Kunst mit einer universellen Sprache
Op Art war in den 60er Jahren mindestens so populär wie die Pop Art. Gemeinsam war beiden Kunstrichtungen, dass sie sich an die Massen richteten. Die Op Art tat dies, indem sie versuchte, den Betrachter direkt und unmittelbar zu erreichen - mit starken optischen Sinneseindrücken, daher der Name: Op Art - Optical Art. Heute, 40 Jahre später, zeigt die Schirn Kunsthalle in Frankfurt eine große Retrospektive.
Schwarz-Weiß-Raster, interferierende Farben, optische Täuschungen – in dieser Ausstellung flimmern die Bilder wie das Rauschen im Fernsehen.
Die Netzhaut wird stark gefordert in der neuen Ausstellung der Schirn Kunsthalle in Frankfurt. Op Art – Optische Kunst aus den 60er Jahren. Heute – mit 40 Jahren Abstand – haben sich die Augen von der massenhaften Verbreitung dieser Bilder erholt. Zu dekorativ – lautete bislang das Vorurteil. Die Op Art - eine Leiche im Keller der Kunstgeschichte, sagt die Kuratorin, Martina Weinhart, die mit alten Vorurteilen aufräumen will. Die da wären:
"Das ist eine Dekorationskunst, die in jeder Zahnarztpraxis hängt, man hat es auf vielen Stoffen reproduziert, auf Tapeten. Und wir möchten die Op Art aus dem Keller des Dekorativen herausholen."
Und tatsächlich: Wenn man genau hinschaut, ergeben sich sogar Parallelen zur Performance-Kunst, die zur gleichen Zeit aufkam – Ende der 50er Jahre. Den Zweiten Weltkrieg im Rücken konnte man doch nicht einfach so weitermachen. Der Wunsch nach Neuem, war überall spürbar – auch in der Kunst. Nieder mit dem Künstlergenie – nieder mit der subjektiven Innerlichkeit – es lebe die objektive Kunst und der anonyme Künstler. Das war das Programm der Op Art.
"Einerseits trat man an gegen die Konvention der Durchschnittsmittel und der Durchschnittserlebnisse, andererseits gegen die Konvention der damals gerade akzeptierten Kunst des Informel und der Malerei der Stimmungen und der unentschiedenen Phänomene."
Erklärt Otto Piene, Mitbegründer der Gruppe ZERO. Auch er ist in der Schirn Kunsthalle vertreten, ein bärtiger älterer Herr im Trenchcoat. Heute geht er etwas gebeugt mit seinen annähernd 80, aber immer noch pendelt er zwischen seinem Atelier in Düsseldorf und den USA, wo er visuelle Kunst lehrte. Der Forschergeist hat ihn nicht verlassen.
ZERO war nur eine von vielen Künstlergruppen, die sich erst europa- und dann weltweit gründeten.
Eine universelle Sprache wie die Op Art funktioniert eben überall. Eine Kunst für jeden, auch ohne kunsthistorisches Vorwissen, sollte sie sein. Einer der Väter der Op Art, der Ungar Victor Vasarely, hat diesen Anspruch zum Programm erklärt.
"In so fern ist die Op Art eine soziale Kunst. Sie teilt sich direkt und schnell und vielen mit. Diese direkte Ansprache, dieser Anspruch: Sie mich und Get it, das war etwas Anderes und etwas Neues (...)."
Optischen Sinnestäuschungen kann sich eben niemand entziehen. Auch mit 40 Jahren Abstand nicht. Vor der begehbaren Licht-Installation des Argentiniers Julio le Parc kann einem regelrecht übel werden. Sie besteht aus einem dichten Wald herabhängender Gazé-Lamellen, in deren Mitte ein nicht erkennbarer Apparat wummert.
Aus dem dringt Licht durch enge Ritzen und hüpft in Form sich kreuzender Lichtstreifen auf den Lamellen auf und ab. Wenn man dicht davor steht, weiß man nicht mehr, ob man sich selbst bewegt oder das Licht oder der Boden unter den Füßen. Das ist erstaunlich, denn dieser Effekt findet nur in den Augen statt, da man ja still steht, also im Gehirn, und trotzdem ist der ganze Körper davon betroffen. Darin besteht eine der Überschneidungen der Op Art mit der Performance-Kunst: dass dabei der ganze Körper gefordert ist und sich der Betrachter in das Kunstwerk einbringen muss, sonst ist es nicht komplett. Sogar die meisten zweidimensionalen Bilder erschließen sich erst, wenn man sich an ihnen vorbei bewegt. Otto Piene:
"Auf der Oberfläche ist ja gar nichts als Punkte und Striche und Farben und ganz einfache Materialien, die meisten ziemlich flach, wie bei anderen Bildern auch und trotzdem, was passiert ist, etwas Vitales und Vitalisierendes, was uns wirklich anspricht und ankickt, anstößt."
