Kunst als Geldanlage
Ein Kunstwerk, das vor ein paar Jahren noch für 1000 Euro zu haben war, erzielt bei einer Auktion plötzlich 10.000 Euro: Wie genau kam es in so kurzer Zeit zu so einer gewaltigen Wertsteigerung? Und warum passiert das anderen Kunstwerken, die vielleicht ganz ähnlich aussehen, nicht?
Dass man das eben im Detail nie genau erklären kann, liegt an der extremen Verschwiegenheit des selbst für Insider oft schwer durchschaubaren Kunstbetriebes. Und daran, dass kein anderer Markt ähnlich konsequent verleugnet, überhaupt ein Markt zu sein, wie der Kunstmarkt. So als ob das Wort Markt ehrenrührig wäre für die Kunst. Dabei wird heute bereits von "Kunstmarktkunst" gesprochen. Es gibt Zeitschriften, wie den "Art Investor", die sich wie das Handelsblatt gerieren und Anlagetipps geben. Insofern ist das Buch, das Katja Blomberg geschrieben hat, gleich für zwei große Zielgruppen hoch interessant: Für die Kunstinteressierten, die sich fragen, welche Marktmechanismen bewirken, dass sie in Ausstellungen, bei Messen und auf Auktionen immer wieder die gleichen drei Dutzend Namen vorfinden, wo es doch zehntausende Bildende Künstler allein in Deutschland gibt. Und für die Wirtschaftsinteressierten, die sich ihrerseits fragen, warum der Kunstmarkt scheinbar von allgemeinen ökonomischen Gesetzen befreit ist, warum zum Beispiel bei Kunstwerken die Preise fast nie sinken.
Nach dem Zusammenbruch der New Economy ist Gegenwartskunst als Geldanlage derart in Mode gekommen, dass sogar frischeste Akademieabsolventen in kürzester Zeit zu ungeahnten Preisen katapultiert wurden und manche Bilder aus der so genannten "Neuen Leipziger Schule" schon verkauft sind, bevor der erste Pinselstrich gemacht hat.
Inzwischen hat auch der Buchmarkt auf diesen neuen Kunstsammel-Boom reagiert. Das Buch von Katja Blomberg dürfte dabei mit Abstand das Beste, Lesbarste und Aufschlussreichste sein, was zu dem Thema zu haben ist. Blomberg, die jahrelang für die Frankfurter Allgemeine Zeitung über Gegenwartskunst berichtet hat und jetzt das Berliner Museum Haus am Waldsee leitet, tut das wahrscheinlich einzig Richtige: Sie gibt erst einen allgemeinen Überblick und leuchtet dann wie mit einer Sonde punktuell tief in das Dickicht des Kunstbetriebes hinein.
Sie stellt in schlaglichtartigen Einzelporträts eine repräsentative Auswahl derjenigen vor, die an der Wertschraube mitdrehen. Die Perspektive ist dabei in erster Linie eine deutsche, und das hat den Vorteil, dass man von fast allen Akteuren schon einmal gehört hat. Natürlich ist da Friedrich Christian Flick, der sich von seinen Galeristen in kürzester Zeit eine Sammlung zusammenstellen lassen hatte, die nun als Leihgabe in den Berliner Museen den belasteten Namen Flick in einen angeseheneren Kontext stellen soll und nach der musealen Adelung mit Gewinn weiterverkauft werden kann. Blomberg stellt Flicks Potenzgeste die Sammlung von Ingvild Goetz gegenüber, die zu den wirklich einflussreichsten Sammlerinnen Deutschlands gehört, die sich in München ihr eigenes Ausstellungshaus bauen ließ und erst einmal jahrelang nur schaute und lernte, bevor sie anfing zu kaufen. Blomberg erzählt von der Macht, die solche Sammler auf die Entwicklung von Künstlern haben.
So zurückhaltende Künstler wie Thomas Florschütz tauchen auf und so burschikose Galeristen wie der Leipziger Gerd Harry Lybke, außerdem Kunstberater, Auktionatoren, Kuratoren, Museumschefs, Kritiker und sogar kriminelle Amateure, die auch immer wieder versuchen, ein Stück vom Kuchen abzubekommen. Und wenn von geheimen Depots in Schweizer Zollfreilagern die Rede ist, wo Kunstwerke, die keiner, nicht mal der Betreiber der Anlage, kennt, wie wertvoller Wein ihrem Höchstpreis entgegenreifen, ohne das irgendein Fiskus darauf Zugriff hätte: Dann ist das zwar nicht direkt illegal, liest sich aber wie ein Thriller und zeigt ganz gut, wie halbseiden und fragwürdig die Geschäfte mit der Kunst auch sein können.
