Rosstäuscherei und Kuhhandel
Der Kunstberater Helge Achenbach soll die milliardenschwere Familie Albrecht (Aldi) betrogen haben und sitzt in U-Haft. Der Karlsruher Kunstwissenschaftler Beat Wyss fürchtet, dass es zu einem Schauprozess kommt.
Wer Kunst kaufen will, aber keine Ahnung hat, lässt sich von einem Kunstberater helfen. Den Beruf hat Helge Achenbach in Deutschland quasi erfunden. Unter seinen Kunden war auch die schwerreiche Familie Albrecht, der er Oldtimer und Kunstwerke vermittelte.
Seit Juni allerdings sitzt er in Untersuchungshaft, weil er mit verdeckten Preisaufschlägen und gefälschten Rechnungen den eigenen Reichtum illegal gemehrt haben soll. Der Karlsruher Kunstwissenschaftler Beat Wyss hat Achenbach im Deutschlandradio Kultur dennoch verteidigt.
"Schauprozess mit Bauernopfer"
Die "öffentliche Vorverurteilung" von Achenbach sei "nicht in Ordnung", sagte Wyss. Dieser habe sicherlich große Fehler gemacht und müsse dafür auch bestraft werden. Derzeit finde aber ein "Schauprozess" statt, bei dem ein Bauernopfer "nach allen Regeln der Kunst" öffentlich geschlachtet werden solle.
Dahinter stecke das Bedürfnis der Öffentlichkeit nach Katharsis, so Wyss: "Jetzt wird es mal dem Kunstsystem gezeigt, wie verlogen es ist!"
"Milliardäre zu Opfern stilisiert"
Bei der Debatte um Achenbach ärgere ihn, dass Milliardäre jetzt zu Opfern stilisiert würden, so der Kunstexperte. Die Albrechts hätten die Kunst mit Hilfe einer Stiftung gesammelt, deren Satzung allein die Wahrung der Interessen der eigenen Familie vorsehe. "Mit dieser Stiftung umgehen sie die Erbschaftssteuer", sagte Wyss. Bei den Albrechts sei es nur darum gegangen, "Werte zu bunkern".
Achenbach sei ein Einzelfall, der aber auf einem Kunstsystem ruhe, das total "durchökonomisiert" sei. Hier liege die wahre Ursache des Problems, so Wyss.
"Finanzspekulationen und Kunstspekulationen folgen ähnlichen Logiken. Aber das Controlling ist dann doch anders", sagte Wyss: Im Kunstbetrieb sei sehr viel mehr "Rosstäuscherei" und "Kuhhandel" dabei.