Kunst als Chronik des Umbruchs
Rubens und van Dyck, Jan Steen und Pieter de Hooch - die Meister der niederländischen Malerei des 17. Jahrhunderts gehören zu den Lieblingen des Publikums. Die Ausstellung "Freiheit, Macht, Pracht" im Wuppertaler von der Heydt-Museum will mit rund 150 Bildern in der Kunst auch die politische und soziale Entwicklung in den Niederlanden deutlich machen.
Don Ferdinando war dagegen. Sein kühler, skeptischer Blick trifft den Betrachter als erstes beim Rundgang durch die Wuppertaler Ausstellung. Peter Paul Rubens hat ihn porträtiert. Ein sehr junger Mann im Kardinalspurpur, leicht vorspringende Augen und eine stark gewölbte Unterlippe weisen ihn als Habsburger aus. Don Ferdinando war ein jüngerer Sohn des spanischen Königs, wurde mit zehn aus politischem Kalkül zum Kardinal von Toledo gemacht, was ihn aber gar nicht daran hinderte, als Feldherr in den Krieg zu ziehen. In den Krieg gegen die nördlichen, die von der spanischen Krone abtrünnigen Provinzen der Niederlande.
Mit Don Ferdinandos Geschichte sind schon viele wichtige Stichworte dieser Ausstellung angerissen. Das Goldene Zeitalter der niederländischen Malerei wird hier sichtbar als eine Epoche des Umbruchs und der Konflikte, eines achtzigjährigen Krieges, in dem die spanischen Statthalter im Süden um den Erhalt des habsburgischen Imperiums und des katholischen Glaubens, die Generalstaaten im Norden um Unabhängigkeit und Autonomie, in Glaubens- wie in Wirtschaftsfragen, kämpften.
Gerhard Finckh: "Wir haben versucht, diese Bilder zu durchleuchten und festzustellen: Was sind das für Geschichten, die da erzählt werden und was bedeuteten diese Geschichten für die Menschen des 16. und 17. Jahrhunderts? Das ist der besondere Ansatz."
Museumsdirektor Dr. Gerhard Finckh wünscht sich wissensdurstige Besucher, denn es gibt viel zu lesen in Wandtexten und Bilderläuterungen. Und noch mehr im reichhaltigen Katalog, den er gemeinsam mit Nicole Hartje-Grave herausgegeben hat.
Aber die Wuppertaler Schau ist trotzdem alles andere als trocken. Denn wenn man einmal auf die richtigen Fragen gestoßen ist, fangen die Bilder an zu sprechen. Beispielsweise die berühmte Landschaftsmalerei mit Windmühlen, kleinen Städten unter dem endlos gedehnten Horizont und Meeresansichten in wechselnder Beleuchtung der Jahreszeiten sind eine Augenweide, von Koryphäen wie Jan van Goyen oder Jacob van Ruisdael gemalt.
In Wuppertal wird einem aber außerdem noch klar: Jedes Bild bekräftigt einen politischen Anspruch, die Schönheit des Landes und die stolze Sorgfalt, die man seiner Darstellung widmet, dienen der patriotischen Selbstvergewisserung einer jungen Nation. Und sogar vermeintlich Langweiliges gewinnt politische Brisanz, wie die zahlreichen Darstellungen von protestantisch-kargen Kirchenräumen mit den Grabdenkmälern der Anführer des Aufstands, vor allem Wilhelm von Oranien.
Gerhard Finckh: "Dieser Wilhelm von Oranien war der Vater des Vaterlandes, und man wollte ihn in seiner Wohnung haben, so wie wir vielleicht in den 68er Jahren Che Guevara hatten, so wollte man so eine Kultfigur bei sich zu Hause haben und deswegen hat man diesen Bildnistypus gemalt und gerne gekauft."
Madonnenbilder aus dem königstreuen Süden wahren demgegenüber den katholischen Standpunkt. Und auch gesellschaftliche Unterschiede werden unmittelbar anschaulich: repräsentative Herrscherporträts wie Rubens' effektvoll inszeniertes Doppelbildnis des habsburgischen Statthalterpaares Isabella und Albrecht auf der einen, bürgerliches Selbstbewusstsein auf der anderen Seite.
Hier sind die erfolgreichen Kaufleute an die Stelle der Herren von Gottes Gnaden getreten und setzen sich ohne Scheu in Szene: in der Schützengilde, im Kontor der ostindischen Compagnie mit Rechnungsbüchern und Landkarten, im Familienkreis, wo man sich mit wenigen, aber kostbaren Ausstattungsstücken umgibt, die zugleich die weitverzweigten Beziehungen der damals größten Wirtschaftsmacht Europas verdeutlichen: orientalische Teppiche, chinesische Vasen, exotische Früchte. Und Gemälde, die immer wieder auf den Gemälden zu sehen sind. Denn in den Niederlanden entstand auch der erste freie, moderne Kunstmarkt in Europa.
Gerhard Finckh: "Bis 1579, bis sich die nördlichen von den südlichen Niederlanden abgespalten haben, bis dahin war Kunst eine Sache der Fürsten, des Klerus und der sehr Wohlhabenden, nun entstand in Holland ein eigener Kunstmarkt. Die Menschen waren wohlhabend und sie wollten neue Bilder für ihre schönen neuen reichen Häuser. Die Maler haben von sich aus Dinge gemalt, und die einfachen Bürger konnten sich diese Bilder für relativ wenig Geld kaufen."
