Kunst und Technik auf der Spur
Endlich ist es da, das längst überfällige Buch zur Orientierung der Bauhaus-Touristen. Die Route folgt chronologisch den Stationen Weimar, Dessau und Berlin. Aber wie es sich für ein gutes Reisebuch gehört, beschreiten die Autoren auch so manchen Nebenweg.
Die Wagenfeld-Lampe, der Freischwinger, Häuser als kubistische Würfel, sachlich, klar und zweckbetont – so sieht man das Bauhaus und seine Hervorbringungen vor sich. Bald 100 Jahre nach seiner Gründung ungebrochen lebendig, hat es als Schule, in der Kunst und Technik gelehrt wurde, alle Moden der Architektur und des Designs überdauert. Und es bestimmt bis heute unsere Vorstellung von gutem Geschmack.
Umso verwunderlicher, dass in der schier uferlosen Fachliteratur über diesen Olymp der klassischen Moderne ein Band fehlte, der verspricht, den seit Jahren florierenden Bauhaus-Tourismus zuverlässig durch die drei einstigen Standorte der Schule zu lotsen, durch Weimar, Dessau und Berlin. Diese Lücke schließt nun, höchst verdienstvoll, das "Bauhaus-Reisebuch".
Die Tour beginnt, ordentlich chronologisch, in Weimar, wo Walter Gropius 1919 das Bauhaus in einem Jugendstilbau Henry van de Veldes gründete und alsbald eine stolze Schar von Avantgardekünstlern – Wassily Kandinsky, Paul Klee, Lyonel Feininger – um sich versammelte.
Dann führt das Buch in die einstige Industriestadt Dessau, wo die ursprüngliche romantische Idee vom Gesamtkunstwerk aus Architektur, Bildhauerei und Malerei von der Parole "Kunst und Technik als Einheit" abgelöst wurde: sinnbildlich ins Werk gesetzt durch Schulgebäude, Meisterhäuser oder die Siedlung Törten, sichtbar aber auch in der praktischen Kooperation etwa mit den Flugwerken von Hugo Junkers.
Dritte Station ist schließlich Berlin, die Metropole des Neuen Bauens, in der viele Bauhäusler wie Hannes Meyer oder Mies van der Rohe immer schon ihr zweites Standbein hatten, bevor die Nazis 1933 die Schule schlossen.
Indem die drei Autoren, Susanne Knorr, Ingolf Kern und Christian Welzbacher, die einzelnen Schauplätze samt ihrer architektonischen Zeugnisse auskundschaften, zeichnen sie biografische Eckpunkte nach, die kunsttheoretischen Visionen des Bauhauses, aber auch den wirtschaftlich-politischen Druck, unter dem das Ideenlabor der chronisch knappen Einnahmen wegen immer wieder in die Knie ging.
Wie es sich für ein gutes Reisebuch gehört, werden auch Nebenwege beschritten. So geht es von Weimar aus nach Probstzella etwa, in Alfred Arndts, heute wieder als Hotel betriebenes "Haus des Volkes" oder in die Dornburger Töpferwerkstätten. In Bernau ist Hannes Meyers Gewerkschaftsschule seit Kurzem aufs Schönste restauriert, während das Kornhaus an der Dessauer Elbe erst demnächst wieder geöffnet wird. Rund hundert Orte insgesamt nehmen die Autoren ins Visier, kursorisch auch die "Migrations"-Stationen der Bauhäusler nach ihrer Vertreibung aus Deutschland.
In lockerem Ton geschrieben, dabei fachlich versiert, bietet das Buch neben reichhaltigem Bildmaterial – historischen Fotos und zeitgenössischen Abbildungen - einen nützlichen Serviceteil mit Lageplänen, Öffnungszeiten und probaten Tipps für Ruhepausen, zum Beispiel, wo man in Dessau zur blauen Stunde am besten den Aperitif nimmt. So eignet sich das Buch als vorzüglicher Reisebegleiter. Wem es mit seinen 300 Seiten in der Handtasche zu schwer ist, der liest es, egal ob Experte oder Laie, nicht weniger gewinnbringend zu Hause.
