"Die Leute wollen weiterkämpfen"
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Die Proteste in Belarus sind etwas aus dem Blickfeld der Medien verschwunden, doch sie dauern an. Kulturschaffende und Künstler würden in ihrer Arbeit behindert und teils auch verhaftet, sagt die Künstlerin Marina Naprushkina.
Chrysanthemen und Rosen, Astern und Gladiolen. Frauen halten Blumen und Flaggen hoch. Und sie zeigen das Victoryzeichen. So sieht es seit Monaten auf den Demonstrationen in Belarus aus. Vor allem Frauen kämpfen gegen die letzte Diktatur Europas.
Im Rahmen der Writers in Prison/Writers in Exile-Programme organisiert das PEN-Zentrum Deutschland künftig einmal im Monat eine Onlineveranstaltung, die jeweils ein krisengeschütteltes Land in den Blick nimmt. Zum Auftakt ging es um Belarus.
Passanten werden von der Straße abgeführt
Wie ist die Situation im Augenblick dort? Die Künstlerin und Aktivistin Marina Naprushkina verfolgt die Protestbewegung mit großer Anteilnahme. Sie ist in Minsk aufgewachsen, lebt seit 20 Jahren in Deutschland und sagt: Die Polizei übe weiterhin viel Gewalt aus. "Man sieht, wie die Menschen sofort, sobald sie zeigen, dass sie Protestaktionen vorhaben, festgenommen werden. Darunter sind aber auch Passanten, die auf dem Weg nach Hause oder zum Einkaufen sind und gar nicht an den Protesten teilnehmen, und einfach festgehalten und inhaftiert werden."
Mehr als 300 politische Gefangene befänden sich derzeit in belarussischen Gefängnissen, darunter 50 Frauen. Regelmäßig fänden Durchsuchungen bei den Kunst- und Kulturschaffenden statt. In Minsk sei eine Ausstellung, kaum eröffnet, schon wieder geschlossen worden. Diese habe sich mit der Coronasituation beschäftigt und speziell die Arbeitsbedingungen der Ärztinnen und Ärzte thematisiert.
Zeichen der Solidarität sind wichtig
Aber, so Naprushkina: "Die Leute wollen weiterkämpfen." Auch eine von Naprushkina kuratierte Ausstellung in Kiew über die belarussische Kulturszene, an der etliche Künstlerinnen und Künstler beteiligt sind, ist beeinträchtigt. Teils sind Künstler verhaftet worden. Für Naprushkina ist diese Ausstellung deshalb auch als Zeichen der Solidarität sehr wichtig.
Für die Kunstschaffenden sei es derzeit sehr schwierig, zu arbeiten, sagt die Aktivistin. Es müsse nun darum gehen, zu verhindern, dass noch mehr Künstler und Künstlerinnen verhaftet würden. "Jede Verhaftung ist ein Verlust und ist ein Verbrechen des Landes gegen seine eigenen Bürger und Bürgerinnen."
(mkn)