Die Arbeiten von Mario Pfeifer sind ab Oktober in den Kunstsammlungen Chemnitz zu sehen.
Museumschef Bußmann will Rechtsruck entgegenwirken
Die Kunstsammlungen Chemnitz ziehen eine Ausstellung mit politischen Werken von Mario Pfeifer vor. So wolle man einen Dialog starten, erklärt der Museumschef, damit es nicht irgendwann heißen könne: "Die AfD ist an der Macht und wir haben nichts getan."
Der neue Chef der Kunstsammlungen Chemnitz, Frederic Bußmann, zieht angesichts der aktuellen Geschehnisse eine Ausstellung mit zwei Videoarbeiten des Künstlers Mario Pfeifer vor. In diesen werden aus verschiedenen Perspektiven Ereignisse und Positionen gezeigt, die in der Gesellschaft virulent sind. So wolle das Museum gezielt in die öffentliche Debatte eingreifen und Probleme ansprechen, sagte Bußmann im Deutschlandfunk Kultur.
Einen Fall von mangelndem Interesse rekonstruiert
Vor ein paar Jahren fesselten vier Deutsche in Arnsdorf einen Geflüchteten an einen Baum, der dann 25 Minuten auf die Polizei warten musste. Während die deutschen Täter nach Hause geschickt wurden, wurde Shabaz Al-Aziz verhaftet. Später ist der Prozess gegen die vier Deutschen eingestellt worden wegen mangelnden öffentlichen Interesses und weil das Opfer später in einem Wald erfroren ist, Al-Aziz war Epileptiker. Diesen Vorfall verarbeitet Mario Pfeifer in seinem Werk "Again".
Dazu habe der Künstler mithilfe eines investigativen Journalisten den Tathergang rekonstruiert, nachgespielt und dabei verschiedene Ebenen und Perspektiven eingebaut, erklärt Frederic Bußmann. Es handle sich um ein Reenactment des Vorgangs im Supermarkt, als Al-Aziz die Kassiererin bedroht habe. Gleichzeitig habe er zehn Personen mit Fluchterfahrung - zum Teil Deutsche, die aus Ost nach West geflohen seien -, dazu eingeladen, dem Reenactment beizuwohnen, um sich dann wie eine Jury ein Urteil zu bilden.
Mammutwerk "Über Angst und Bildung"
Die andere Videoarbeit von Mario Pfeifer ist ein über 9-stündiges Werk über Angst und Bildung, so auch dessen Titel. Es bringe ergänzend andere Positionen zur Sprache, erklärt Bußmann. Pfeifer habe dazu verschiedene Personen aus dem Pegida-Umfeld eingeladen, über den eigenen Lebenslauf zu sprechen und aktuelle Phänomene zu analysieren. Neun Stunden lang wird man frontal mit ihren Aussagen, Ängsten und Problemanalysen konfrontiert.
Für das Museum sei es wichtig, Position zu beziehen, Diskussionen anzuregen und einen Dialog anzubieten, sagt Bußmann. "Das kann Kunst: Kritische Denkräume öffnen, Perspektiven anbieten. Insofern können wir dazu beitragen, Probleme anzusprechen und mit Bürgern ins Gespräch zu kommen." Ziel sei es, die Zivilgesellschaft allgemein zu stärken, aber auch Ängste aus der Bevölkerung zu hören, um diese dann zu rationalisieren und zu reflektieren.
Position beziehen und in Dialog treten
Parallel zur Ausstellung werde es Vorträge und Diskussionsrunden geben, auch sogenannte Live-Speaker, also Gesprächspartner, sowie eine Pinnwand, über die man kommunizieren könne. Man wolle mit der Stadt in einen Dialog treten, so Bußmann weiter. Dabei wolle man auch jene erreichen, die nicht ins Museum gehen.
"Ich glaube, dass es seit den 90ern eine Tendenz in Sachsen gibt, das Problem mit rechts zu beschönigen und herunterzuspielen." Dabei sei man gut beraten, ganz genau hinzuschauen - wie zum Beispiel auf die finanzielle Ausstattung der Polizei, erklärt Bußmann. Es gehe aber auch viel um Bildung und Werte, über die diskutiert werden müsse.
Für das gesamte nächste Jahr sei im Vermittlungs- und Vortragsbereich ein Begleitprogramm geplant, so Bußmann weiter, um im Gespräch zu bleiben, vor allem auch im Hinblick auf die anstehenden Wahlen in Sachsen. Es sei "wichtig, dass wir jetzt etwas tun für die kulturelle, politische, gesellschaftliche Bildung in diesem Land, damit es nicht auf einmal heißt: Die AfD ist an der Macht und wir haben nichts getan."