"Max Ernst war für mich eine sehr, sehr tiefe Begegnung"
Er galt als Kunstpapst - bis die Beltracchi-Affäre Werner Spies vorübergehend vom Sockel stieß: Spies hatte sieben gefälschte Max-Ernst-Bilder für echt erklärt. Am Samstag wird er 80 Jahre alt. Gemeinsam mit ihm blicken wir auf ein Leben für die Kunst.
Als Surrealismus-Experte, Museumsdirektor und Kurator hat Werner Spies Bedeutendes geleistet: So war er etwa der erste Ausländer, der auf den Direktorenposten des Pariser Centre Pompidou berufen wurde.
Das sei der Höhepunkt seiner Karriere gewesen, sagte Spies, der am Samstag 80 Jahre alt wird, im Deutschlandradio Kultur. Zur Kunst sei er eigentlich über seine Begeisterung für französische Literatur gekommen, erinnert sich der Kunsthistoriker. Er sei im Auftrag des Süddeutschen Rundfunks nach Paris gegangen, um dort Hörspieltexte französischsprachiger Autoren einzukaufen. Über die Freundschaft mit dem Kunsthändler Daniel-Henry Kahnweiler sei er dann schnell mit Künstlern in Beziehung getreten.
Freundschaft mit vielen zeitgenössischen Künstlern
Am meisten sei er von Max Ernst geprägt worden, so Spies.
"Ein Künstler, der sich - ich möchte nicht sagen, der sich nicht für ernst hielt, aber der eine gewisse Leichtigkeit hat und dem es auch nicht um Erfolg ging. Der nie von Geld sprach, von Ausstellung sprach. Der hat mit dem Bild, das man sich heute vom Künstler macht, überhaupt nichts zu tun. Deshalb war er auch mehr bei den Schriftstellern und bei den Philosophen, bei den Ethnologen. Es war ein überaus aufgeschlossener Mensch, der sich auskannte, der las. Jeden Tag las er. In drei Sprachen las er Poesie. Und das war für mich eine sehr, sehr tiefe Begegnung."
Verlust seines Nimbus der Unfehlbarkeit
Ausgerechnet im Zusammenhang mit dem Werk von Max Ernst steht jedoch auch der Verlust seines Nimbus der Unfehlbarkeit, den Spies im Zuge des Beltracchi-Skandals erlebte. Denn Spies hatte sieben von Wolfgang Beltracchi gefälschte Ernst-Gemälde für echt erklärt. "Ich denke, verglichen mit der ganzen Bilanz meines Lebens ist das keine enorme Sache", sieht Spies die Angelegenheit im Rückblick gelassen.
"Und ich muss mir sagen: sicher, ich bin ein paarmal reingefallen, aber nicht nur ich, sondern die ganze Kunstwelt ist damals auf diese Bilder hereingefallen. Aber ich habe immerhin – und darauf bin ich stolz – beim Verfassen des Œuvre-Katalogs von Max Ernst 500 Werke aussortiert, die sonst in den Handel gekommen wären."