Die Oberfläche ist in der Op Art nicht das Transportmittel für den künstlerischen Inhalt des Werkes – sie IST der Inhalt – und erzeugt als solcher starke physische Effekte.
"Das war ungewohnt, das war etwas Neues, das war zunächst ein Schock eine Art von visuellem Schock und ganz schnell eine Mode. Fast buchstäblich, denn kaum eine Kunstform hat so schnell Einlass in die Mode gefunden, die Mode von verschiedenen Dingen, Produkten, Industrien, wie die Op Art. Op Art wurde ja über Nacht, innerhalb von Tagen eine Art Weltmode."
Ebenso schnell jedoch war es mit der Kunst-Bewegung vorbei. Man hatte sich satt gesehen, an Punkten, Linien und Farbfeldern. Ende der 60er Jahre lösten sich die meisten Gruppen wieder auf. Trotzdem lebte die Op Art weiter: in Design- und Architekturklassen, auf Tellern, Tassen, Textilien und Tapeten. Sie als künstlerische Bewegung zu rehabilitieren – aus dem Keller des Dekorativen herauszuholen, wie die Kuratorin sagt - das ist der Schirn Kunsthalle jetzt geglückt. Eine im wahrsten Sinne anregende Ausstellung. Eine, bei der man nicht nur einen Überblick bekommt, über die Op Art als historische Kunstbewegung, sondern eine, bei der die Unmittelbarkeit vieler Werke heute noch überrascht. Auf die übertölpelten Augen wirken viele Bilder und Rauminstallationen wie neu.
Er fühle sich seltsam erfrischt, sagt Otto Piene, nach einem Gang durch die Kunsthalle. Er selbst steuert der Ausstellung den stillsten Raum bei: Eine begehbare dunkle Kammer, durch die Lichtwirbel und Lichtpunkte schweben, in der man ewig verweilen könnte: Sein berühmtes Lichtballett. Dass die durchlöcherten, sich drehenden Kugeln, aus denen das Licht fällt, offensichtlich aus einfachsten Materialien und Schaltungen bestehen – wo sich doch die Op Art damals als technische Avantgarde sah – macht dieses Werk für unsere Augen heute nur um so poetischer!
Service: Die Ausstellung in der Schirn Kunsthalle in Frankfurt ist von 17. Februar bis zum 20. Mai zu sehen.
Die Netzhaut wird stark gefordert in der neuen Ausstellung der Schirn Kunsthalle in Frankfurt. Op Art – Optische Kunst aus den 60er Jahren. Heute – mit 40 Jahren Abstand – haben sich die Augen von der massenhaften Verbreitung dieser Bilder erholt. Zu dekorativ – lautete bislang das Vorurteil. Die Op Art - eine Leiche im Keller der Kunstgeschichte, sagt die Kuratorin, Martina Weinhart, die mit alten Vorurteilen aufräumen will. Die da wären:
"Das ist eine Dekorationskunst, die in jeder Zahnarztpraxis hängt, man hat es auf vielen Stoffen reproduziert, auf Tapeten. Und wir möchten die Op Art aus dem Keller des Dekorativen herausholen."
Und tatsächlich: Wenn man genau hinschaut, ergeben sich sogar Parallelen zur Performance-Kunst, die zur gleichen Zeit aufkam – Ende der 50er Jahre. Den Zweiten Weltkrieg im Rücken konnte man doch nicht einfach so weitermachen. Der Wunsch nach Neuem, war überall spürbar – auch in der Kunst. Nieder mit dem Künstlergenie – nieder mit der subjektiven Innerlichkeit – es lebe die objektive Kunst und der anonyme Künstler. Das war das Programm der Op Art.
"Einerseits trat man an gegen die Konvention der Durchschnittsmittel und der Durchschnittserlebnisse, andererseits gegen die Konvention der damals gerade akzeptierten Kunst des Informel und der Malerei der Stimmungen und der unentschiedenen Phänomene."
Erklärt Otto Piene, Mitbegründer der Gruppe ZERO. Auch er ist in der Schirn Kunsthalle vertreten, ein bärtiger älterer Herr im Trenchcoat. Heute geht er etwas gebeugt mit seinen annähernd 80, aber immer noch pendelt er zwischen seinem Atelier in Düsseldorf und den USA, wo er visuelle Kunst lehrte. Der Forschergeist hat ihn nicht verlassen.
