Den Klängen auf der Spur
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Das Haus der Statistik in Berlin wird umgebaut und soll nach der Renovierung angenehmer erklingen. Soundforscher des Künstlerkollektivs "Selbstgebaute Musik" sind deshalb mit Passanten im Gespräch und beschäftigen sich mit Erinnerungen an Geräusche.
Wie ein Ort klingt, das fragt sich das Berliner Künstlerkollektiv "Selbstgebaute Musik" bei einem ganz besonderen Gebäudekomplex: Dem Haus der Statistik am Alexanderplatz. Es stand lange leer, seit einigen Jahren haben sich hier viele Kunst- und Nachhaltigkeitsprojekte angesiedelt und ein Stück Freiraum erobert. Nun wird das Haus aus den 1960ern der DDR renoviert und umgebaut. Die Projekte sind größtenteils in Container umgezogen und damit verliert sich gerade auch der Klang des Gebäudes.
Suche nach dem richtigen Klang
„Allesandersplatz“ steht in silberner Schrift über dem besprayten Haus der Statistik. Zehn Stockwerke tiefer ist eine zwei Meter hohe rot-weiße Wand auf Rädern mit Lautsprechern, Plakaten und roten Knöpfen zu sehen. Davor erklärt Hajo vom Künstlerkollektiv "Selbstgebaute Musik", was sie mit dieser Soundwand vorhaben: "Das ist die Alexander-Soundwand, das ist ein bisschen unser Kommunikationsmittel, eine Mischung aus Plakatwand und Kunstinstallation."
An der Wand hängt auch ein Plastikrohr mit Metalltrichter. Damit hört man in das Straßenrauschen. Ziel des Projekts ist es, zusammen mit Soundforschenden der Techischen Universität Berlin Mittel zu finden, um den Klang um den Gebäudekomplex angenehmer zu gestalten. Doch erstmal will Hajo von Passanten wissen, wie sich der Gebäudekomplex anhört. "Welche Orte hier rund um das Haus empfindest Du als laut und welche als leise?"
Wenige Schritte weiter stehen zwei Eschenbäume zwischen den Plattenbauten. Hier steht Hajos Kollektiv einige Tage später wieder mit der Soundwand und befragt eine Gruppe junger Menschen, wie sie den Klang wahrnehmen.
Geräusche der Vergangenheit
In der DDR gehörte das Haus dem staatlichen Amt für Statistik. Lange Flure und Linoleumböden, keine Musik. Der damalige Mitarbeiter Klaus Pötzsch erinnert sich: "Dann kamen regelmäßig solche Rollwagen vorbei und dieses Rollgeräusch von diesen Aktenwagen, das war so ein typisches Geräusch. Es wurde viel telefoniert. Dieses Geräusch dieser Wähscheiben, das ist mir auch im Gedächtnis geblieben", sagt er. "Dadurch dass es so ein langer Gang war und so hellhörig, hat man oermanent eine zugeschlagene Tür und einen sich drehenden Schlüssel gehört."
Auch die Geräusche um das Areal haben sich mit der Zeit verändert. An einem der lautesten Plätze, wo sich hinter dem Haus zwei große Straßen samt Straßenbahn und hektischn Berliner treffen, habe es zu DDR-Zeiten anders geklungen, erzählt eine ältere Anwohnerin: "So tumulthaft war das nicht", sagt sie. "Zu DDR-Zeiten war das hier ruhig, da war nicht der starke Straßenverkehr. Deswehen konnte ich auch das Wohnen in Parterre aushalten mit Wohnungen, die nur zur Straße rausgingen." Das sei heute nichr mehr machbar.
Verschiedene Empfindungen
Hajo fragt sie an der Alexsoundwand, was Sie mit den Geräuschen assoziere: "Ich bin zuhause, das ist die Assoziation." Ein junger Familienvater empfindet den Ort als belastend, aber auch typisch städtisch. Er vergleicht den Klang mit einem Ameisenhaufen.
Solche Gespräche helfen dem Kollektiv zu verstehen, wie Menschen Klangkulissen wahrnehmen. Alles Erkenntnisse, die sie in Workshops mitnehmen, an deren Ende dann ein Konzept entsteht, wie das Haus der Statistik in Zukunft klingen soll.