Das ist das Schöne an diesem Buch: Es behandelt seinen Gegenstand durchaus kritisch und macht trotzdem Lust darauf. Man möchte hinterher, wenn man denn nur könnte, eigentlich sofort mitmachen, selber sammeln. Gerade weil man vorher nicht wissen kann, ob der Künstler, von dem man ein Werk erwirbt, wirklich die Entwicklung macht, die man ihm zutraut.
Die Lektüre von Katja Blombergs "Wie Kunstwerte entstehen" ist für ein Sachbuch auffällig spannend und erregend.
Katja Blomberg: Wie Kunstwerte entstehen.
Murmann Verlag Hamburg 2005.
224 Seiten, 24,90 Euro
Nach dem Zusammenbruch der New Economy ist Gegenwartskunst als Geldanlage derart in Mode gekommen, dass sogar frischeste Akademieabsolventen in kürzester Zeit zu ungeahnten Preisen katapultiert wurden und manche Bilder aus der so genannten "Neuen Leipziger Schule" schon verkauft sind, bevor der erste Pinselstrich gemacht hat.
Inzwischen hat auch der Buchmarkt auf diesen neuen Kunstsammel-Boom reagiert. Das Buch von Katja Blomberg dürfte dabei mit Abstand das Beste, Lesbarste und Aufschlussreichste sein, was zu dem Thema zu haben ist. Blomberg, die jahrelang für die Frankfurter Allgemeine Zeitung über Gegenwartskunst berichtet hat und jetzt das Berliner Museum Haus am Waldsee leitet, tut das wahrscheinlich einzig Richtige: Sie gibt erst einen allgemeinen Überblick und leuchtet dann wie mit einer Sonde punktuell tief in das Dickicht des Kunstbetriebes hinein.
Sie stellt in schlaglichtartigen Einzelporträts eine repräsentative Auswahl derjenigen vor, die an der Wertschraube mitdrehen. Die Perspektive ist dabei in erster Linie eine deutsche, und das hat den Vorteil, dass man von fast allen Akteuren schon einmal gehört hat. Natürlich ist da Friedrich Christian Flick, der sich von seinen Galeristen in kürzester Zeit eine Sammlung zusammenstellen lassen hatte, die nun als Leihgabe in den Berliner Museen den belasteten Namen Flick in einen angeseheneren Kontext stellen soll und nach der musealen Adelung mit Gewinn weiterverkauft werden kann. Blomberg stellt Flicks Potenzgeste die Sammlung von Ingvild Goetz gegenüber, die zu den wirklich einflussreichsten Sammlerinnen Deutschlands gehört, die sich in München ihr eigenes Ausstellungshaus bauen ließ und erst einmal jahrelang nur schaute und lernte, bevor sie anfing zu kaufen. Blomberg erzählt von der Macht, die solche Sammler auf die Entwicklung von Künstlern haben.
So zurückhaltende Künstler wie Thomas Florschütz tauchen auf und so burschikose Galeristen wie der Leipziger Gerd Harry Lybke, außerdem Kunstberater, Auktionatoren, Kuratoren, Museumschefs, Kritiker und sogar kriminelle Amateure, die auch immer wieder versuchen, ein Stück vom Kuchen abzubekommen. Und wenn von geheimen Depots in Schweizer Zollfreilagern die Rede ist, wo Kunstwerke, die keiner, nicht mal der Betreiber der Anlage, kennt, wie wertvoller Wein ihrem Höchstpreis entgegenreifen, ohne das irgendein Fiskus darauf Zugriff hätte: Dann ist das zwar nicht direkt illegal, liest sich aber wie ein Thriller und zeigt ganz gut, wie halbseiden und fragwürdig die Geschäfte mit der Kunst auch sein können.
Das ist das Schöne an diesem Buch: Es behandelt seinen Gegenstand durchaus kritisch und macht trotzdem Lust darauf. Man möchte hinterher, wenn man denn nur könnte, eigentlich sofort mitmachen, selber sammeln. Gerade weil man vorher nicht wissen kann, ob der Künstler, von dem man ein Werk erwirbt, wirklich die Entwicklung macht, die man ihm zutraut.
Die Lektüre von Katja Blombergs "Wie Kunstwerte entstehen" ist für ein Sachbuch auffällig spannend und erregend.
Katja Blomberg: Wie Kunstwerte entstehen.
Murmann Verlag Hamburg 2005.
224 Seiten, 24,90 Euro