ZERO war nur eine von vielen Künstlergruppen, die sich erst europa- und dann weltweit gründeten.
Eine universelle Sprache wie die Op Art funktioniert eben überall. Eine Kunst für jeden, auch ohne kunsthistorisches Vorwissen, sollte sie sein. Einer der Väter der Op Art, der Ungar Victor Vasarely, hat diesen Anspruch zum Programm erklärt.
"In so fern ist die Op Art eine soziale Kunst. Sie teilt sich direkt und schnell und vielen mit. Diese direkte Ansprache, dieser Anspruch: Sie mich und Get it, das war etwas Anderes und etwas Neues (...)."
Optischen Sinnestäuschungen kann sich eben niemand entziehen. Auch mit 40 Jahren Abstand nicht. Vor der begehbaren Licht-Installation des Argentiniers Julio le Parc kann einem regelrecht übel werden. Sie besteht aus einem dichten Wald herabhängender Gazé-Lamellen, in deren Mitte ein nicht erkennbarer Apparat wummert.
Aus dem dringt Licht durch enge Ritzen und hüpft in Form sich kreuzender Lichtstreifen auf den Lamellen auf und ab. Wenn man dicht davor steht, weiß man nicht mehr, ob man sich selbst bewegt oder das Licht oder der Boden unter den Füßen. Das ist erstaunlich, denn dieser Effekt findet nur in den Augen statt, da man ja still steht, also im Gehirn, und trotzdem ist der ganze Körper davon betroffen. Darin besteht eine der Überschneidungen der Op Art mit der Performance-Kunst: dass dabei der ganze Körper gefordert ist und sich der Betrachter in das Kunstwerk einbringen muss, sonst ist es nicht komplett. Sogar die meisten zweidimensionalen Bilder erschließen sich erst, wenn man sich an ihnen vorbei bewegt. Otto Piene:
"Auf der Oberfläche ist ja gar nichts als Punkte und Striche und Farben und ganz einfache Materialien, die meisten ziemlich flach, wie bei anderen Bildern auch und trotzdem, was passiert ist, etwas Vitales und Vitalisierendes, was uns wirklich anspricht und ankickt, anstößt."
Die Oberfläche ist in der Op Art nicht das Transportmittel für den künstlerischen Inhalt des Werkes – sie IST der Inhalt – und erzeugt als solcher starke physische Effekte.
"Das war ungewohnt, das war etwas Neues, das war zunächst ein Schock eine Art von visuellem Schock und ganz schnell eine Mode. Fast buchstäblich, denn kaum eine Kunstform hat so schnell Einlass in die Mode gefunden, die Mode von verschiedenen Dingen, Produkten, Industrien, wie die Op Art. Op Art wurde ja über Nacht, innerhalb von Tagen eine Art Weltmode."
Ebenso schnell jedoch war es mit der Kunst-Bewegung vorbei. Man hatte sich satt gesehen, an Punkten, Linien und Farbfeldern. Ende der 60er Jahre lösten sich die meisten Gruppen wieder auf. Trotzdem lebte die Op Art weiter: in Design- und Architekturklassen, auf Tellern, Tassen, Textilien und Tapeten. Sie als künstlerische Bewegung zu rehabilitieren – aus dem Keller des Dekorativen herauszuholen, wie die Kuratorin sagt - das ist der Schirn Kunsthalle jetzt geglückt. Eine im wahrsten Sinne anregende Ausstellung. Eine, bei der man nicht nur einen Überblick bekommt, über die Op Art als historische Kunstbewegung, sondern eine, bei der die Unmittelbarkeit vieler Werke heute noch überrascht. Auf die übertölpelten Augen wirken viele Bilder und Rauminstallationen wie neu.
Er fühle sich seltsam erfrischt, sagt Otto Piene, nach einem Gang durch die Kunsthalle. Er selbst steuert der Ausstellung den stillsten Raum bei: Eine begehbare dunkle Kammer, durch die Lichtwirbel und Lichtpunkte schweben, in der man ewig verweilen könnte: Sein berühmtes Lichtballett. Dass die durchlöcherten, sich drehenden Kugeln, aus denen das Licht fällt, offensichtlich aus einfachsten Materialien und Schaltungen bestehen – wo sich doch die Op Art damals als technische Avantgarde sah – macht dieses Werk für unsere Augen heute nur um so poetischer!
Service: Die Ausstellung in der Schirn Kunsthalle in Frankfurt ist von 17. Februar bis zum 20. Mai zu sehen.