Bührle-Ausstellung in Zürich
Chipperfield-Neubau des Kunsthauses Zürich mit Werken aus der Bührle-Sammlung: fehlende historische Einordnung. © Franca Candrain / Kunsthaus Zürich
Ausweichende Antworten auf konkrete Kritik
06:52 Minuten
Über eine Ausstellung in Zürich, die rund 200 Werke der Bührle-Stiftung zeigt, wird derzeit in der Schweiz debattiert, es geht um historische Einordnung und Herkunftsforschung. Nun soll eine Expertenkommission nachbessern – doch vieles bleibt vage.
Rund 200 Bilder der Bührle-Stiftung werden seit Oktober im Kunsthaus Zürich gezeigt. Für die wertvolle Sammlung hat die Stadt eigens eine 200 Millionen Franken teure Hülle von Stararchitekt David Chipperfield bauen lassen.
Doch die Präsentationsform der Ausstellung ist umstritten, es mangele unter anderem an Erläuterungen zum historischen Kontext der Bilder, heißt es. Zugleich ist wie in anderen Museen auch unklar, ob bestimmte Bilder nicht jüdischen Vorbesitzern gehörten, die unter dem Verfolgungsdruck der Nazis ihre Kunstwerke verkaufen mussten.
Die Kritik wird zurückgewiesen
In einer Pressekonferenz haben nun die Bührle-Stiftung und das Kunsthaus Zürich über ihre Sicht der Dinge informiert. Dabei wurde die Kritik, die in der Schweiz seit Wochen hohe Wellen schlägt, in fast allen Punkten zurückgewiesen, sagt Kunstkritikerin Ellinor Landmann:
„Die Argumentation war: Den Leuten gefällt's, sie kommen in Scharen. Der Dokumentationsraum, der den historischen Kontext vermittelt, ist okay. Die Provenienzforschung auch.‘“
Dabei sei umstritten, dass die Bührle-Stiftung selbst die Herkunftsforschung der Bilder betrieben hat, sagt Landmann. Hier fehle es in der Schweiz an einer neutralen Forschungstelle, wie etwa die Limbach-Kommission in Deutschland.
Auch der Behauptung, dass genügend historischer Kontext vermittelt wird, mag die Kunstkritikerin nicht folgen: „Gehört zum Beispiel die Erwähnung von Mädchen und Frauen, die in Bührles Schweizer Textilfabrik als Zwangsarbeiterinnen gearbeitet haben, mit in den Dokumentationsraum?“
Mangelnder Kontext
Dort finde sich dazu keine Spur – ein Mangel, der auch an anderer Stelle zum Ausdruck komme, zum Beispiel in einer Vitrine:
„Auf einem Zettel steht, dass die jüdische Familie Ullstein 1941 Deutschland - Zitat - 'verließ'. Das Kunsthaus Zürich sagt nicht, dass die Familie Deutschland 1941 nicht mehr geordnet und freiwillig verlassen konnte und tatsächlich vor Verfolgung flüchten musste.“
Die Schweizer Öffentlichkeit und diverse Historikerinnen und Experten forderten vor diesem Hintergrund, dass der Dokumentationsraum bis auf die Wortebene überprüft wird.
Eine Expertengruppe soll entstehen
Die Zürcher Kunstgesellschaft habe immerhin als außerordentlichen Schritt angekündigt, die Leihverträge für die rund 200 Bilder der Bührle-Stiftung öffentlich zu machen, sagt Landmann.
Auch eine neue Expertengruppe soll entstehen, doch wer dieser angehören und welche Aufgaben sie erfüllen soll, werde derzeit zwischen Kunstgesellschaft mit der Stadt und dem Kanton Zürich besprochen – und bleibe vage, so Landmann.