Post an Goethe
Auf Einladung des Weimarer Kunstfestes haben 14 Schriftstellerinnen auf Briefe geantwortet, die Goethe der Hofdame Charlotte von Stein geschrieben hatte. Über 1700 verfasste er insgesamt. Die Reaktionen fielen höchst unterschiedlich aus.
Was für ein einleuchtender Einfall: 14 Schriftstellerinnen sind vom Kunstfest Weimar gebeten worden, auf die über 1700 Briefe, die Goethe an die Weimarer Hofdame Charlotte von Stein geschrieben hatte, stellvertretend zu antworten. Die Briefe, die Charlotte an Goethe geschrieben hat, sind von ihr wieder später zurückgefordert und zum allergrößten Teil wohl vernichtet worden. Wie distanziert, wie innig, wie nah, wie aneinander vorbei sich diese Beziehung gestaltet hat, das ist trotz mehr als 150 Jahren intensiver Goetheforschung weiterhin voller Fragezeichen. Die Aufgabe, die das Kunstfest den Schriftstellerinnen also gestellt hatte, verspricht dabei nicht nur einen Beitrag zur Goethebiografie, sondern nichts weniger als eine Geschichte der "Liebe als Passion" zu diskutieren und diese in verschiedenen Facetten vorzustellen.
Antworten auf zwei bis 50 Seiten
In der Tat sind auch sehr unterschiedliche Reaktionen - alle vollständig im Programmbuch abgedruckt - eingegangen, manche nur zwei Seiten, eine aber gar 50 Seiten (Justine del Corte) lang, manche verletzt (Gesine Danckwart), manchmal lüstern begierig (Angelika Küssendorf), manchmal Sprachspielereien (Nora Gomringer), manchmal aktualisierend (Sybille Berg: "Lebte ich in einer anderen Zeit, würde ich sagen: Fack ju Göhte"). Kathrin Röggla spricht von Goethschem "Netzwerken" und der "Charlotte-Stille". Oberflächlichkeit und Tiefe von Gefühlen thematisiert der Text von Gerhild Steinbuch.
Theatererfahren sind alle 14 Autorinnen, doch Regisseurin Lily Sykes traute den schönen Texten doch allzu wenig zu und machte den Abend zu einem Kaffeekränzchen im Gewehrsaal des Schlosses Ettersburg. Sechs Weimarer und drei Frankfurter Bürgerinnen, vornehm weiß gekleidet, mit einem Blumenkranz auf dem Kopf, alle Amteurdarstellerinnen, sind um ein Klavier versammelt. Sie tragen nicht nur die Reaktionen der 14 Autorinnen vor, sondern verfallen hin und wieder in Gesang, oder erzählen eigene Liebesgeschichten. Ärgerlich: Die Leerstelle, die die Abwesenheit des Briefadressaten bringen könnte, wird nicht produktiv genutzt. Als junger hübscher, von den Damen angehimmelter Kellner (Anton Rubtsov) tritt Goethe immer wieder unter die Damen und bringt eigene Briefe zum Vortag. Das kluge Projekt wird spätestens da zu einer biederen, ziemlich beliebigen Frauenrunde. Schade.