Neue Fakten und neue Gerüchte
Wiener Burgtheater in den Schlagzeilen: Erst entließ der Direktor seine Vizedirektorin aufgrund nicht nachvollziehbarer Buchungen, jetzt weist er auf massiv erhöhte Verbindlichkeiten hin. Der Rechnungshof ist alarmiert.
Es ist schwierig, Silvia Stantejsky etwas vorzuwerfen, außer, dass sie es mit dem Wiener Burgtheater möglicherweise etwas zu gut gemeint hat. 33 Jahre lang arbeitete sie für das Haus. Im Jahr 2008 übernahm sie die kaufmännische Geschäftsführung, im September 2013 wurde sie zur Stellvertreterin von Direktor Matthias Hartmann. Sie gilt als allseits beliebt und absolut loyal gegenüber dem Theater.
Im Dezember wurde Stantejsky entlassen. Sofort solidarisierte sich das gesamte Ensemble des Burgtheaters mit ihr. Direktor Hartmann sagt dazu:
"Das Ensemble hat sich keineswegs gegen mich gestellt. Und ich habe mich auch solidarisch mit Frau Stantejsky gestellt, unter dem Vorbehalt, dass diese Dinge sich hoffentlich, und da sind wir uns alle einig hier am Burgtheater, so schnell wie möglich aufklären lassen."
Was war konkret passiert? Das Nachrichtenmagazin "Profil" berichtet in seiner aktuellen Ausgabe, wonach man eine fünfstellige Summe auf Silvia Stantejskys Privatkonto gefunden habe - überwiesen vom Burgtheater. Das sei auch der Grund ihrer Entlassung gewesen.
Hatte sich Stantejsky persönlich bereichert? Nein, sagt ihre Anwältin. Es handle sich um eine Rücküberweisung. Denn ihre Mandantin habe dem Burgtheater die nicht näher genannte Summe aus ihrem Privatvermögen vorgestreckt. Und das sei dem Theater bekannt gewesen. Wenn dem so ist, hätte Matthias Hartmann, nach dem Vier-Augen-Prinzip, diese Überweisung unterschreiben müssen.
"Sofern sie mir zur Kenntnis gebracht wird, ja. Da muss ich sie sehen, da muss sie meine Unterschrift tragen. Da muss man mir sie geben, dann kann ich auch etwas unterschreiben, dann kann ich auch nachfragen, was es ist. Das tu ich dann auch. Aber, ich habe sie sicherlich nicht unterschrieben."
Sagt Matthias Hartmann.
Es steht also Aussage gegen Aussage. Der österreichische Kulturminister Josef Ostermayer stellt sich hinter den Burgtheaterdirektor.
"Also mein Eindruck ist schon, dass Themen aufgetreten sind, Themen aufgetaucht sind, seit es einen neuen Wirtschaftstreuhänder gibt und dass es da offenbar Punkte gibt, die man untersuchen muss und die auch untersucht werden. Aber mein Eindruck ist auch, dass die Bundestheater-Holding Vertrauen zu Matthias Hartmann hat. Ich auch."
Sagt Ostermayer.
Außerhalb parlamentarischer Kontrolle
Die Bundestheater-Holding - ein Konstrukt, in das die Oppositionsparteien im österreichischen Parlament kein Vertrauen haben. Denn die Holding, in deren Eigentum sich das Burgtheater, die Volksoper und die Staatsoper befinden, entziehe sich der parlamentarischen Kontrolle.
Wenn Abgeordnete Anfragen bezüglich der Bundestheater-Holding stellten, bekämen sie nämlich keine Antwort, sagt Wolfgang Zinggl, der Kultursprecher der Grünen:
"Weil der zuständige Bundesminister uns darauf hinweist, dass die Republik nicht im Besitz dieser Theaterinstitutionen ist, sondern die Holding Eigentümer wäre."
Tatsache ist: die einzelnen Theater sind zwar im Eigentum der Holding, doch die Holding ist zu 100 Prozent im Eigentum des Bundes, wird also über Steuergeld finanziert.
Kulturminister Josef Ostermayer versteht die Aufregung um die Holding nicht. In einer schriftlichen Stellungnahme weist er darauf hin, dass Anfragen bezüglich der Holding immer beantwortet würden. Zu den einzelnen Theatern gebe man dann Auskunft, wenn Beschlüsse des Aufsichtsrates vorlägen.
Wolfgang Zinggl von den Grünen entgegnet, dass es demnach zu vielen wichtigen Themen keine Beschlüsse, und deshalb auch keine Auskünfte gäbe.
Die aktuellen Entwicklungen im Burgtheater haben nun auch den Rechnungshof alarmiert: Er stellt wegen der Entlassung der Vizedirektorin Silvia Stantejsky eine, wie es heißt, "erhöhte Risikorelevanz" im Burgtheater fest. Das bedeutet, dass der Rechnungshof sich nicht nur mit der Bundestheater-Holding als Ganzes befassen will, sondern das Burgtheater vermutlich auch noch separat prüfen wird.
Burgtheater Direktor Matthias Hartmann begrüßt diese Überlegungen.
Er weist schon seit Längerem auf die schwierige finanzielle Situation des Burgtheaters hin. Die Bilanzen zeigen, dass sich die Verbindlichkeiten seit dem Jahr 2006 von 4,8 Millionen Euro auf über 16 Millionen erhöht haben.
Matthias Hartmann hofft auf mehr Geld - doch Minister Ostermayer winkt schon jetzt ab: Es sei nach fünf Jahren Wirtschaftskrise nicht möglich, das Kulturbudget zu erhöhen.