe da gar nichts gefunden, keine große, keine kleine Anfrage, oder überhaupt gar keine Anfrage. Das wäre doch mal eine Idee.
Wilke: Sie meinen jetzt … freier Eintritt in Museen, oder …
Brink: Ja, zum Beispiel.
Wilke: Naja, hinter der Idee des freien Eintritts steckt eigentlich die Überlegung, dass das gesammelte Gut schon ein gemeinsames und auch bezahltes Gut sein könnte. Das ist natürlich beim Theater nicht so, denn weil jemand beschließt, Schauspieler, Stückeschreiber oder Regisseur zu werden, wird daraus noch kein gemeinschaftlicher Wert.
Aber man kann in Sachsen ja auch schon frei – ohne Eintritt – als Jugendlicher oder Kind in die Dresdner Staatlichen Kunstsammlungen kommen, auch Kunststudenten haben freien Eintritt dort. Generell würde ich das aber, ein freier Eintritt kann eigentlich nicht generell gemacht werden, schon aus ökonomischen Gründen nicht.
Brink: Das halten wir mal so fest. Vielen Dank, die kulturpolitische Sprecherin der Afd im Sächsischen Landtag, Karin Wilke. Danke, dass Sie bei uns waren für das Gespräch!
Wilke: Gerne!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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