In der Ausstellung sind viele Spitzenstücke aus der überreichen Kunstproduktion dieser kulturellen Blütezeit vertreten. Museen aus ganz Europa haben dazu beigetragen, ein großer Teil der Werke kommt aus Privatbesitz und war selten oder nie vorher öffentlich zu sehen. In Wuppertal kann man sie nicht nur kulinarisch genießen, sondern auch viel und manches Neue erfahren. Man muss sich aber schnell zum Besuch entschließen. Die illustren Gäste bleiben nur bis zum 23. August im von der Heydt-Museum. Weitere Stationen gibt es nicht für die Bilder aus dem Goldenen Zeitalter.
Service/Info:
Die Ausstellungt "Freiheit, Macht und Pracht - Die niederländische Kunst im 17. Jahrhundert" ist bis zum 23.8.2009 im Von der Heydt-Museum Wuppertal zu sehen.
Mit Don Ferdinandos Geschichte sind schon viele wichtige Stichworte dieser Ausstellung angerissen. Das Goldene Zeitalter der niederländischen Malerei wird hier sichtbar als eine Epoche des Umbruchs und der Konflikte, eines achtzigjährigen Krieges, in dem die spanischen Statthalter im Süden um den Erhalt des habsburgischen Imperiums und des katholischen Glaubens, die Generalstaaten im Norden um Unabhängigkeit und Autonomie, in Glaubens- wie in Wirtschaftsfragen, kämpften.
Gerhard Finckh: "Wir haben versucht, diese Bilder zu durchleuchten und festzustellen: Was sind das für Geschichten, die da erzählt werden und was bedeuteten diese Geschichten für die Menschen des 16. und 17. Jahrhunderts? Das ist der besondere Ansatz."
Museumsdirektor Dr. Gerhard Finckh wünscht sich wissensdurstige Besucher, denn es gibt viel zu lesen in Wandtexten und Bilderläuterungen. Und noch mehr im reichhaltigen Katalog, den er gemeinsam mit Nicole Hartje-Grave herausgegeben hat.
Aber die Wuppertaler Schau ist trotzdem alles andere als trocken. Denn wenn man einmal auf die richtigen Fragen gestoßen ist, fangen die Bilder an zu sprechen. Beispielsweise die berühmte Landschaftsmalerei mit Windmühlen, kleinen Städten unter dem endlos gedehnten Horizont und Meeresansichten in wechselnder Beleuchtung der Jahreszeiten sind eine Augenweide, von Koryphäen wie Jan van Goyen oder Jacob van Ruisdael gemalt.
In Wuppertal wird einem aber außerdem noch klar: Jedes Bild bekräftigt einen politischen Anspruch, die Schönheit des Landes und die stolze Sorgfalt, die man seiner Darstellung widmet, dienen der patriotischen Selbstvergewisserung einer jungen Nation. Und sogar vermeintlich Langweiliges gewinnt politische Brisanz, wie die zahlreichen Darstellungen von protestantisch-kargen Kirchenräumen mit den Grabdenkmälern der Anführer des Aufstands, vor allem Wilhelm von Oranien.
Gerhard Finckh: "Dieser Wilhelm von Oranien war der Vater des Vaterlandes, und man wollte ihn in seiner Wohnung haben, so wie wir vielleicht in den 68er Jahren Che Guevara hatten, so wollte man so eine Kultfigur bei sich zu Hause haben und deswegen hat man diesen Bildnistypus gemalt und gerne gekauft."
Madonnenbilder aus dem königstreuen Süden wahren demgegenüber den katholischen Standpunkt. Und auch gesellschaftliche Unterschiede werden unmittelbar anschaulich: repräsentative Herrscherporträts wie Rubens' effektvoll inszeniertes Doppelbildnis des habsburgischen Statthalterpaares Isabella und Albrecht auf der einen, bürgerliches Selbstbewusstsein auf der anderen Seite.
Hier sind die erfolgreichen Kaufleute an die Stelle der Herren von Gottes Gnaden getreten und setzen sich ohne Scheu in Szene: in der Schützengilde, im Kontor der ostindischen Compagnie mit Rechnungsbüchern und Landkarten, im Familienkreis, wo man sich mit wenigen, aber kostbaren Ausstattungsstücken umgibt, die zugleich die weitverzweigten Beziehungen der damals größten Wirtschaftsmacht Europas verdeutlichen: orientalische Teppiche, chinesische Vasen, exotische Früchte. Und Gemälde, die immer wieder auf den Gemälden zu sehen sind. Denn in den Niederlanden entstand auch der erste freie, moderne Kunstmarkt in Europa.
Gerhard Finckh: "Bis 1579, bis sich die nördlichen von den südlichen Niederlanden abgespalten haben, bis dahin war Kunst eine Sache der Fürsten, des Klerus und der sehr Wohlhabenden, nun entstand in Holland ein eigener Kunstmarkt. Die Menschen waren wohlhabend und sie wollten neue Bilder für ihre schönen neuen reichen Häuser. Die Maler haben von sich aus Dinge gemalt, und die einfachen Bürger konnten sich diese Bilder für relativ wenig Geld kaufen."
In der Ausstellung sind viele Spitzenstücke aus der überreichen Kunstproduktion dieser kulturellen Blütezeit vertreten. Museen aus ganz Europa haben dazu beigetragen, ein großer Teil der Werke kommt aus Privatbesitz und war selten oder nie vorher öffentlich zu sehen. In Wuppertal kann man sie nicht nur kulinarisch genießen, sondern auch viel und manches Neue erfahren. Man muss sich aber schnell zum Besuch entschließen. Die illustren Gäste bleiben nur bis zum 23. August im von der Heydt-Museum. Weitere Stationen gibt es nicht für die Bilder aus dem Goldenen Zeitalter.
Service/Info:
Die Ausstellungt "Freiheit, Macht und Pracht - Die niederländische Kunst im 17. Jahrhundert" ist bis zum 23.8.2009 im Von der Heydt-Museum Wuppertal zu sehen.