Kunst

Die Waffen einer Frau

Besucher des Zentrums für Kunst und Medientechnologie (ZKM) in Karlsruhe betrachten das Werk "Government (big)" von der Künstlerin Kata Legrady.
Immer wieder Smarties: ein Werk der Karlsruher Ausstellung. © picture alliance / dpa
Von Johannes Halder |
Pistolen mit Schokolade und von Zuckerblumen gezierte Handgranaten: Die in Ungarn geboren Künstlerin Kata Legrady spielt mit irritierenden Gegensätzen. Das Karlsruher Museum für Neue Kunst zeigt nun ihre Schau "Smart Pistols". Die Werke überzeugen aber nicht.
Bomben, Granaten und Gewehre, Pistolen, Patronen und Projektile – es ist ein ganzes Arsenal an Waffen, Munition und Kriegsgerät, das Kata Legrady uns da vorführt, Gasmasken und Tellerminen inklusive. Doch die Künstlerin nimmt den scharfen Sachen das Aggressionspotential, indem sie die Waffen lächerlich und harmlos macht.
Pistolen und Projektile beklebt sie mit Banknoten oder bunten Schokodrops, sie besetzt Handgranaten mit kostbaren Pelzen und farbenfrohen Zuckerblumen, eine riesige Kalashnikov aus Holz verbrennt sie demonstrativ zu einem kläglichen Gerippe aus Holzkohle. Auf diese Weise zu Spielzeug und Nippes verniedlicht und in Kombination mit Mickey Mouse, Dagobert und anderen Comic-Helden veralbert, wird das Schießgerät ästhetisch entschärft – eine Kunst, die Kurator Andreas Beitin begeistert verteidigt:
"Was mich fasziniert an diesem Werk ist eigentlich so dieses Paradoxe. Sie arbeitet ja sehr stark mit dem Mittel der Ironie. Friedrich Schlegel hat ja schon am Anfang des 19. Jahrhunderts die Ironie als Mittel des Paradoxen bezeichnet. Also letztendlich werden diese Waffen dysfunktional, sie funktionieren nicht mehr, sie können als Waffen nicht mehr gebraucht werden, genauso wie unser Hallenbau, in dem das ZKM sich befindet, ja auch mal eine Waffenfabrik war, heute eine 'Kunstfabrik'. Und im Prinzip passt diese Thematik von Kata Legrady auch zu unserer eigenen Geschichte."
Kata Legrady, als gebürtige Ungarin schon im Kindesalter an Waffen ausgebildet, hat schon viel gemacht. Sie war Jugendmeisterin in Gymnastik, vertrat ihr Land als Sportschützin bei der Olympiade, studierte Schauspiel und Operngesang und war verheiratet mit dem soeben an Silvester gestorbenen westfälischen Textilunternehmer und Kunstsammler Jan Ahlers, ein schwerreicher Mann und doppelt so alt wie sie. Kunst macht sie erst seit fünf Jahren.
Auf infantil getrimmte Lustobjekte
Nun ist das allerdings ein ziemlich simples Konzept aus der Mottenkiste pazifistischer Protestkultur, das Legradys Kunst bestimmt und an dem eigentlich nur eines verstört, nämlich welche Aufmerksamkeit man diesen auf infantil getrimmten Lustobjekten angedeihen lässt.
Von der Decke hängt ein riesiger Colt mit einem Ledersattel aus einer französischen Luxusmanufaktur, und ihren pelzbesetzten Granaten verpasst sie paarweise neckische Namen: "Naomi & Miranda" oder "Jessica & Claudia" – kleine Sexbömbchen gewissermaßen. Daneben gibt es reichlich ungelenke Tuschzeichnungen, auf denen Granaten als Pusteblumen durch die Luft schweben; eine pinkfarbene Plastikbombe tauft sie "Chanel 217" – und immer wieder Smarties. Jaja, man hat die Botschaft ja verstanden, schon auf den ersten Blick.
Der ungewöhnlich voluminöse Katalog, deutsch, englisch und chinesisch, scheut keine Mühen, die bunt versüßten Waffen dieser Frau textlich aufzurüsten. Ein Autor deckt eine immerhin amüsante Allianz aus Krieg und Kuchen auf, ein zweiter geißelt die militarisierte Konsumgesellschaft, und ein anderer brandmarkt das "Finanzkapital als Feuerkraft". Tatsächlich ist es heute oftmals so, dass Geld mehr Macht hat als Waffengewalt, sagt Andreas Beitin:
"Tatsächlich ist es übergegangen in eine Gewalt, die mehr auf wirtschaftlicher, auf Kapitalmacht beruht, die man natürlich nicht so sieht. Ich meine, Waffen sieht man natürlich eher in Form von Kanonen, in Form von Revolvern, aber die subtile Macht des Kapitals ist natürlich da im Zweifel die schockierendere, aber natürlich eine verborgene."
Im Vergleich zu den textlichen Kommentaren und kapitalismuskritischen Analysen wirkt Legradys Werk klischeebehaftet, abgegriffen und ohne Sprengkraft, es dient allenfalls als Illustration der Thesen. Bei guter Kunst aber sollte es gerade andersherum sein.
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