Könige der Aufmerksamkeitserzeugung
Die lustigsten und anarchischsten Pop-Provokateure der 90er-Jahre sind wieder da: The KLF. Exakt 23 Jahre, nachdem sie eine Million britische Pfund verbrannt haben, erschien am 23. August ihr Buch "2023 – eine Trilogie". Martin Böttcher hat es gelesen.
Mit ihrem Projekt The KLF unterwanderten Bill Drummond und Jimi Cauty Ende der 80er-, Anfang der 90er-Jahre subversiv die Popindustrie. Sie waren die ersten in Großbritannien, die exzessiv von Sampling Gebrauch machten und damit No. 1-Hits schrieben. Für ihre erste Single im Jahr 1987 – damals noch unter dem Bandnamen The JAMs (The Justified Ancients of Mu Mu) – "All you need is love" bedienten sie sich kurzerhand beim gleichnamigen Titel der Beatles, Samantha Fox und bei ABBA. Die wiederum verklagten sie wegen Copyright-Verletzungen.
Zugleich begründeten The KLF mit dem Album "Chill Out" das gleichnamige Musikgenre und schufen mit Hits wie "What time is love" oder "3 A.M. Eternal" Klassiker des House-Genres.
Mit Maschinenpistolen beim Brit Award
1992 gewannen sie einen Brit Award und absolvierten bei der Preisverleihung ihren letzten gemeinsamen Auftritt, der bis heute Kultstatus genießt: The KLF taten sich zum Auftritt mit der Grindcore-Formation Extreme Noise Terror zusammen, schossen mit Maschinenpistolen und Platzpatronen in die Zuschauermenge und verließen nach einer zweieinhalbminütigen Grindcoreversion ihres Hits "3 A.M. Eternal" und der abschließenden Durchsage "The KLF has now left the music business" die Bühne. Die Verantwortlichen der BBC hatten gerade noch verhindern können, dass die Band Blut aus Eimern über das Publikum schüttete.
Dafür hinterließen die Musiker bei der Aftershow-Party einen Schafskadaver, der einen Zettel mit der Aufschrift "I died for you. Bon appetit" ("Ich starb für dich. Guten Appetit.") trug.
Die magische Zahl 23
Am 23. August 1994 verbrannten sie auf einer schottischen Insel eine Million Pfund und verkündeten, dass sie nun 23 Jahre nicht mehr zusammen arbeiten würden. Die Zahl 23 hat genau wie alles andere an dieser Band mit der berühmten Verschwörungstrilogie "Illuminatus" von Robert Shea und Robert Anton Wilson zu tun.
Am 23. August 2017 kehrten sie wieder öffentlichkeitswirksam zurück, berichtet Martin Böttcher aus unserer Musikredaktion: Um 0.23 Uhr am 23. August fuhren sie in Liverpool in einem alten Lieferwagen vor und eröffneten damit das Festival "Welcome to the Dark Ages". Zeitgleich erschien online ihr Roman "2023 – a trilogy".
Spaß am Absurden
Der Roman zeigt wieder den Spaß am Absurden, den The KLF früher gepflegt haben, sagt Böttcher - eine selbstreferenzielle Story, in der Drummond und Cauty als Bestatter auftauchen, die ein lebensveränderndes Buch finden, das von George Orwell alias Roberta Antonia Wilson geschrieben wurde, und aus dem Ukrainischen ins Englische übertragen wurde.
Trotzdem hält Böttcher das Wiederauftauchen von The KLF nicht für ein großes Comeback:
"Musikalisch ist von beiden ganz sicher nichts mehr zu erwarten, die sind 60 und 65".