Besprochen von Edelgard Abenstein
Bauhaus-Archiv Berlin, Stiftung Bauhaus Dessau und Klassik Stiftung Weimar (Hrsg.): Bauhaus Reisebuch
DuMont Verlag, Köln 2012
304 Seiten, 19,95 Euro
Mehr zum Thema bei dradio.de:
Wegweiser für Bauhaus-Reisende - Ein Reisebuch und eine App passen auch ins Handgepäck, (DKultur, Fazit) -
Umso verwunderlicher, dass in der schier uferlosen Fachliteratur über diesen Olymp der klassischen Moderne ein Band fehlte, der verspricht, den seit Jahren florierenden Bauhaus-Tourismus zuverlässig durch die drei einstigen Standorte der Schule zu lotsen, durch Weimar, Dessau und Berlin. Diese Lücke schließt nun, höchst verdienstvoll, das "Bauhaus-Reisebuch".
Die Tour beginnt, ordentlich chronologisch, in Weimar, wo Walter Gropius 1919 das Bauhaus in einem Jugendstilbau Henry van de Veldes gründete und alsbald eine stolze Schar von Avantgardekünstlern – Wassily Kandinsky, Paul Klee, Lyonel Feininger – um sich versammelte.
Dann führt das Buch in die einstige Industriestadt Dessau, wo die ursprüngliche romantische Idee vom Gesamtkunstwerk aus Architektur, Bildhauerei und Malerei von der Parole "Kunst und Technik als Einheit" abgelöst wurde: sinnbildlich ins Werk gesetzt durch Schulgebäude, Meisterhäuser oder die Siedlung Törten, sichtbar aber auch in der praktischen Kooperation etwa mit den Flugwerken von Hugo Junkers.
Dritte Station ist schließlich Berlin, die Metropole des Neuen Bauens, in der viele Bauhäusler wie Hannes Meyer oder Mies van der Rohe immer schon ihr zweites Standbein hatten, bevor die Nazis 1933 die Schule schlossen.
Indem die drei Autoren, Susanne Knorr, Ingolf Kern und Christian Welzbacher, die einzelnen Schauplätze samt ihrer architektonischen Zeugnisse auskundschaften, zeichnen sie biografische Eckpunkte nach, die kunsttheoretischen Visionen des Bauhauses, aber auch den wirtschaftlich-politischen Druck, unter dem das Ideenlabor der chronisch knappen Einnahmen wegen immer wieder in die Knie ging.
Wie es sich für ein gutes Reisebuch gehört, werden auch Nebenwege beschritten. So geht es von Weimar aus nach Probstzella etwa, in Alfred Arndts, heute wieder als Hotel betriebenes "Haus des Volkes" oder in die Dornburger Töpferwerkstätten. In Bernau ist Hannes Meyers Gewerkschaftsschule seit Kurzem aufs Schönste restauriert, während das Kornhaus an der Dessauer Elbe erst demnächst wieder geöffnet wird. Rund hundert Orte insgesamt nehmen die Autoren ins Visier, kursorisch auch die "Migrations"-Stationen der Bauhäusler nach ihrer Vertreibung aus Deutschland.
In lockerem Ton geschrieben, dabei fachlich versiert, bietet das Buch neben reichhaltigem Bildmaterial – historischen Fotos und zeitgenössischen Abbildungen - einen nützlichen Serviceteil mit Lageplänen, Öffnungszeiten und probaten Tipps für Ruhepausen, zum Beispiel, wo man in Dessau zur blauen Stunde am besten den Aperitif nimmt. So eignet sich das Buch als vorzüglicher Reisebegleiter. Wem es mit seinen 300 Seiten in der Handtasche zu schwer ist, der liest es, egal ob Experte oder Laie, nicht weniger gewinnbringend zu Hause.
Besprochen von Edelgard Abenstein
Bauhaus-Archiv Berlin, Stiftung Bauhaus Dessau und Klassik Stiftung Weimar (Hrsg.): Bauhaus Reisebuch
DuMont Verlag, Köln 2012
304 Seiten, 19,95 Euro
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