Meisterwerke zwischen Buchdeckeln
Manche Bücher enthalten Kunst - und einige sind selbst Kunstwerke. Auf der Berliner Kunstbuchmesse Miss Read präsentieren Verlage, Magazine und Künstler ihre Produkte. Wir haben mit dem Organisator gesprochen.
Deutschlandradio Kultur: Hier ist der Kompressor, und begonnen haben wir die Sendung um kurz nach zwei mit Kunst zum direkten Anschauen bei der Manifesta in Zürich, und beenden werden wir sie mit Kunst im Buch – die Möglichkeit, sich mit Kunst zu beschäftigen, ohne sich vom Sofa zu erheben. Wobei, das müsste man natürlich schon, wenn man die "Miss Read – The Berlin Art Book Fair" in der Akademie der Künste in Berlin anschauen will, wo es nämlich ab heute um Kunstzeitschriften und Kunstbücher geht. Michalis Pichler organisiert diese Kunstbuchmesse. Erst mal einen schönen guten Tag.
Pichler: Ja, guten Tag.
Deutschlandradio Kultur: Was ist das denn für eine Art von Kunstbuchmesse?
Circa 200 Aussteller erwartet
Pichler: Die Miss Read gibt es seit sieben Jahren, und wir werden in diesem Jahr circa 200 Aussteller versammeln. Das sind Verlage, Kunstverlage, Magazine und auch Künstler und Autoren, die jeweils auf einem eigenen Tisch dann über drei Tage hinweg ihre Arbeiten präsentieren. Die Miss Read hat auch Festivalcharakter, und wir haben auch drei Tage mit Diskussionen, Lesungen, Panels. Heute "Publishing as Artistic Practice", morgen den "Conceptual Poetics Day", der die Grenze zwischen bildender Kunst und Literatur auslotet, und am Sonntag "How to Collect Artists' Books".
Deutschlandradio Kultur: Jetzt haben Sie den Tisch schon erwähnt, und ich habe schon im Vorgespräch gesagt, ich muss ja bei dieser Art von Messe tatsächlich immer an die gut gestylte Wohnung denken. Und da ist dann ein Sofa, und davor ist dann ein schöner Coffee Table, und da liegen dann eben genau diese Kunstbücher, die man anschaut oder manchmal eben auch nicht anschaut. Und dann weiß man, andere schauen vielleicht, was man da Schönes hat. Was sind das für Bücher, die auf so einer Messe zu finden sind? Stimmt da mein Vorurteil, Coffee Table Books, schöne Kunstbände, die man selber gerne ausstellt?
Pichler: Das können durchaus auch Meisterwerke sein, die man in der Alditüte durch die Gegend trägt. Ein Künstlerbuch ist ein Wolf im Schafspelz, oder, was mindestens genauso interessant sein könnte, ein Schaf im Wolfspelz. Das Buch ist als Format sehr stark kodiert, und dann ist vielleicht was ganz anderes drin als man erwartet.
Deutschlandradio Kultur: Also Bücher über Kunst oder Bücher als Kunst?
Pichler: Ja, im besten Falle ist es nicht nur Sekundärinformation und kein Kunstkatalog, sondern eigentlich eine konzeptuelle Arbeit, die dann letzten Endes als Publikation zirkuliert und funktioniert. Wobei der Begriff Künstlerbuch auch problematisch ist, weil er wiederum das subversive Potential, was das Buch dann vielleicht auch hat, wieder eingrenzt. Lawrence Weiner hat mal dazu gesagt: "Dont call it an artist's book, just call it a book."
Deutschlandradio Kultur: Das ist auch schön. Wie sind Sie selbst denn zu den schönen Büchern, zu den Kunstbüchern gekommen?
Pichler: Ja, über mein Leben und auch das Architektur- und Kunststudium dann letzten Endes. Ich hatte dann irgendwann 2003 eine Collage produziert, die 144 Seiten hatte, eine gefilterte New York Times, wo nur die Stars and Stripes abgebildet waren. Und das war aber dann wiederum so fragil - und man musste es auch durchblättern -, dass ich es eigentlich gar keinem zeigen konnte, sodass ich irgendwann entschieden habe, das über eine Rotationspresse laufen zu lassen und für einen Dollar zu verkaufen.
Käufer zu finden ist nicht immer leicht
Deutschlandradio Kultur: Sehr schön. Apropos Verkaufen, da denkt man natürlich, auch wenn Sie über die Messe sprechen, ans Verkaufen. Aber ist das überhaupt lukrativ?
Pichler: Da sprechen Sie durchaus ein Thema an. Natürlich wollen die Leute, die bei uns ausstellen, auch verkaufen, und wir versuchen auch ein Publikum nicht nur für den Gesprächsaustausch, sondern auch für den Verkauf zu generieren, das ist natürlich nicht immer leicht. Dick Higgins hat da mal gesagt – Dick Higgins hat vor 50 Jahren selber seine Erbschaft durchgebracht mit dem Verlag Something Else Press –, er hat mal gesagt: Wenn du durch das Büchermachen eine Million auf dem Konto haben will am Ende, solltest du mit zwei Millionen anfangen.
Deutschlandradio Kultur: (lacht) Okay, dann wünsche ich Ihnen auf jeden Fall noch viel, viel Geld, und viel, viel Energie natürlich, auch für die Berlin Art Book Fair, die jetzt stattfindet in der Akademie der Künste in Berlin. Das war Michalis Pichler. Schön, dass Sie uns hier besucht haben im Kompressor-Studio, das wir jetzt quasi schließen, oder besser gesagt übergeben an den Kakadu gleich. Davor aber noch die Nachrichten für Kinder. Mein Name ist Christine Watty, und ich wünsche Ihnen noch einen schönen Freitag und dann ein schönes Wochenende.