Protest, Erinnerung und Versöhnung
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Die Gewalt der Polizei und die Proteste gegen die Regierung in Kolumbien halten an. Bei den Demonstrationen und dem Versuch, die gespaltene Gesellschaft zu einen, spielten die Kulturschaffenden eine wichtige Rolle, sagt der Kurator Oscar Ardila.
Durch die Pandemie ist der Friedensprozess zwischen der Regierung und den FARC-Rebellen in Kolumbien zum Erliegen gekommen. Inzwischen gehören Massenproteste, Ausschreitungen, Repression und Gewalt wieder zum Alltag - vor allem in den großen Städten.
Kunst und Aktivismus gab es schon früher
Der kolumbianische Kurator und Kunsthistoriker Oscar Ardila lebt seit mehreren Jahren in Berlin und steht mit Künstlerinnen und Künstlern in seiner Heimat in Kontakt. Die Politisierung der Kulturschaffenden habe 2016 begonnen, als die kolumbianische Regierung zum Beginn des Friedensabkommens mit der FARC-Guerilla Künstlerinnen und Künster in den Prozess des Wandels einband, berichtet er. In dieser Zeit sei ein neuer Raum für Kunstaktionen geschaffen worden, die Kunstszene habe mit Gewaltopfern und sozialen Initiativen zusammengearbeitet. Dabei sei auch eine Erinnerungskultur an die Opfer des Bürgerkrieges entstanden.
Auch jetzt arbeiteten Aktivisten und Künstler an der Spitze der Protestbewegung zusammen, sagt Ardila. Doch die Proteste würden schnell kriminalisiert, und es werde hauptsächlich über die gewaltsamen Demonstrationen berichtet. Dabei fänden sehr viele Aktionen statt, "wo es keine Gewalt gibt und wo vorne Musiker, Künstler, Theaterleute und Kulturschaffende stehen und einfach ruhig, freundlich und sehr engagiert das durchführen".
Dem Protest Ausdruck verleihen
Neben den Demonstrationen gebe es auch Projekte, die die Erinnerungskultur nach dem Friedensabkommen fortführen wollten. Dabei hätten beispielsweise Kulturschaffende verschiedene Denkmäler kurzzeitig "besetzt" und diese mit Plakaten und Graffitis verändert und neu benannt.
Obwohl die Corona-Pandemie viele Probleme wie Armut verstärkt habe, richte sich der Protest doch gegen Missstände, die es schon davor gegeben habe. Künstler hätten keine soziale Sicherheit, und während Investitionen in die IT-Branche stiegen, werde beispielsweise die Filmförderung verkürzt oder ganz abgeschafft, so Ardila.
Die Gesellschaft zusammenbringen
"Unsere kolumbianische Gesellschaft ist leider sehr stark davon geprägt, dass andere politische Meinungen, Armut und Indigene marginalisiert werden. Und wenn sie Empowerment wollen oder entscheiden, ein Denkmal zu besetzen, dann werden sie als Kriminelle bezeichnet", kritisiert der Kurator. Die Künstler spielten vor diesem Hintergrund eine vereinende Rolle im Protest. Sie versuchten, die gespaltene Gesellschaft in einen Dialog zu bringen und die Demonstrationen zu entkriminalisieren.
(kpa)